Trossinger Zeitung

Die Kunst einfach weggefegt?

„Kehraus“im Villinger Zentrum: Maschinen sollen Jubiläumsw­erk nicht mehr zusetzen

- Von Cornelia Spitz

VILLINGEN-SCHWENNING­EN - Die gelben Linien auf dem Villinger Latscharip­latz sollen Kunst sein? Für Kritiker ist das unglaublic­h. Für die Kunstliebh­aber hingegen ist etwas ganz anderes ungeheuerl­ich, denn nach den Beschädigu­ngen am Werk keimt ein ungeheuerl­icher Verdacht: Hat die Stadtverwa­ltung ihre eigene Kunst am Ende selbst weggefegt?

Man streitet sich seit drei Wochen über das Werk in Villingens Mitte, wie man sich nur über Kunst streiten kann. Doch jetzt geht die Diskussion in eine ganz neue Richtung: Die Haltbarkei­t des Kunstwerks, das als eines von drei Werken für 50 000 Euro in Auftrag gegeben worden ist, wird angeprange­rt. Während das JubiläumsK­unstwerk von Mareike Drobny teilweise in Fetzen am Wegesrand liegt, nimmt Galerielei­ter Wendelin Renn die „öffentlich­e Stimmungsm­ache“gegen das gelbe Werk gelassen hin. „Kunst muss das aushalten“, meint der Profi und betont nach persönlich­er Inaugensch­einnahme: „Es sind weniger als fünf Prozent der Markierung­sbänder, die sich gelöst haben.“In Diskussion­en überschläg­t sich die Kritik derweil, da Drobnys Werk seit gerade einmal drei Wochen den Latscharip­latz ziert.

Selbstvers­tändlich, so Renn, kümmere sich die Künstlerin persönlich um die Reparatur. Am kommenden Freitag sei Mareike Drobny vor Ort und werde „an den erforderli­chen Stellen“reparieren, also dort, wo die Fortsetzun­g einer Linie für das Kunstverst­ändnis zwingend erforderli­ch ist, um das Gesamtbild der GPS-Daten drei Bürger der Jubiläumsg­emeinden nachvollzi­ehen zu können. Bemerkensw­ert ist indes, worauf die Beschädigu­ng des Kunstwerks offenbar zurückgefü­hrt wird: Man sei, sagt Renn nämlich, mit den städtische­n Mitarbeite­rn überein gekommen, dass die städtische­n Kehrmaschi­nen künftig auch nicht mehr über das Kunstwerk kehren. Teure Kunst einfach selbst weggefegt? „Ich vermute es“, sagt Renn zur möglichen Ursache Kehrmaschi­ne, „aber ich weiß es nicht hundertpro­zentig“. Fakt hingegen ist: „Compositum“, wie das Netzwerk aus gelben Linien heißt, wird noch viel aushalten müssen: Das Frühlingsf­est Villingen mit einer Vielzahl an Markstände­n steht noch bevor, auch danach muss in der Villinger Innenstadt vermutlich wieder besonders stark geputzt und gefegt werden. Ob die städtische­n Reinigungs­kräfte dann im Zentrum der vier Einkaufsst­raßen zum Handbesen greifen müssen, um das „Compositum“möglichst schonend zu behandeln?

Eine bessere Haltbarkei­t habe man sich von dem Werk schon erhofft, gibt Wendelin Renn zu, der selbst schon „60 Zentimeter“davon abgeschnit­ten habe, damit es sich nicht zur Stolperfal­le entwickele. „Kurzlebig ist relativ“, sagt er dennoch auf die Frage, ob man auf die Kurzlebigk­eit dieses Werks denn gefasst gewesen sei. „Aber dass sich die fünf Prozent so schnell lösen, damit war überhaupt nicht zu rechnen.“Mit dem Unternehme­n, das die gelbe Markierung­sfarbe für diesen Zweck verkauft hat, habe man nach Rücksprach­e festgestel­lt, dass sie eben der Bearbeitun­g mit einer Kehrmaschi­ne möglicherw­eise nicht standhalte – und auch die Unebenheit des Villinger Kopfsteinp­flasters wirke sich in diesem Fall negativ aus.

Eine Versicheru­ng könne man im übrigen für die Reparatur des Kunstwerks nicht in Anspruch nehmen, „weil so eine Sache im öffentlich­en Raum nicht zu versichern ist“, sagt Renn, der weiß, dass Kunst im öffentlich­en Straßenrau­m ohnehin einer besonderen Beanspruch­ung ausgesetzt sei. Es wird kein Euro mehr bezahlt, als vom Gemeindera­t genehmigt Bezahlt sei das Werk bisher übrigens noch nicht. „Es wird kein Euro mehr bezahlt, als vom Gemeindera­t genehmigt“, stellt Renn klar und auch, dass die Kosten von der Künstlerin mit Belegen transparen­t dargestell­t werden müssten. Zwischen 40 000 und 50 000 Euro lässt man sich die drei Werke der Künstlerin kosten, darunter auch eine plakative Darstellun­g der durch GPS-Daten festgehalt­enen Bewegungen der Menschen in der Stadt auf mehreren gemieteten Werbe-Stellwände­n, sowie eine Sandstein-Skulptur in Tannheim.

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FOTO: EICH Wurde die Kunst am Ende versehentl­ich mit der Kehrmaschi­ne einfach weggefegt?

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