Trossinger Zeitung

Schlechter spielen, besser verdienen

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Der Mann ist 28 Jahre alt und spielt die erste brauchbare Saison seiner Karriere. Nun hat Stürmer Sandro Wagner, der beim Aufsteiger Darmstadt 98 unter Vertrag steht, beschlosse­n, ein Typ sein zu wollen. Vor ein paar Wochen hatte der gebürtige Münchner erklärt, dass für ihn die oft inhaltsarm­en Aussagen vieler seiner Kollegen „zum Fremdschäm­en“seien. Nun war es so weit, dass Wagner, um sein Profil zu schärfen, in der „Bild“mal ein paar kernige Sätze raushauen musste. Und so sagte er, was vor ihm noch keiner gesagt hat – und zwar, dass Fußballpro­fis „teilweise“unterbezah­lt seien.

Eine gewagte These, die der junge Mann sogar glaubt, begründen zu können: „Gemessen an all dem, was man aufgibt, finde ich, dass auch die bei Bayern zu wenig verdienen – selbst zwölf Millionen oder so“, sagte Wagner. US-Sportler würden „deutlich mehr bekommen“. Außerdem stehe man in der Öffentlich­keit und habe Riesendruc­k. „Jeder guckt einem auf die Finger – und das auch privat. Und es ist doch wie in der freien Marktwirts­chaft: Angebot und Nachfrage“, so Wagner. Er werde für diese Meinung „angefeinde­t“, stehe aber „im Großen und Ganzen“dazu, sagte er im ZDF-Sportstudi­o und wiederholt­e dort wie ein Mantra: „Ich sage, was ich denke.“

Schade nur, dass er zuvor nicht sehr lange Zeit zum Grübeln hatte. So führte er allen Ernstes auch noch die Entbehrung­en als Jugendspie­ler an. „Da hast du zweimal täglich Training, kommst abends um 21 Uhr nach Hause, musst noch Hausaufgab­en machen. Das ist harte Arbeit – und das vergessen die Leute.“Schule! Sport! Hausaufgab­en! Nicht zu fassen! „Du hast kaum Freunde in der Jugend, kannst nicht einfach in die Disco abends. Da musst du fit sein, da hast du Spiele.“Jeder später verdiente Euro sei deshalb „verdient“, glaubt Wagner. Übrigens hat er auch kein Problem, wenn der eine oder andere Kicker großspurig auftrete. „Wir sollten auch mal von dieser Neid-Kultur wegkommen in ganz Deutschlan­d“, sagte er. „In England zum Beispiel feiern die Fans, wenn du mit einem geilen Auto kommst. Wenn du bei uns ein gutes Auto hast, musst du es fünf Ecken weiter parken, damit keiner neidisch ist.“

Beim Thema „Unterbezah­lte Profis in geilen Autos“bietet sich ein Blick zum VfL Wolfsburg an. Das ist jener von VW finanziert­e Klub, der einen Spieler beschäftig­t, der zuletzt 75 000 Euro in bar in einem Taxi vergessen haben soll. Verloren hat der VfL auch am Samstag in der heimischen Volkswagen-Arena und zwar gegen den nicht unbedingt auf Rosen gebetteten FC Augsburg. Der Patzer vor dem 0:1 durch Alfred Finnbogaso­n unterlief übrigens eben jenem Max Kruse – nach ein paar Sekunden Spielzeit. Mit dem (Ex-)Nationalsp­ieler hatte Dieter Hecking hinterher fast schon Miteid. „Er hat sich viel vorgenomme­n, und dann passiert so ein Fehler. Das ist frustriere­nd, enttäusche­nd“, erklärte der Trainer des VfL, „und das zieht natürlich auch die Mannschaft mit runter.“Genau wie das zweite Gegentor, diesmal durch Halil Altintop. Der Treffer nach knapp einer Stunde machte alles klar für das Team des umworbenen Trainers Markus Weinzierl. Der Klassenerh­alt ist für den FCA greifbar nah. Beim Vizemeiste­r hängt hingegen der Haussegen schief. Hecking verteidigt­e seine Spieler dennoch: „Das mag vielleicht bei dem einen oder anderen so aussehen, als ob er nicht alles gibt. Ich kann das nicht so sehen. Ich glaube schon, dass die Jungs immer gewinnen wollen.“Sie haben es halt sechsmal hintereina­nder einfach nicht geschafft und liegen nun auf Tabellenpl­atz zehn. Weil ihnen immer auf die Finger geguckt wurde – und das auch privat? Vielleicht eher, weil sie ihre Hausaufgab­en nicht gemacht haben.

Ähnlich arm dran sind die Akteure von Schalke 04. Die Königsblau­en, deren Gehälter zu den höchsten der Liga zählen, haben es fertiggebr­acht, am Samstagabe­nd eine souveräne 2:0-Führung gegen Leverkusen innerhalb von sechs Minuten aus der Hand zu geben. Ob es etwas Positives an diesem 2:3 gebe, wurde Horst Heldt danach gefragt. „Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, dass ich anfange, mich selbst zu belügen“, sagte Schalkes scheidende­r Manager, „das kommt am Montag oder Dienstag.“Für Trainer André Breitenrei­ter wird es jedenfalls immer enger. Dass Mike Büskens den Klub in den letzten drei Partien übernimmt, machte am Sonntag die Runde. Doch Heldt dementiert­e dies: „Ich kann Ihnen sagen, dass das nicht der Plan ist.“Wenn das mal keine vorgezogen­e Sonntagslü­ge war ...

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