Familienkreis ist eingeschworene Gemeinschaft
Diskussionen über aktuelle religiöse Themen sind auch nach 50 Jahren wichtig
SPAICHINGEN - Der Familienkreis 1 der katholischen Kirchengemeinde St. Peter und Paul in Spaichingen kann dieses Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiern. Diakon Horst Teufel erinnert sich noch genau daran, wie vor einem halben Jahrhundert alles begann.
„Damals in der Fastenzeit 1965 – ich war noch nicht Diakon – lief in unserer Kirchengemeinde ein sechswöchiges Eheseminar. Wir hatten einmal die Woche einen interessanten Vortrag zu aktuellen Themen, bei dem der Saal im alten Gemeindehaus jedes Mal voll war. Wir hatten das Gefühl, dass die Leute mehr davon wollten und luden über unser Kir- chenblättle alle vier Wochen zu einem Treffen ein, das wir Familienkreis nannten.“Das war die Geburtsstunde des Familienkreises 1.
Ein paar Jahre später wurden ein zweiter und ein dritter Kreis ins Leben gerufen, weil der erste Familienkreis mit rund 25 Leuten sonst zu groß geworden wäre. Heute gehören elf solcher Familienkreise zur Kirchengemeinde. Sie haben jeweils eine Leiterfamilie an der Spitze. Ein Dreier-Team mit Luitgard Ege, Angelika Furrer und Sabine Blattau agiert als Leitungsteam für alle elf Gruppen.
Für Rosi und Rupert Restle, die seit rund 30 Jahren als Leiterfamilie des Familienkreises 1 fungieren, waren es erfüllte Jahre, an die sie gerne zurückdenken. Sie schwelgen zusammen mit Beate und Erich Kramer in Familienkreis-Erinnerungen. Erich Kramer erzählt von den zeitnahen und religiösen Themen, die sie im Laufe der Zeit beschäftigt haben. „Über antiautoritäre Erziehung wurde heftig diskutiert. Die meisten von uns waren überzeugt, dass Kinder Grenzen brauchen, an denen sie wachsen können.“
Auch über die Antibaby-Pille oder Abtreibungen, die im Spaichingen Krankenhaus vorgenommen und von einigen Krankenschwestern boykottiert wurden, seien die Meinungen sehr auseinandergegangen und hätten ihnen viel Zündstoff geliefert. Als Horst Teufel sich schließlich in einem Leserbrief öffentlich gegen Abtreibungen geäußert habe, habe er bitterböse Anrufe und Briefe bekommen. Feiern im langen Kleid Maria Teufel erinnert sich daran, dass Tanzabende, zweimal im Jahr, der gesellschaftliche Höhepunkt ihres Familienkreises gewesen seien. „Im langen Abendkleid haben wir da gefeiert.“Mit den Erlösen hätten sie zunächst einmal Geschirr und Besteck fürs Gemeindehaus kaufen müssen. „Es war überhaupt keine Ausstattung da. Wie soll man so ein Familientreffen abhalten?“
Neben den Diskussionen bei den Treffen, hätten sie alle kirchlichen Feste in irgendeinem Rahmen mit den Familien gefeiert. Auf diese Weise hätten sie auch etliche Zugezogene angelockt und in ihrem Kreis aufgenommen. „Es sind viele Freundschaften entstanden; man hat sich auch privat unterstützt, beim Umzug und ähnlichem geholfen“, weiß Rosi Restle. „Wir sind gemeinsam gewandert, haben Ausflüge gemacht, haben uns engagiert – Kapellen und Bildstöckle restauriert.“
Den 50. Geburtstag haben 19 Mitglieder des Familienkreises 1 bereits mit einem Ausflug nach Kloster Wald und nach Meßkirch gefeiert. Am 7. Dezember treffen sich alle elf Kreise zu einem „Adventlichen Abend“, der ebenfalls dem 50. Jubiläum des ersten Kreises gewidmet ist.
„Ihr werdet es nicht
mehr erleben“,
meint Diakon Horst Teufel über die Reformbemühungen der katholischen
Kirche zu Scheidung und Frauen
Inzwischen sind die Mitglieder des Familienkreises 1 zusammen mit ihrem Kreis älter geworden und zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammengewachsen. Die jüngsten sind 64, die ältesten 82. Was ihnen nach wie vor wichtig ist, sind Gespräche über aktuelle religiöse Fragen. Wegen der laschen Reformbemühungen der Familien-Synode machen sie sich nicht allzu große Hoffnungen auf Änderungen.
Dass Geschiedene zur Kommunion zugelassen werden oder dass Frauen in der katholischen Kirche endlich aufgewertet werden, wäre ihnen ein Herzensanliegen. Sie verfolgen die Bemühungen von Ex-Kurien-Kardinal Walter Kasper als Wortführer der Reformer im Vatikan. Allerdings dämpft der Diakon die Erwartungen: „Ihr werdet es nicht mehr erleben.“