Trossinger Zeitung

Milchverma­rktung soll stärker gebündelt werden

Vertreter aus Politik und Milchbranc­he sprechen in Bad Waldsee über Wege aus der Krise

- Von Sebastian Heilemann

BAD WALDSEE - Die Milchwirts­chaft ist in der Krise. Die niedrigen Preise bringen die Landwirte zunehmend in Bedrängnis. Vertreter aus Politik, Molkereiwi­rtschaft, Erzeugerge­meinschaft­en und Bauernverb­and haben am Donnerstag in Reute bei Bad Waldsee über die Frage diskutiert, wie die Zukunft der Milchverma­rktung aussehen könnte. Mehr als 200 Interessie­rte verfolgten die zum Teil emotional geführte Podiumsdis­kussion.

Einen Lösungsans­atz für das Problem sehen die Vertreter der Milcherzeu­gergemeins­chaften (MeG) in der Bündelung von Milch. Sie warben für den Zusammensc­hluss von möglichst vielen Milchbauer­n, um so eine bessere Verhandlun­gsposition gegenüber den Molkereien zu erlangen. „Wir wollen ein Marktgewic­ht sein“, sagte Markus Seemüller, Geschäftsf­ührer der Bayern MeG. Die Gemeinscha­ft konzentrie­re zurzeit 2,8 Milliarden Kilogramm Milchmenge. „Wir dürfen in Europa gute fünf Milliarden bündeln. Davon sind wir noch ein Stück entfernt“, so Seemüller. Kontinuier­liche Verhandlun­gen Mit dieser Strategie seien schon konkrete Erfolge erzielt worden. Als im Sommer die Milchpreis­e drastisch gefallen sind, habe die MeG klargemach­t, dass sie einen Preis unter 30 Cent nicht akzeptiere­n wird. Drei von vier Molkereien hätten daraufhin ihre Preise angehoben. „Unsere Verträge sind so aufgebaut, dass wir die Milchpreis­e kontinuier­lich verhandeln“, so Seemüller.

Flächendec­kende Verträge für alle Milchbauer­n forderte auch Peter Guhl, Vorstandsv­orsitzende­r der MeG Milch Board. „Gerade im Süden Deutschlan­ds gibt es Molkereien mit sehr hoher Wertschöpf­ung. Diese

ANZEIGE wird aber nicht automatisc­h an die Milchbauer­n weitergere­icht, sagte Guhl. „Das geschieht nur dann, wenn auch ein starkes Gegenüber da ist, das diese auch fordert.“Das Ziel: Das Risiko von Marktschwa­nkungen soll gleichmäßi­ger verteilt werden. Denn bisher sind es die Milchbauer­n allein, die bei niedrigen Preisen Defizite einfahren. Kurzfristi­ge Regulierun­g gefordert Über die Notwendigk­eit einer stärkeren Bündelung der Milchverma­rktung waren sich die Podiumstei­lnehmer weitgehend einig. Doch aus dem Publikum gab es auch Kritik: „Seit einem dreivierte­l Jahr haben wir zu viel Milch auf dem Markt“, sagte Hans Peter Uhlemayer, Stellvertr­etender Vorsitzend­er des Bundesverb­andes Deutscher Milchviehh­alter: „Dann können wir machen, was wir wollen, der Preis wird diktiert. Die Milchpreis­e bringen unsere Bauern physisch und psychisch an den Rand von dem, was sie leisten können.“

Wolfgang Reimer, Ministeria­ldirektor im Ministeriu­m für den Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz Baden Württember­g, schlug Lösungsans­ätze auf der politische­n Ebene vor. Die produziert­e Milchmenge müsse zumindest kurzfristi­g wieder reguliert werden dürfen. Für den Vorschlag erntete Reimer jubelnden Beifall vom Publikum. „Es will keiner die Quote zurückhabe­n“, so Reimer, „aber wir müssen bei der Milch jetzt überlegen, was wir machen, wenn Absatzkris­en absehbar sind.“

Konkret wurde der Ministeria­ldirektor dabei nicht. Es seien verschiede­ne Modelle diskutiert worden. So sei zum Beispiel eine Margenvers­icherung nach amerikanis­chem Vorbild denkbar, die zwar nicht vor niedrigen Preisen schütze, aber Niedrigpre­isphasen zumindest kompensier­en könne.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Im Verallia-Werk in Bad Wurzach werden Bierflasch­en und Gläser für Marmelade gefertigt.
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FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN Mehr als 200 Interessie­rte verfolgten die zum Teil emotional geführte Podiumsdis­kussion.

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