Milchvermarktung soll stärker gebündelt werden
Vertreter aus Politik und Milchbranche sprechen in Bad Waldsee über Wege aus der Krise
BAD WALDSEE - Die Milchwirtschaft ist in der Krise. Die niedrigen Preise bringen die Landwirte zunehmend in Bedrängnis. Vertreter aus Politik, Molkereiwirtschaft, Erzeugergemeinschaften und Bauernverband haben am Donnerstag in Reute bei Bad Waldsee über die Frage diskutiert, wie die Zukunft der Milchvermarktung aussehen könnte. Mehr als 200 Interessierte verfolgten die zum Teil emotional geführte Podiumsdiskussion.
Einen Lösungsansatz für das Problem sehen die Vertreter der Milcherzeugergemeinschaften (MeG) in der Bündelung von Milch. Sie warben für den Zusammenschluss von möglichst vielen Milchbauern, um so eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Molkereien zu erlangen. „Wir wollen ein Marktgewicht sein“, sagte Markus Seemüller, Geschäftsführer der Bayern MeG. Die Gemeinschaft konzentriere zurzeit 2,8 Milliarden Kilogramm Milchmenge. „Wir dürfen in Europa gute fünf Milliarden bündeln. Davon sind wir noch ein Stück entfernt“, so Seemüller. Kontinuierliche Verhandlungen Mit dieser Strategie seien schon konkrete Erfolge erzielt worden. Als im Sommer die Milchpreise drastisch gefallen sind, habe die MeG klargemacht, dass sie einen Preis unter 30 Cent nicht akzeptieren wird. Drei von vier Molkereien hätten daraufhin ihre Preise angehoben. „Unsere Verträge sind so aufgebaut, dass wir die Milchpreise kontinuierlich verhandeln“, so Seemüller.
Flächendeckende Verträge für alle Milchbauern forderte auch Peter Guhl, Vorstandsvorsitzender der MeG Milch Board. „Gerade im Süden Deutschlands gibt es Molkereien mit sehr hoher Wertschöpfung. Diese
ANZEIGE wird aber nicht automatisch an die Milchbauern weitergereicht, sagte Guhl. „Das geschieht nur dann, wenn auch ein starkes Gegenüber da ist, das diese auch fordert.“Das Ziel: Das Risiko von Marktschwankungen soll gleichmäßiger verteilt werden. Denn bisher sind es die Milchbauern allein, die bei niedrigen Preisen Defizite einfahren. Kurzfristige Regulierung gefordert Über die Notwendigkeit einer stärkeren Bündelung der Milchvermarktung waren sich die Podiumsteilnehmer weitgehend einig. Doch aus dem Publikum gab es auch Kritik: „Seit einem dreiviertel Jahr haben wir zu viel Milch auf dem Markt“, sagte Hans Peter Uhlemayer, Stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter: „Dann können wir machen, was wir wollen, der Preis wird diktiert. Die Milchpreise bringen unsere Bauern physisch und psychisch an den Rand von dem, was sie leisten können.“
Wolfgang Reimer, Ministerialdirektor im Ministerium für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden Württemberg, schlug Lösungsansätze auf der politischen Ebene vor. Die produzierte Milchmenge müsse zumindest kurzfristig wieder reguliert werden dürfen. Für den Vorschlag erntete Reimer jubelnden Beifall vom Publikum. „Es will keiner die Quote zurückhaben“, so Reimer, „aber wir müssen bei der Milch jetzt überlegen, was wir machen, wenn Absatzkrisen absehbar sind.“
Konkret wurde der Ministerialdirektor dabei nicht. Es seien verschiedene Modelle diskutiert worden. So sei zum Beispiel eine Margenversicherung nach amerikanischem Vorbild denkbar, die zwar nicht vor niedrigen Preisen schütze, aber Niedrigpreisphasen zumindest kompensieren könne.