Deutsche Krise schadet Europa
Natürlich werden sich die Gespräche am Wochenende zwischen Angela Merkel, Horst Seehofer und später mit SPD-Chef Sigmar Gabriel nicht zu routinierten Krisenrunden entwickeln, wie etwa bei der Eurorettung oder dem Streit über den Mindestlohn. Zu heftig wurde zuletzt gestritten. Das Gepolter aus Bayern wegen der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung dürfte auch das persönliche Verhältnis zwischen der Bundeskanzlerin und dem bayerischen Ministerpräsidenten empfindlich belasten. Von normaler Geschäftstätigkeit kann also keine Rede sein.
Die lancierten und nie dementierten Provokationen aus München, Seehofer denke darüber nach, die drei CSU-Minister aus dem Bundeskabinett abzuziehen, sind hingegen eine Luftnummer. Denn erstens hätten CDU und SPD im Bundestag eine solide Mehrheit, und zweitens wäre eine CSU in der Opposition bildlich gesprochen der berühmte Tiger, der als Bettvorleger landet. Die Drohungen verpuffen, denn konsequent weitergedacht sind die Umsetzungen von Seehofers Forderung nicht aus der Opposition heraus zu bewerkstelligen. Von einer Vertretung bayerischer Interessen in einer schwierigen Gesamtlage könnte dann ohnehin nicht mehr die Rede sein.
Deutschland und auch Europa ist zu wünschen, dass sich die drei Spitzenpolitiker zusammenraufen. Eine deutsche Regierungskrise kann sich der Kontinent in Verbindung mit der Flüchtlingskrise nicht leisten. Anders als in der Öffentlichkeit wahrgenommen, sind es nicht die europäischen Institutionen, die die Problemlösung behindern. Es gibt fertige Pläne, die von EU-Kommission und EU-Parlament gestützt werden. Nur werden sie nicht umgesetzt, da sie nationalen Interessen widersprechen, hinter denen sich einzelne Regierungen verschanzen.
Zunächst muss es der EU gelingen, ihre Außengrenzen wieder zu sichern. Dann muss eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge erwirkt werden. Innerdeutscher Streit schwächt diese Positionen von Angela Merkel auf EU-Ebene. Das kann auch ein Horst Seehofer nicht wollen.