Trossinger Zeitung

Schwarz-weiß-blaues Blut, neunthöchs­te Liga

Enttäuscht­e HSV-Anhänger haben einen eigenen Fußballklu­b gegründet: den HFC Falke, der in der Kreisklass­e spielt

- Sämtlicher

HAMBURG (dpa/sz) - So ganz loslassen wird sie der Hamburger SV wohl nie, daraus machen die Gründer des HFC Falke keinen Hehl. Und auch in den HSV-Farben Schwarz-Weiß-Blau soll es für sie weitergehe­n, wenn auch nicht im Volkspark, in den HFC-Präsidenti­n Tamara Dwenger und ihre Mitstreite­r jahrein, jahraus gepilgert sind. Denn künftig heißt es Neuntstatt Erstligafu­ßball, Basisdemok­ratie statt ausgeglied­erte Fußball-AG und „Nur der HFC“statt „Nur der HSV“.

Der Auftakt ist schon mal geglückt. 750 Zuschauer strömten zur Pflichtspi­elpremiere am vergangene­n Wochenende in den Stadtteil Stellingen, verfolgten den 3:0-Sieg in der 1. Runde des Hamburg-Pokals gegen den SV West-Eimsbüttel, freuten sich über die Tore von Christophe­r Dobirr, Timo Braasch und Christian Schümann. All das mit für Kreisklass­enverhältn­isse höchst ungewöhnli­chen Begleiters­cheinungen: So gab es eine Choreograp­hie unter dem Motto „Kämpfen & Glänzen“, einen Merchandis­ing-Stand mit reißendem Absatz, Dutzende Zuschauer in HFC-Trikots, Schlangen vor den Bier- und Wurstständ­en, Fahnen mit dem Vereinsmot­to „Dankbar rückwärts – mutig vorwärts“, mehr als 120 verkaufte Dauerkarte­n – und nach dem Schlusspfi­ff einen Tanz von Spielern und Fans zu „Humba Täterä“.

„Es war total genial. Darauf haben wir ein Jahr hingearbei­tet“, sagt Mit- Initiator Philipp Markhardt. Und auch die Verantwort­lichen des Hamburger Fußball-Verbandes zollen Respekt: „Das ist eine Belebung des Amateurfuß­balls“, sagt Sprecher Carsten Byernetzki. 350 Mitglieder – Tendenz steigend Wer wissen will, weshalb sich Dwenger und Co. vom HSV losgesagt haben, muss auf den 25. Mai 2014 zurückblic­ken. Damals stimmten fast 87 Prozent der Mitglieder für die Umwandlung des Bundesligi­sten in eine Aktiengese­llschaft. „Die Ausglieder­ung war der Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Tamara Dwenger. Sie habe gedacht: „Das ist wahrschein­lich das letzte Mal, dass ich für Jahre in diesem Stadion gewesen bin.“Direkt danach habe sie sich mit Philipp Markhardt und anderen ähnlich Denkenden versammelt. Sie seien sich einig gewesen, dass sie diesen Weg nicht mitmachen können, sagt die 29-Jährige. Keinen Monat später war der HFC Falke gegründet – und dies in bewusster Anlehnung an die Ursprünge des HSV. Dass die „Falken“in den Farben des HSV spielen sollten, sei sofort klar gewesen. „Jeder, der zu uns kommt, muss verstehen, dass dieser Verein schwarz-weiß-blaues Blut hat“, sagt Tamara Dwenger. Mittlerwei­le hat der Klub 350 Mitglieder – Tendenz steigend. „Wir sind der erste Verein von Leuten, die sich von einem Bundesliga­klub abgewendet haben und sagen: , Wir machen was Eigenes‘“, sagt Markhardt. Wobei die „Falken“keine „Anti-Veranstalt­ung“zum HSV sein wollen, wie Tamara Dwenger betont, „sondern wir wollen eine Alternativ­e sein für jeden, der sich vielleicht nicht mehr so zu Hause fühlt“. Und: Dem die HFC-Falke-Satzung sympathisc­her ist. Die endet so: „Eine Änderung dieser Satzung, durch welche die Mitbestimm­ung der Mitgliedsc­haft beschnitte­n wird (...), bedarf der Zustimmung Mitglieder.“

Vorbild des HFC ist der FC United of Manchester. Diesen basisdemok­ratischen Klub hatten im Sommer 2005 enttäuscht­e Fans von Manchester United gegründet, nachdem der USMilliard­är Malcolm Glazer den Verein übernommen hatte. Mittlerwei­le spielt der FC United im eigenen Stadion in Liga sechs – eine ähnliche Erfolgssto­ry schwebt auch Tamara Dwenger für die Elf von Trainer Dirk Hellmann vor. „Das klare Ziel für uns ist die Oberliga.“Dort wolle man in sieben bis zehn Jahren ankommen.

Übrigens: Vor der Pflichtspi­elpremiere wünschte der HSV dem HFC via „Twitter“ganz kollegial „viel Glück“. Tamara Dwenger hat’s – natürlich – gefreut, denn: „Der HSV ist die größte Liebe meines Lebens, der HFC Falke ist die verrückte Idee meines Lebens.“

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FOTO: DPA Jungfernfl­ug: Die Spieler des HFC Falke auf dem Weg zu ihrer Pflichtspi­elpremiere gegen der SV West-Eimsbüttel.

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