Bauern droht schlechte Ernte
Rückläufige Erntemengen und das russische Agrar-Embargo setzen den Bauern 2015 zu
BERLIN (sz) - Der Deutsche Bauernverband befürchtet in diesem Jahr ein deutlich schlechteres Ernteergebnis als 2014. „Die Erntemengen liegen bei allen Kulturen deutlich unter dem Niveau des Vorjahres“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der „Schwäbischen Zeitung“angesichts der ersten Zwischenergebnisse der diesjährigen Ernte. Hauptgrund seien außergewöhnliche Hitze- und Trockenheitsphasen in den vergangenen Monaten.
BERLIN - Trockenheit und extreme Hitze in weiten Teilen Deutschlands hinterlassen ihre Spuren in der laufenden Erntesaison. Hinzu kommen eine schwache Nachfrage und das russische Embargo für europäische Agrarprodukte. Für viele Bauern dürfte 2015 ein wirtschaftlich unerfreuliches Jahr werden. Mit dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sprach Julian Heißler. Die Ernte ist seit Wochen im Gange. Was für ein Jahr wird 2015 für die deutschen Bauern? 2015 wird ein schwieriges Jahr für die deutsche Landwirtschaft. Die Erntemengen liegen bei allen Kulturen deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Die ersten Zwischenergebnisse geben Anlass zur Sorge. Bei der Wintergerste liegen die Erträge sechs Prozent unter dem Niveau des vergangenen Jahres, bei etwa sieben Tonnen pro Hektar. Regional sind die Ergebnisse in Abhängigkeit von Bodengüte und Wasserversorgung allerdings sehr unterschiedlich. In den niederschlagsarmen Regionen wie beispielsweise Rheinland-Pfalz, Sachsen, Thüringen, Hessen und Nordbayern gehen wir von Einbrüchen von über 20 Prozent aus. Das bedeutet für die Bauern vor Ort einen herben wirtschaftlichen Einschnitt. Wie sieht es bei anderen Getreidearten aus? Im Süden sind wir bei der Raps-Ernte schon recht weit. Auch hier liegen die Erträge deutlich unter denen des Vorjahres. Wir erwarten je nach Region ein Minus von fünf bis 20 Prozent. Im Norden sieht es nicht besser aus. Auch bei Weizen machen uns die Rückmeldungen Sorgen. Die Erträge liegen zwischen zehn und 20 Prozent unter dem Niveau von 2014. Gleichzeitig verzeichnen wir seit einigen Wochen sinkende Prei- se, ausgelöst durch gute Ernteerwartungen für Soja und Mais in Nordamerika. Diesen Preisdruck spüren die Bauern. Die wirtschaftliche Situation ist schwierig. Warum fällt die Ernte in diesem Jahr so schlecht aus? Bei Getreide ist das Wetter für die niedrigen Erträge verantwortlich. Anfang Juni war es in weiten Teilen Deutschlands so trocken wie in den letzten 45 Jahren nicht mehr. Hinzu kam die extreme Hitzeperiode Anfang Juli, die zur Notreife geführt hat. Gleichzeitig plagen uns immer heftigere Gewitter und Unwetter. Wir arbeiten mit Hochdruck an Lösungen, entwickeln Pflanzen, die extreme Wetterbedingungen besser aushalten. Das dauert allerdings 20 bis 30 Jahre. Auch der Milchpreis sinkt, sackte jüngst auf nur noch 27 Cent pro Liter ab. Weshalb ist Milch so billig? Wir befinden uns auf dem Weltmarkt in einer schwierigen Situation. Die weltweite Nachfrage schwächelt beispielsweise in China. Zu- sätzlich belastet die Bauern das russische Embargo für europäische Agrarprodukte. Es drückt die Preise für Milch, aber auch für andere Produkte wie Schweinefleisch, Obst und Gemüse. Die wirtschaftliche Situation für unsere Bauern ist extrem angespannt. Was muss passieren, damit der Milchpreis wieder steigt? Hierzu bedarf es verschiedener Maßnahmen. Die politischen Gespräche zur Lösung der RusslandUkraine-Krise müssen intensiviert werden – denn es handelt sich um ein politisches Embargo, das den deutschen Bauern Probleme bereitet. Auch ist es erforderlich, das Angebot aufseiten der Molkereien stärker zu konzentrieren. Mittelfristig müssen wir auf dem Weltmarkt wieder stärker vertreten sein. Der Bauernverband setzt sich deshalb dafür ein, die letzte Superabgabe für Milchbauern in Höhe von 900 Millionen Euro für exportfördernde Maßnahmen einzusetzen, um neue Märkte zu erschließen. Französische Bauern fühlen sich von der deutschen Agrarwirtschaft unter Druck gesetzt, blockierten jüngst die Autobahnen für deutsche Produkte. Haben Sie Verständnis für die französischen Kollegen? Ich kann die Verärgerung der französischen Bauern über die niedrigen Preise und ihre schlechte wirtschaftliche Situation nachvollziehen. Wir befinden uns in Deutschland in einer ähnlichen Situation. Ich habe allerdings kein Verständnis dafür, dass Grenzen dichtgemacht werden. Die deutschen Bauern exportieren im Jahr Produkte für 5,6 Milliarden Euro nach Frankreich, unsere französischen Kollegen jährlich Produkte für 6 Milliarden Euro zu uns. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, die Bedingungen für Bauern zu verbessern.