Vier Hochzeiten und Benzin im Blut
Serie „ Menschen & Motoren“: Einmal im Jahr offenbaren die Menschen in einer kleinen Eifelgemeinde ihr Herz für ein besonderes Spektakel.
Ort in der Verbandsgemeinde Kelberg im Landkreis Vulkaneifel. Liegt im Naturpark Vulkaneifel und hat 207 Einwohner. So ist es im Internet-Lexikon Wikipedia über Bodenbach zu lesen. So weit, so gut. Doch das Wichtigste fehlt. Einmal im Jahr nämlich wird der ansonsten beschauliche Ort in der nördlichen Eifel zum Nabel eines Ereignisses, das auf dem ganzen großen Kontinent seinesgleichen sucht. Und das geht auch nur, weil fast alle Leute im Dorf sich zusammentun und vor allem eines offenbaren: Sie haben Benzin im Blut. Und davon nicht wenig.
Zum zwölften Mal fand vor knapp zehn Tagen in Daun und Umgebung das sogenannte „Eifel Rallye Festival“statt. Dann „überschwemmen“nicht nur historische Rennfahrzeuge, sondern auch Tausende von Besucherinnen und Besuchern für einige Tage die Gegend. Und wo fängt alles an? Richtig. In Bodenbach. Dort ist dann nicht der Teufel los, aber die Begeisterung über die ebenso alten wie seltenen, lauten, schnellen, und bunten Autos. Manche sagen auch stinkende Autos. Aber die lassen wir jetzt mal außen vor.
In Bodenbach treffen sich am frühen Nachmittag alle, um noch einmal auf abgesperrten Strecken zu üben, was ihre hochmotorisierten Fahrzeuge hergeben. Und rund um die Feldwirtschaftswege und die
Kreisstraßen zwischen Bodenbach und Borler stehen schon Hunderte – wenn's reicht – von Kiebitzen. Sie wollen erste Rallyefestival-Luft schnuppern. Denn am Freitag und Samstag geht es dann richtig rund und quer. Dann quietschen die Reifen und es wird gedriftet, was die Karre hergibt. Da kommt Freude auf. Okay. Nicht bei allen, zugegeben. Aber doch bei fast allen.
Und die Leute aus Bodenbach sind mittendrin. Ohne sie nämlich würde sich kein Rad drehen. Seit acht Jahren mittlerweile. Zum dritten Mal als „Türöffner“des Fests, zu dem 160 Autos aus fünf Jahrzehnten und Tausende von Bewunderern von Skandinavien bis zur Algarve in die Eifel kommen.
Mit Ortsbürgermeister Thorsten Krämer haben wir uns an diesem Tag vor gut einer Woche zusammengesetzt, um ein bisschen mehr über „sein“Dorf zu erfahren und die Menschen, die dort leben. Auf der Treppe des Bürgerhauses. Denn rein kommen wir nicht. Zumindest in diesem Jahr nicht. Im Inneren nämlich ist schon alles für eine Hochzeit am kommenden Wochenende hergerichtet.
„Vier Hochzeiten haben wir in diesem Jahr. Für unser Dorf eine ganze Menge“, erzählt Krämer und lacht. Wie es sich für einen Bürgermeister gehört, ging er mit gutem Beispiel voran. Mit dem Heiraten nämlich. Vor wenigen Wochen erst. „Ja“sagen, das kann man in Bodenbach aber auch, wenn Leute zum Anpacken gebraucht werden. Krämer zeigt uns ein paar große Blätter, auf denen steht, wer wann was macht.
Wer in einem der ortsansässigen Vereine zu Hause ist – und das sind die meisten –, der oder die hilft. Strecken abgrenzen und sichern. Parkplätze
herrichten. Ankommende Wagen einweisen. Getränke- und Imbissstand vor dem Bürgerhaus aufbauen und besetzen. Alles aufgelistet. „50 Helferinnen und Helfer haben wir in diesem Jahr.“Also rund ein Viertel der gesamten Einwohnerzahl. Rechnet man Kinder und ganz Alte ab, dann bleiben nicht viele übrig, die sich verweigern.
„Wir sind stolz darauf, ein Teil dieses riesigen Events zu sein. Und die Vereine im Dorf haben natürlich auch was davon.“Vom Erlös können zum Beispiel notwendige Arbeiten am und im Bürgerhaus erledigt werden, die ansonsten nicht möglich wären. Viele Bewohner haben ihre Einfahrten geräumt, damit die Teilnehmer, die im Lauf des Nachmittags immer mehr werden, Platz für ihre Autos und ihre Servicefahrzeuge haben. Alle kommen mit festen Matten unter ihren Fahrzeugen und Behältern für Betriebsmittel. In den Boden geht nix.
Die Organisation klappt wie am Schnürchen an diesem Tag. Einige haben sich extra freigenommen, um zu helfen. Viele kommen mit Fahrern ins Gespräch, die in jedem Jahr in Bodenbach dabei sind und interessieren sich für deren Autos. Denn „Benzin im Blut“, wer hat das nicht in Sichtweite des Nürburgrings. Und die, die trotzdem mit dem ganzen Spektakel nichts anfangen können? „Mit denen“, sagt Krämer und lächelt verschmitzt, „mit denen kommen wir auch klar. Es ist ja nur für einmal im Jahr und im Dorf kommt man irgendwie immer klar miteinander.“
Vor allem, wenn man vier Hochzeiten im Jahr und Benzin im Blut hat.