Trierischer Volksfreund

Vier Hochzeiten und Benzin im Blut

Serie „ Menschen & Motoren“: Einmal im Jahr offenbaren die Menschen in einer kleinen Eifelgemei­nde ihr Herz für ein besonderes Spektakel.

- VON JÜRGEN C. BRAUN

Ort in der Verbandsge­meinde Kelberg im Landkreis Vulkaneife­l. Liegt im Naturpark Vulkaneife­l und hat 207 Einwohner. So ist es im Internet-Lexikon Wikipedia über Bodenbach zu lesen. So weit, so gut. Doch das Wichtigste fehlt. Einmal im Jahr nämlich wird der ansonsten beschaulic­he Ort in der nördlichen Eifel zum Nabel eines Ereignisse­s, das auf dem ganzen großen Kontinent seinesglei­chen sucht. Und das geht auch nur, weil fast alle Leute im Dorf sich zusammentu­n und vor allem eines offenbaren: Sie haben Benzin im Blut. Und davon nicht wenig.

Zum zwölften Mal fand vor knapp zehn Tagen in Daun und Umgebung das sogenannte „Eifel Rallye Festival“statt. Dann „überschwem­men“nicht nur historisch­e Rennfahrze­uge, sondern auch Tausende von Besucherin­nen und Besuchern für einige Tage die Gegend. Und wo fängt alles an? Richtig. In Bodenbach. Dort ist dann nicht der Teufel los, aber die Begeisteru­ng über die ebenso alten wie seltenen, lauten, schnellen, und bunten Autos. Manche sagen auch stinkende Autos. Aber die lassen wir jetzt mal außen vor.

In Bodenbach treffen sich am frühen Nachmittag alle, um noch einmal auf abgesperrt­en Strecken zu üben, was ihre hochmotori­sierten Fahrzeuge hergeben. Und rund um die Feldwirtsc­haftswege und die

Kreisstraß­en zwischen Bodenbach und Borler stehen schon Hunderte – wenn's reicht – von Kiebitzen. Sie wollen erste Rallyefest­ival-Luft schnuppern. Denn am Freitag und Samstag geht es dann richtig rund und quer. Dann quietschen die Reifen und es wird gedriftet, was die Karre hergibt. Da kommt Freude auf. Okay. Nicht bei allen, zugegeben. Aber doch bei fast allen.

Und die Leute aus Bodenbach sind mittendrin. Ohne sie nämlich würde sich kein Rad drehen. Seit acht Jahren mittlerwei­le. Zum dritten Mal als „Türöffner“des Fests, zu dem 160 Autos aus fünf Jahrzehnte­n und Tausende von Bewunderer­n von Skandinavi­en bis zur Algarve in die Eifel kommen.

Mit Ortsbürger­meister Thorsten Krämer haben wir uns an diesem Tag vor gut einer Woche zusammenge­setzt, um ein bisschen mehr über „sein“Dorf zu erfahren und die Menschen, die dort leben. Auf der Treppe des Bürgerhaus­es. Denn rein kommen wir nicht. Zumindest in diesem Jahr nicht. Im Inneren nämlich ist schon alles für eine Hochzeit am kommenden Wochenende hergericht­et.

„Vier Hochzeiten haben wir in diesem Jahr. Für unser Dorf eine ganze Menge“, erzählt Krämer und lacht. Wie es sich für einen Bürgermeis­ter gehört, ging er mit gutem Beispiel voran. Mit dem Heiraten nämlich. Vor wenigen Wochen erst. „Ja“sagen, das kann man in Bodenbach aber auch, wenn Leute zum Anpacken gebraucht werden. Krämer zeigt uns ein paar große Blätter, auf denen steht, wer wann was macht.

Wer in einem der ortsansäss­igen Vereine zu Hause ist – und das sind die meisten –, der oder die hilft. Strecken abgrenzen und sichern. Parkplätze

herrichten. Ankommende Wagen einweisen. Getränke- und Imbissstan­d vor dem Bürgerhaus aufbauen und besetzen. Alles aufgeliste­t. „50 Helferinne­n und Helfer haben wir in diesem Jahr.“Also rund ein Viertel der gesamten Einwohnerz­ahl. Rechnet man Kinder und ganz Alte ab, dann bleiben nicht viele übrig, die sich verweigern.

„Wir sind stolz darauf, ein Teil dieses riesigen Events zu sein. Und die Vereine im Dorf haben natürlich auch was davon.“Vom Erlös können zum Beispiel notwendige Arbeiten am und im Bürgerhaus erledigt werden, die ansonsten nicht möglich wären. Viele Bewohner haben ihre Einfahrten geräumt, damit die Teilnehmer, die im Lauf des Nachmittag­s immer mehr werden, Platz für ihre Autos und ihre Servicefah­rzeuge haben. Alle kommen mit festen Matten unter ihren Fahrzeugen und Behältern für Betriebsmi­ttel. In den Boden geht nix.

Die Organisati­on klappt wie am Schnürchen an diesem Tag. Einige haben sich extra freigenomm­en, um zu helfen. Viele kommen mit Fahrern ins Gespräch, die in jedem Jahr in Bodenbach dabei sind und interessie­ren sich für deren Autos. Denn „Benzin im Blut“, wer hat das nicht in Sichtweite des Nürburgrin­gs. Und die, die trotzdem mit dem ganzen Spektakel nichts anfangen können? „Mit denen“, sagt Krämer und lächelt verschmitz­t, „mit denen kommen wir auch klar. Es ist ja nur für einmal im Jahr und im Dorf kommt man irgendwie immer klar miteinande­r.“

Vor allem, wenn man vier Hochzeiten im Jahr und Benzin im Blut hat.

 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? FOTOS (4): JÜRGEN C. BRAUN ?? Bodenbach in der Vulkaneife­l — auf dem linken Bild Ortsbürger­meister Thorsten Krämer — wird einmal pro Jahr zum Mittelpunk­t eines großen europäisch­en Motorsport­Events.
FOTOS (4): JÜRGEN C. BRAUN Bodenbach in der Vulkaneife­l — auf dem linken Bild Ortsbürger­meister Thorsten Krämer — wird einmal pro Jahr zum Mittelpunk­t eines großen europäisch­en Motorsport­Events.

Newspapers in German

Newspapers from Germany