Dankbarkeit
Ich sitze am Samstagabend mit einem Dutzend Jugendlichen zusammen, die sich auf die Firmung vorbereiten. Gemeinsam haben wir tagsüber die Gedenkstätte ehemaliges KZ Hinzert im Hunsrück besucht. Jetzt reden wir darüber, welche Verantwortung Christ*innen haben angesichts von Unterdrückung, Rassismus und Umweltzerstörung. Viele gute Ideen werden genannt, wo wir uns mitten in unserem Alltag für ein gutes Miteinander engagieren können. Eine Wortmeldung fällt etwas aus dem Rahmen, denn der Jugendliche sagt, dass wir dankbar sein sollten, weil es uns – verglichen mit den Menschen damals – doch sehr gut gehe.
Was hat Dankbarkeit mit Verantwortung zu tun, geht mir durch den Kopf. Ganz viel!
Bei Menschen, die mit ihrem Leben unzufrieden sind, die empfinden, dass sie zu kurz gekommen und abgehängt sind, steht schnell das eigene Leiden ganz im Vordergrund. Der Blick für die viel größeren Probleme derjenigen Mitmenschen, die unter Krieg und Verfolgung leiden, geht da schnell verloren. Ein Mensch, der immer wieder dankbar auf sein eigenes Leben schaut (ohne dabei Probleme zu verharmlosen), der kann sich wahrscheinlich eher für die Mitmenschen engagieren, weil er sich selbst nicht so wichtig nimmt.
Das war auch die Hoffnung Jesu, als er die Speisung der Fünftausend organisierte. Ein kleiner Junge mit fünf Broten und zwei Fischen hatte keine Angst zu kurz zu kommen, wenn er mit den vielen teilte. Jesus sprach ein Dankgebet, bevor sie die wenigen Lebensmittel verteilten. Großzügigkeit und Dankbarkeit veränderten die scheinbar ausweglose Situation grundlegend – alle werden satt und es bleibt sogar noch jede Menge übrig. Denn plötzlich hatte die Menge keine Angst mehr, ihre Vorräte mit den anderen zu teilen. Eine schöne Vision auch für unsere Gesellschaft!