Grillen wird weiblicher — was am Rost „in“ist
Wer entscheidet beim Kauf eines Grills über das Modell, und was verbirgt sich hinter smartem Grillen? Zwei Branchenkenner geben Einblicke und verraten auch, welche Marinade out ist.
Eine Reihe Bratwürste, ein paar Nackensteaks, dazu gekauftes Knoblauchbaguette: Diese drei Zutaten und ein Holzkohle-Rundgrill mit drei Beinen für 20 Euro – mehr braucht man nicht, um glücklich zu sein? Das galt vielleicht mal. Doch inzwischen kann man damit bei Freunden oder
Nachbarn eher keinen Staat mehr machen. „Heute braucht es Vielfalt und Kreativität auf dem Grill, der wiederum komplette Menüs möglich machen sollte, reichlich Temperaturzonen zwischen 80 und 900 Grad bietet und so für perfekte Röstaromen sorgt“, beschreibt „Grillfürst“Joachim Weber die aktuellen Wünsche seiner Kunden. Bei dem Grillfachhändler, der mehr als 80 Marken in seinem Sortiment hat, werden Fans in jedem Preissegment fündig. „Bis auf die Einmalgrills, die es oft an der Tanke gibt“, schränkt Weber ein.
Auch Volker Elm, Inhaber der Grillschule „Kostbar“und ehemaliger Präsident der German Barbeque Association, bestätigt: „Deutschlands Hobbygriller sind experimentierfreudiger geworden und geben mehr Geld fürs Grillen aus.“Die zwei Enthusiasten an Rost und Brenner sprechen über Trends bei Ausstattung, Zubehör – und, was fürs Brutzeln ein Muss ist.
Holzkohle- oder Gasgrill – was läuft besser?
„Ganz klar Gasgrill“, sagt Joachim Weber. Diese Technik sei nicht nur auf der Überholspur, sondern gehe ab wie ein Raketenantrieb. „Gasgrills machen in unseren Fachgeschäften 90 Prozent aus. Holzkohlegrills sind inzwischen nur noch ein Nischenprodukt. Da verkaufen wir sogar mehr Pelletgrills.“Die Gründe gegen Holzkohle liegen für ihn auf der Hand: „Man kann nie sofort losgrillen, mal ist die Glut da, mal ist sie weg, Funkenflug und ewig bleibt was von der Holzkohle übrig, bis man lauter Restsäcke hat.“
Was muss ein Grill haben, und wie viel darf er kosten?
Die Auswertung von 70.000 verkauften Grills bei „Grillfürst“im vergangenen Jahr spricht für Joachim Weber eine klare Sprache. Die Kunden geben im Schnitt zwischen 1000 und 2000 Euro aus. „Wer in einen hochwertigen Grill investiert, möchte heute meist einen Smartgrill und ist dann mit rund 1500 Euro dabei. Ein solches Gerät hat jeder Hersteller im Programm. Er startet ähnlich einem Thermomix ein Programm, das über das Handy gekoppelt ist, und misst permanent die Temperatur“, erklärt Weber.
Der Profi nennt ein Beispiel: So packt man einen Krustenbraten um 9 Uhr morgens auf den Grill und startet ein Programm mit niedriger Zieltemperatur. Zum Schluss sollte der Grill dann noch mal mit 350 Grad richtig Power geben und Punkt 18 Uhr ist der Braten fertig. Ähnlich funktioniere das mit einem Steak. „Wer jetzt denkt: ‚Als Grillmeister will ich das aber selbst übernehmen`, den kann ich beruhigen:
Einen Smartgrill kann man auch ‚unsmart` nutzen.“
Was ist typisch beim neuen Grills?
Kauf eines „Grillen wird weiblicher“, sagt Joachim Weber. Er beobachtet, dass überwiegend Paare zum Kauf kommen: „Und dabei hat dann die Frau beim Thema Design das Sagen.“Die Frauen interessierten sich zudem detailliert für Grilltechniken und zeigen, dass sie gern selbst am Grill stehen. Allerdings ließen sich Männer nur ungern die Grillzange aus der Hand nehmen.
Auffällig sei auch ein gewisses Wettrüsten: „Es kommt erstaunlich oft zu Impulskäufen nach Grilleinladungen bei Freunden oder Gartennachbarn und kurz vorm Wochenende oder Brückentagen. Dann erklären Käufer: ‚Der Nachbargrill konnte dies oder das. Das will ich auch.`“
Der Grillprofi hat noch einen Trend ausgemacht: Outdoorküchen. „Da das kein definierter Begriff ist, versteht zwar jeder etwas anderes darunter“, berichtet Weber. Aber eine Grillstation wird meist dazugezählt. Ein Einstiegsmodell gehe da bei 3000 Euro los. Bis auf die Ablage sei so ein Gerät mit Seitenkocher, Infrarotbrenner und Schubladen sofort einsatzbereit. „Das Geschäft damit verdoppelt sich jedes Jahr, im vergangenen Jahr haben wir allein 500 davon verkauft.“(dpa)