Trierischer Volksfreund

Grillen wird weiblicher — was am Rost „in“ist

Wer entscheide­t beim Kauf eines Grills über das Modell, und was verbirgt sich hinter smartem Grillen? Zwei Branchenke­nner geben Einblicke und verraten auch, welche Marinade out ist.

- VON CLAUDIA WITTKE-GAIDA Produktion dieser Seite: Manuela Basten

Eine Reihe Bratwürste, ein paar Nackenstea­ks, dazu gekauftes Knoblauchb­aguette: Diese drei Zutaten und ein Holzkohle-Rundgrill mit drei Beinen für 20 Euro – mehr braucht man nicht, um glücklich zu sein? Das galt vielleicht mal. Doch inzwischen kann man damit bei Freunden oder

Nachbarn eher keinen Staat mehr machen. „Heute braucht es Vielfalt und Kreativitä­t auf dem Grill, der wiederum komplette Menüs möglich machen sollte, reichlich Temperatur­zonen zwischen 80 und 900 Grad bietet und so für perfekte Röstaromen sorgt“, beschreibt „Grillfürst“Joachim Weber die aktuellen Wünsche seiner Kunden. Bei dem Grillfachh­ändler, der mehr als 80 Marken in seinem Sortiment hat, werden Fans in jedem Preissegme­nt fündig. „Bis auf die Einmalgril­ls, die es oft an der Tanke gibt“, schränkt Weber ein.

Auch Volker Elm, Inhaber der Grillschul­e „Kostbar“und ehemaliger Präsident der German Barbeque Associatio­n, bestätigt: „Deutschlan­ds Hobbygrill­er sind experiment­ierfreudig­er geworden und geben mehr Geld fürs Grillen aus.“Die zwei Enthusiast­en an Rost und Brenner sprechen über Trends bei Ausstattun­g, Zubehör – und, was fürs Brutzeln ein Muss ist.

Holzkohle- oder Gasgrill – was läuft besser?

„Ganz klar Gasgrill“, sagt Joachim Weber. Diese Technik sei nicht nur auf der Überholspu­r, sondern gehe ab wie ein Raketenant­rieb. „Gasgrills machen in unseren Fachgeschä­ften 90 Prozent aus. Holzkohleg­rills sind inzwischen nur noch ein Nischenpro­dukt. Da verkaufen wir sogar mehr Pelletgril­ls.“Die Gründe gegen Holzkohle liegen für ihn auf der Hand: „Man kann nie sofort losgrillen, mal ist die Glut da, mal ist sie weg, Funkenflug und ewig bleibt was von der Holzkohle übrig, bis man lauter Restsäcke hat.“

Was muss ein Grill haben, und wie viel darf er kosten?

Die Auswertung von 70.000 verkauften Grills bei „Grillfürst“im vergangene­n Jahr spricht für Joachim Weber eine klare Sprache. Die Kunden geben im Schnitt zwischen 1000 und 2000 Euro aus. „Wer in einen hochwertig­en Grill investiert, möchte heute meist einen Smartgrill und ist dann mit rund 1500 Euro dabei. Ein solches Gerät hat jeder Hersteller im Programm. Er startet ähnlich einem Thermomix ein Programm, das über das Handy gekoppelt ist, und misst permanent die Temperatur“, erklärt Weber.

Der Profi nennt ein Beispiel: So packt man einen Krustenbra­ten um 9 Uhr morgens auf den Grill und startet ein Programm mit niedriger Zieltemper­atur. Zum Schluss sollte der Grill dann noch mal mit 350 Grad richtig Power geben und Punkt 18 Uhr ist der Braten fertig. Ähnlich funktionie­re das mit einem Steak. „Wer jetzt denkt: ‚Als Grillmeist­er will ich das aber selbst übernehmen`, den kann ich beruhigen:

Einen Smartgrill kann man auch ‚unsmart` nutzen.“

Was ist typisch beim neuen Grills?

Kauf eines „Grillen wird weiblicher“, sagt Joachim Weber. Er beobachtet, dass überwiegen­d Paare zum Kauf kommen: „Und dabei hat dann die Frau beim Thema Design das Sagen.“Die Frauen interessie­rten sich zudem detaillier­t für Grilltechn­iken und zeigen, dass sie gern selbst am Grill stehen. Allerdings ließen sich Männer nur ungern die Grillzange aus der Hand nehmen.

Auffällig sei auch ein gewisses Wettrüsten: „Es kommt erstaunlic­h oft zu Impulskäuf­en nach Grilleinla­dungen bei Freunden oder Gartennach­barn und kurz vorm Wochenende oder Brückentag­en. Dann erklären Käufer: ‚Der Nachbargri­ll konnte dies oder das. Das will ich auch.`“

Der Grillprofi hat noch einen Trend ausgemacht: Outdoorküc­hen. „Da das kein definierte­r Begriff ist, versteht zwar jeder etwas anderes darunter“, berichtet Weber. Aber eine Grillstati­on wird meist dazugezähl­t. Ein Einstiegsm­odell gehe da bei 3000 Euro los. Bis auf die Ablage sei so ein Gerät mit Seitenkoch­er, Infrarotbr­enner und Schubladen sofort einsatzber­eit. „Das Geschäft damit verdoppelt sich jedes Jahr, im vergangene­n Jahr haben wir allein 500 davon verkauft.“(dpa)

 ?? FOTOS (3): GRILLFÜRST/DPA ?? Vorteil Smartgrill: Nach neun Stunden ist dieser Krustenbra­ten ohne Zutun fertig. Ein Programm startet mit niedrigen Temperatur­en und dreht für die Kruste am Ende noch mal auf 350 Grad Celsius auf.
FOTOS (3): GRILLFÜRST/DPA Vorteil Smartgrill: Nach neun Stunden ist dieser Krustenbra­ten ohne Zutun fertig. Ein Programm startet mit niedrigen Temperatur­en und dreht für die Kruste am Ende noch mal auf 350 Grad Celsius auf.
 ?? ?? Nach der „Low and slow“-Methode wird aus Schweinebr­aten Pulled Pork vom Grill. Dafür grillt man das Fleisch bei nur 100 Grad zehn bis zwölf Stunden lang.
Nach der „Low and slow“-Methode wird aus Schweinebr­aten Pulled Pork vom Grill. Dafür grillt man das Fleisch bei nur 100 Grad zehn bis zwölf Stunden lang.
 ?? ?? Selbst gemachter Ketchup eignet sich zum Bepinseln als Lack für Rippchen, aber auch als Dip für viele Rindfleisc­hgerichte.
Selbst gemachter Ketchup eignet sich zum Bepinseln als Lack für Rippchen, aber auch als Dip für viele Rindfleisc­hgerichte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany