Magere Worte mit großen Konsequenzen
Das oberste Gericht der USA hat Donald Trump einen großen Gefallen erwiesen. Es nimmt einen vor unteren Instanzen unstrittigen Fall an, der den Prozess zum 6. Januar 2021 auf unbestimmte Zeit vertagt.
Die Entscheidung des Supreme Courts passt auf ein Blatt Papier. Darin erklärte das oberste Gericht der USA, es nehme die Berufung Donald Trumps an. Dieser behauptet, ein Präsident genieße absolute Immunität für sein Handeln im Weißen Haus. Wenn überhaupt, könne er erst nach einem erfolgreichen Amtsenthebungsverfahren im Kongress strafrechtlich verfolgt werden.
Das Bundesberufungsgericht in Washington hatte diese Argumentation einstimmig verworfen und sich der Auffassung des Bundesgerichts angeschlossen, vor dem sich der Ex-Präsident strafrechtlich für seine Rolle bei dem Aufruhr vom 6. Januar verantworten muss. Warum und wieso das oberste Gericht diesen unstrittigen Fall aufgreift, geht aus der namenlosen Anordnung nicht hervor. Nur so viel: Trumps Anwälte und Sonderermittler Jack Smith müssen ihre Argumente bei einer Anhörung am 22. April vortragen. Der Supreme Court engte das Verfahren auf die Frage ein, „ob und wenn ja, in welchem Umfang ein ehemaliger Präsident Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung für Verhaltensweisen genießt, die mutmaßlich mit Amtshandlungen während seiner Amtszeit
zusammenhängen.“
Während das Urteil nach Ansicht von Verfassungsrechtlern wie Laurence Tribe außer Frage steht, sei die Annahme des Falls ein großer Gefallen des Supreme Courts an Trump. Denn das oberste Gericht drückte den Pausenknopf für die Vorbereitungen des Strafprozesses in Washington. Das Verfahren sollte ursprünglich am 5. März beginnen. Der Ex-Präsident hatte drei der neun Richterposten mit Konservativen besetzt. Rechtsexperte Tribe sagte auf MSNBC, die Chancen stünden jetzt nicht schlecht, dass sich Trump vor den Wahlen im November überhaupt
nicht für den schlimmsten Angriff auf die Demokratie in Amerika seit der turbulenten Anfangszeit der Republik verantworten muss. „Das ist nicht der Weg, den ein Land wählen würde, das sich um den Rechtsstaat und die konstitutionelle Demokratie sorgt.“Harte Worte, die von vielen anderen Verfassungsrechtlern geteilt werden. Trump dagegen frohlockte. „Rechtsexperten sind sehr dankbar für die heutige Entscheidung des Supreme Court“, lobte er die Annahme des Falls. Der Ex-Präsident verriet dabei nicht, auf welche Experten er sich berief. Jenseits seiner eigenen Anwälte hat kein Verfassungsrechtler
öffentlich die Ansicht geteilt, dass Präsidenten in den USA über dem Gesetz stünden.
Nach wie vor besteht die Möglichkeit, das Richterin Tanya S. Chutkan die Hauptverhandlung in dem Strafprozess zum 6. Januar vor den Wahlen terminiert. Viel hängt dabei von dem Tempo ab, mit dem der Supreme Court nach der Anhörung sein Urteil verkündet. Ließe sich das Gericht bis zum Ende der Sitzungsperiode Zeit, wäre dies spätestens im Juni. Chutkan hatte der Verteidigung Trumps zugesichert, genügend Zeit zur Vorbereitung zu bekommen. Nach ihrer eigenen Metrik könnte der Prozess dann im September beginnen. Die Hauptverhandlung fiele mit dem Beginn der heißen Phase im Wahlkampf zusammen.
Da Angeklagte bei Strafverfahren anwesend sein müssen, könnte Trump dann versuchen, daraus politisches Kapital zu schlagen und sich als „Opfer der Justiz“darzustellen. Offen blieb auch, ob der Prozess um die Geheimdokumente in Miami sich durch die Annahme des ImmunitätFalls durch den Supreme Court hinausgezögert wird. Dort hatte Trump ähnliche Argumente vorgetragen. Die zuständige Richterin wollte den weiteren Fahrplan am heutigen Freitag
festlegen.
Weniger erfreuliche Kunde erhielt Trump aus Illinois, das ihn nach Colorado und Maine als dritter Bundesstaat wegen seiner Betätigung als Aufrührer von den Wahlscheinen strich. Allerdings hatte auch hier der Supreme Court interveniert und dürfte in Kürze sein Urteil verkünden. Allgemein wird nach der Anhörung
„Das ist nicht der Weg, den ein Land wählen würde, das sich um den Rechtsstaat und die konstitutionelle Demokratie sorgt.“Laurence Tribe Rechtsexperte
erwartet, dass die Richter die Entscheidung in Colorado und damit auch in den anderen beiden Staaten kassieren werden.
Nicht helfen kann Trump das mit 6 zu 3 von konservativen Richtern dominierte oberste Gericht bei den Zivilprozessen wegen Betrugs und Verleumdung in New York. Dort war der Ex-Präsident zu insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Dollar an Strafgeldern verurteilt worden. Er hat 30 Tage Zeit, das Geld bei der Gerichtskasse zu hinterlegen. Ein Berufungsgericht wies am Mittwoch den Antrag seiner Anwälte zurück, sich mit 100 Millionen Dollar zu begnügen. Chefanklägerin Letitia James begrüßte die Entscheidung.
Es gebe „keinen sachlichen Grund“, warum der Beklagte nur ein Viertel der geforderten Summe hinterlegen sollte. Aber es sei ein Eingeständnis der Anwälte, „dass Herr Trump nicht ausreichende flüssige Vermögenswerte hat, dem Urteil nachzukommen.“