Römische Villa sucht Pächter
Vor sieben Jahren schloss die Wirtschaft an der römischen Villa Otrang bei Fließem. Seitdem wurde die historische Anlage umgebaut und ist für Neugierige wieder geöffnet. Aber die Gastronomie bleibt trotzdem zu. Leider, finden Touristen, Archäologen und di
FLIESSEMSightseeing kann anstrengend sein. Mit der Zeit melden sich womöglich die Füße und der Rücken tut weh, bei den Kindern ist eh die Grenze des Interesses am reinen historischen Kulturgut in der Regel schnell erreicht oder man ist gar eine längere Strecke mit dem Fahrrad angereist und die Luft ist raus.
Dann sehnt sich der Kulturreisende danach, das bevorstehende Quengeln der Kinder zu verhindern, die müden Glieder auszuruhen und der hungrige und durstige Radtourist hofft darauf, auftanken zu können. Wie gut, wenn dann eine Gaststätte in der Nähe ist.
An der römischen Villa Otrang bei Fließem war das traditionell der Fall. Aber seit 2016 nicht mehr. Die Mitarbeiterin der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), die mit ihrem Mann die Gastronomie auf der Anlage betrieb, wurde nach Trier ins Landesmuseum versetzt. Das bedeutete auch das Ende der Bewirtung.
Seitdem hat sich trotz Bemühungen kein Nachfolger gefunden. Sehr schade, findet Karl-Uwe Mahler, der bei der GDKE für die römischen Liegenschaften in der Region zuständig ist. Zwar liegt ihm vorrangig die Vermittlung der archäologischen Funde am Herzen, aber er unterschätzt auch nicht die Vorteile, wenn Geschichte mit Genuss verknüpft werden kann. Daher will er auch weiter nach Interessenten suchen.
„Zum Erleben so einer Zeit gehört, dass alle Genüsse hinzukommen. Es ist eine schöne Sache, auf der Aussichtsterrasse zu sitzen und mit dem Blick hinunter ins Tal und auf den Bereich, wo in römischer Zeit eine Tempelanlage war, einen Kaffee zu trinken.“
Finanzielles Interesse treibt die GDKE nicht, ein gastronomisches Angebot zu befürworten, um mehr Besucher anzulocken. Wie sollte es bei freiem Eintritt? Mahler denkt hier mehr als Archäologe: „Ich würde mich darüber freuen, wenn möglichst viele Leute sich das anschauen, weil es etwas ganz Besonderes und Ungewöhnliches ist. Das ist eine kleine Perle in der Eifel.“
In der Region gibt es tatsächlich keine römischen Bauten mit angeschlossener Gastronomie. In Trier ist das aber auch gar nicht nötig – liegen Porta Nigra, Amphitheater, Kaiserund Barbarathermen schließlich nah genug an den städtischen Angeboten.
Wenn ein Pächter sich künftig um die Bewirtung an der Villa Otrang kümmern will, sollte er sich der Bedeutung des Ortes als eine der größten und am besten erhaltenen römischen Villenanlagen nördlich der Alpen bewusst sein, zählt Mahler als eine wichtige Voraussetzung für einen Bewerber auf. Daneben müsste er mit einem Bewirtschaftungskonzept überzeugen. „Wir wären im Gespräch dazu bereit, abzuklären, was man dort machen könnte“, spricht Mahler für die GDKE.
Das Problem waren bislang die schwer zu kalkulierenden Besucherzahlen, die sehr wetterabhängig sind. Zur Zeit der ehemaligen Pächter konnte bei Sonnenschein die Terrasse mit etwa 70 Sitzplätzen voll besetzt sein. Bei schlechtem Wetter stand aber kein überdachter Gastraum zur Verfügung, dann sah es mau aus.
Während der Suche nach einem neuen Pächter kam zwar die Idee ins Spiel, einen überdachten Gastraum zu schaffen, aber daraus wurde nichts. Wohl wegen der Kosten. „Das ist eine Sache, die noch mal diskutiert werden könnte“, findet Mahler.
Ganz ohne Investitionen wird es jedenfalls nicht gehen. Die Küche müsste erneuert werden, der kleine Schankraum und die Terrasse benötigen eine Einrichtung.
Mahler sieht eine Möglichkeit darin, gemeinnützige soziale Einrichtungen zumindest für die Bewirtschaftung zu interessieren, weil für sie nicht der Gewinn im Vordergrund steht.
Ein anderer Vorschlag war, einen Automaten aufzustellen. „Das Problem ist, dass die Villa weit abseits liegt und es nicht gewährleistet ist, dass sich niemand an den Automaten zu schaffen macht. Auch die Frage, wer sich um die Automaten kümmert, stand der Idee im Weg“, erklärt Mahler, warum auch daraus nichts wurde.
Anja Esch,
Ortsbürgermeisterin von Fließem, bedauert den Verlust der Gastronomie. „Das ist nicht, wie wir die Villa Otrang kannten. Es ist kein Leben mehr da. Die Leute verweilen nicht. Und es nicht mehr so gepflegt, wie es war.“Früher hätten die Einheimischen dort viel Zeit verbracht, die Villa sei für Fließem ein Treffpunkt gewesen.
Sie bedauert auch, dass die GDKE die Ortsgemeinde bis heute nicht in den Veränderungsprozess einbindet. Sie sieht kaum eine realistische Möglichkeit, unter den neuen Bedingungen einen Pächter zu finden, der anders als früher nicht mehr beim Land angestellt wäre und Einnahmen ausschließlich aus der
Gastronomie erzielen würde. „Die Saison ist kurz und die Gegebenheiten sind problematisch.“
Wenn auch ohne Gastronomie, seit 2019 können Besucher sich die historischen Mosaike wieder anschauen. Die Wiedereröffnung ist ein wenig untergegangen, weil die Anlage wegen der Corona-Pandemie kurz darauf wieder geschlossen werden musste. Erst seit der Saison 2022/23 gibt es wieder Führungen von April bis Oktober.
Zum Schutz der Mosaike wurde in den Umbaujahren an zwei Schutzhäusern jeweils vor den Eingang ein Windfang gesetzt, damit das schlechte Wetter draußen bleibt, wenn Besucher es versäumen, die Tür zu schließen.
Die Mosaike sind seit dem Umbau durch Mauern eingefasst, Fenster geben den Blick frei auf die römischen Funde. In einem der Schutzhäuser wurde die Wandmalerei reproduziert, damit Betrachter nachvollziehen können, wie ein Raum in einer römischer Villa wirkte. Informationstafeln zur Villa und dem sich anschließenden Wirtschaftshof dienen zur weiteren Orientierung.
Zur Wiedereröffnung wurden alle Mosaike gereinigt, die Schutzhäuser frisch gestrichen und Metallrampen an den Eingängen installiert.
Neu ist auch, dass der Eintritt frei ist, seit niemand mehr ständig vor Ort ist. An den Öffnungstagen sperrt eine Mitarbeiterin die Türen für die Besucher auf, kümmert sich um die sanitären Anlagen und lüftet die Schutzhäuser, was wegen der Feuchtigkeit eine wichtige Rolle für den Erhalt der Funde spielt.
Der Umbau ist noch nicht beendet. Im nächsten Schritt kommt das dritte, größere Schutzhaus an die Reihe. Es beherbergt Reste der Therme mit einem gut erhaltenen Becken und eine zum Teil rekonstruierte Fußbodenheizung. Wie die anderen beiden Häuser wird es barrierefrei zugängig gemacht.
Wann das seit 2016 geschlossene Gebäude wieder eröffnet werden kann, kann Mahler nicht sagen. „Das hängt von den Ressourcen ab“, sagt er. Sprich: vom Geld.