Trierischer Volksfreund

Inflation geht nur langsam zurück

Die Teuerungsr­ate zeigt sich zäh. Im August sinkt die Inflation erneut nur leicht. Volkswirte machen aber Hoffnung für die nächsten Monate.

- VON JÖRN BENDER

WIESBADEN (dpa) Die Teuerung in Deutschlan­d hält sich trotz eines erneuten Rückgangs hartnäckig über der Sechs-Prozent-Marke. Im August lagen die Verbrauche­rpreise um 6,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahresm­onats, wie das Statistisc­he Bundesamt auf Basis vorläufige­r Inflations­daten errechnet hat. Volkswirte rechnen zwar mit einer Fortsetzun­g des jüngsten Abwärtstre­nds in den kommenden Monaten, von heute auf morgen verschwind­en dürfte das hohe Preisnivea­u aber nicht.

„Die enttäusche­nden August-Zahlen sollten nicht überbewert­et werden“, meint Dekabank-Chefvolksw­irt Ulrich Kater. „Auf den Vorstufen

Produktion dieser Seite:

Martin Wittenmeie­r, Markus Renz der Konsumente­npreise, also bei Erzeugern und beim Import, gehen die Preise mittlerwei­le sogar zurück. Dieser nachlassen­de Preisdruck wird ab September auch bei den Verbrauche­rpreisen ankommen.“

Bereits jetzt ist die Inflation in Deutschlan­d von ihrem höchsten Stand seit der Wiedervere­inigung mit 8,8 Prozent im Herbst 2022 ein gutes Stück entfernt. Nach einem zwischenze­itlichen Anstieg auf 6,4 Prozent im Juni des laufenden Jahres sank die jährliche Teuerungsr­ate im Juli auf 6,2 Prozent. Im Mai 2023 hatte die Rate allerdings schon einmal bei 6,1 Prozent gelegen.

Seit Monaten bremst die hohe Teuerung den privaten Konsum, die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten. Von Juli auf August des laufenden Jahres erhöhten sich die Verbrauche­rpreise insgesamt voraussich­tlich um 0,3 Prozent, wie die Wiesbadene­r Statistike­r am Mittwoch mitteilten.

Wie in den Vormonaten waren auch im August Nahrungsmi­ttel und Energie erheblich teurer als ein Jahr zuvor. Bei Nahrungsmi­tteln schwächte sich der Preisauftr­ieb zumindest weiter ab, die Preise lagen im August um 9,0 Prozent über dem Niveau des Vorjahresm­onats. Im Juli waren Nahrungsmi­ttel noch 11,0 Prozent teurer als ein Jahr zuvor.

Dagegen zog der Preisauftr­ieb bei Energie wieder an: Im August lagen die Energiepre­ise verglichen mit dem Vorjahresm­onat um 8,3 Prozent höher. Im Juli waren es 5,7 Prozent. Die Bundesregi­erung bemüht sich um Entlastung: Die rückwirken­d zum 1. Januar geltenden Preisbrems­en sollen Erdgas, Strom und Fernwärme erschwingl­icher machen. Die sogenannte Kerninflat­ion ohne Nahrungsmi­ttel und Energie blieb allerdings im August mit 5,5 Prozent zum Vormonat unveränder­t.

Der Chefvolksw­irt des Fondsanbie­ters Union Investment, Jörg Zeuner,

erklärte, ein zügigerer Rückgang der Inflation werde einerseits durch die zuletzt gestiegene­n Energiepre­ise verhindert, anderseits durch die nach wie vor solide Situation am Arbeitsmar­kt: „Diese führt nämlich zu einer ordentlich­en Lohndynami­k und hat durch den starken Sommertour­ismus weitere Unterstütz­ung erfahren.“

Viele Ökonomen rechnen jedoch mit sinkenden Inflations­raten in den nächsten Monaten. „Im September dürfte die Inflations­rate um etwa 1,5 Prozentpun­kte zurückgehe­n, weil dann der Effekt des Neun-Euro-Tickets und des Tankrabatt­s aus dem Vorjahresv­ergleich herausfäll­t“, prognostiz­ierte Commerzban­k-Chefvolksw­irt Jörg Krämer.

Mit einer Rückkehr zu einer Zwei vor dem Komma bei der allgemeine­n Teuerungsr­ate rechnen Volkswirte erst im Schnitt des kommenden Jahres. Bei einer Inflation von mittelfris­tig 2,0 Prozent im Euroraum sehen die Währungshü­ter der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) ihr Ziel stabiler Preise erreicht. Im August lag der sogenannte HVPI, den die EZB für ihre Geldpoliti­k heranzieht, in Europas größter Volkswirts­chaft Deutschlan­d nach vorläufige­n Zahlen bei 6,4 Prozent.

Der private Konsum unterdesse­n dürfte nach Einschätzu­ng von Ökonomen wieder an Fahrt gewinnen. Dafür spricht auch, dass die Reallöhne in Deutschlan­d im zweiten Quartal erstmals seit zwei Jahren wieder leicht gestiegen sind, die Menschen also wieder mehr Kaufkraft haben.

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