Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Streit um letzte Uran-Altlast
Wegen privater radioaktiver Gauern-Halde: Freistaat Thüringen und Wismut GmbH vor Gericht
Seit Jahrzehnten steht die letzte Uran-Altlast in Thüringen in der Kritik von Bürgerbewegungen. Getan hat sich an der unsanierten Abraumhalde in Gauern am Rand des ehemaligen Uranerzbergbaugebiets in Ostthüringen im Landkreis Greiz nichts.
Aus der Halde tritt radioaktiv belastetes Sickerwasser. Das kontaminiert Wasserläufe und Teiche im Fuchsbachtal und das Grundwasser dort – und damit auch den Gewässerzufluss zur Weißen Elster oberhalb von Gera. Die Nutzung der Gauerner Teiche und Fließgewässer und auch des Grundwassers im Fuchsbachtal zum Bewässern und zum Tränken von Tieren ist seit 2015 behördlich untersagt.
Jetzt ist die radioaktive Zeitbombe zum Streitfall fürs Verwaltungsgericht Gera geworden. Thüringen sieht die heutige Wismut GmbH in der Pflicht zu sanieren. Als Argument führt das Umweltministerium das aktualisierte Strahlenschutzgesetz des Bundes an. Das Land betrachtet die heutige bundeseigene Wismut GmbH als Rechtsnachfolgerin
der ehemaligen SowjetischDeutschen Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut. Die hatte bis zur deutsch-deutschen Wiedervereinigung in weiten Teilen Sachsens und darüber hinaus im heutigen Ostthüringen Uran für Atomwaffen und Brennelemente in Atomkraftwerken abgebaut. Das Land hat an die heutige Wismut GmbH eine Sanierungsanordnung für die GauernHalde erlassen. Mit dem neuen Strahlenschutzgesetz „besteht bei radioaktiven Altlasten eine Anordnungsbefugnis der zuständigen Behörde, wenn für eine Referenzperson
der Bevölkerung eine effektive Dosis von mehr als 1 Millisievert pro Jahr zu erwarten ist“. Das hat auf Nachfrage das dem Umweltministerium nachgeordnete Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz mitgeteilt. Mit den aktuellen Messwerten sei eine Überschreitung des Referenzwertes ermittelt worden.
Gegen die Sanierungsanordnung hat das bundeseigene Unternehmen Wismut vor dem Verwaltungsgericht Gera geklagt – weil es sich nicht in der Rechtsnachfolge der SDAG sieht. Zudem: Die alte Halde befindet sich seit der Nachwendezeit in Privathand. Die Treuhand hatte sie an einen Bewohner von Gauern verkauft. Zur Baustoffgewinnung, wie es heißt. Stillgelegt wurde die Halde im zur Hälfte für den Uranabbau weggebaggerten Ort Gauern bereits 1968. Dann ging sie zur DDR-Zeit über in die Hände des Rates des Bezirks Gera. Genutzt worden sei sie als Schießgelände des ehemaligen Militärlagers Seelingstädt – und war damit Sperrgebiet. Das Verwaltungsgericht Gera rechnet mit einer Verhandlung frühestens Anfang 2024.