Thüringische Landeszeitung (Weimar)
„Harry Potter“-Autorin unter Druck
J. K. Rowling wird für ihre Äußerungen über Transgender massiv kritisiert. Der Streit spitzt sich weiter zu
In ihrer „Harry Potter“-Romanreihe entwirft J. K. Rowling (54) Fantasiewelten, in denen alles möglich ist. In ihrem Verständnis von der wirklichen Welt aber ist ein Mann ein Mann und eine Frau eine Frau – ein Geschlecht lässt sich nicht wechseln. Entsprechende Äußerungen wurden der Britin als feindselig gegenüber TransgenderPersonen ausgelegt, also gegenüber Menschen, die sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, als in ihrer Geburtsurkunde steht.
Der Fall Rowling zeigt vor allem, wie – befeuert durch Twitter & Co. – Gegenwind zu einem Proteststurm heranwachsen kann. „Diskriminierung von Minderheiten“, rufen die einen, „freie Meinungsäußerung“die anderen, die sich durch politische Korrektheit gegängelt fühlen. Zunehmend wird der Streit zum Grabenkampf zwischen etablierten Feministinnen und jungen Aktivistinnen und Aktivisten.
Im Dezember 2019 sprach Rowling, die sich als Feministin bezeichnet, ihre Unterstützung für eine Frau aus, die wegen angeblich transgenderfeindlicher Äußerungen ihren Job verloren hatte. Die Autorin
prangerte an, dass es möglich sei, „Frauen aus ihren Jobs zu drängen für die Aussage, dass das Geschlecht real ist“. Kürzlich dann störte sie sich an einem Artikel, indem von „Menschen, die menstruieren“die Rede war. „Ich bin sicher, dass es ein Wort für solche Menschen gegeben hat“, lästerte die Autorin und betonte wieder, dass ein Geschlecht „real“sei. Der Shitstorm brach los – vielen war klar: Rowling ist eine „TERF“. Die Abkürzung steht für „Trans-Exclusionary Radical Feminist“, also für eine radikale Feministin, die Trans-Personen ausschließt.
Ist Alice Schwarzer (77) eine TERF? Für die Publizistin jedenfalls ist Transsexualität zu einem
„Trend“geworden. „Statt der steigenden Zahl der Neo-Transsexuellen, zunehmend Frauen, zu sagen, dass sie auch ohne Hormone und Operationen aus der Geschlechterrolle ausbrechen können, passt man ihren Körper der gewünschten Rolle an“, schreibt sie in „Emma“. Auch Rowling sagte nun: Ihr Vater habe sich immer einen Sohn gewünscht. „Die Verlockung, der Weiblichkeit zu entfliehen, wäre enorm gewesen.“Heißt: Sie ist Frau geblieben und hat gekämpft. Grundsätzlich sei sie besorgt, dass radikale Trans-Aktivisten keine Differenzierung der Geschlechter mehr zulassen würden.
Für Transgender-Personen ist ihr Geschlecht jedoch keine Mode, die man mal eben wechselt. „Es ist ein transfeindliches Vorurteil, dass Menschen ein Geschlecht aus einer Laune heraus annehmen, sagt Gabriel_Nox Koenig vom Bundesverband Trans* e. V. Frauen wie Rowling „scheinen zu glauben, dass Trans-Personen ihnen etwas wegnehmen wollen und sie müssten irgendein Territorium verteidigen. Ich fände es hilfreicher, wenn man sich zusammen für Akzeptanz einsetzt. Denn eigentlich haben wir dieselben Ziele: ein diskriminierungsund gewaltfreies Leben für so viele Menschen wie möglich.“
„Harry Potter“-Stars distanzieren sich von Autorin
Auch die Annahme, dass Trans-Personen die Existenz der Geschlechter leugneten, sei ein Irrtum: „Viele Trans-Personen fühlen sich einem dieser beiden Geschlechter zugehörig und leben als Mann oder als Frau. Wir kämpfen vielmehr darum anzuerkennen, dass nicht körperliche Merkmale ausschlaggebend sind, welches Geschlecht man hat“, sagt Koenig.
Das sieht auch „Harry Potter“-Star Emma Watson (30) so: „Trans-Personen sind, wer sie sagen, dass sie es sind, und sie verdienen es, ihr Leben zu leben, ohne andauernd hinterfragt zu werden.“Hauptdarsteller Daniel Radcliffe (30) sagte: „Transgender-Frauen sind Frauen. Jede gegenteilige Aussage untergräbt die Würde und Identität.“
Das Studio Warner Bros., das die „Harry Potter“-Filme produzierte, verkündete gar, nun inhaltlich umzudenken: „Die Ereignisse der vergangenen Wochen haben unser Vorhaben in den Vordergrund gerückt, schwierige gesellschaftliche Themen zu behandeln.“