Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Behörden prüfen Vorwürfe gegen Arzt
Mediziner aus dem Weimarer Land soll Patienten gefährliches Gemisch zur Behandlung vieler Erkrankungen anbieten
Die Landesärztekammer Thüringen hat – wie im April von ihr angekündigt – die Staatsanwaltschaft Erfurt und die Approbationsbehörde im Landesverwaltungsamt darüber informiert, dass sie Schritte zur berufsrechtlichen Überprüfung eines Hausarztes aus dem nördlichen Weimarer Land eingeleitet hat.
Der Vorwurf: Der Mediziner soll Anwender von MMS, dem ätzend wirkenden ChlordioxidGemisch „Miracle Mineral Supplement“, sein und es Patienten als Mittel unter anderem gegen Krebs, Lungenentzündung und Autismus empfehlen und zum Kauf anbieten. Ein investigatives Journalistenteam des ARDMagazins „Kontraste“hatte den Arzt nicht nur bei einem alternativmedizinischen Kongress in Berlin aufgespürt, bei dem er das Mittel pries, sondern verdeckt auch in seiner Praxis recherchiert. Vor der Kamera verweigerte der Mediziner anschließend jedoch jede Stellungnahme zu dem Vorwurf, MMS anzubieten. Der Beitrag war Anfang April ausgestrahlt worden.
Sowohl das Landesverwaltungsamt als auch die Staatsanwaltschaft Erfurt teilen auf Nachfrage mit, dass sie den Sachverhalt prüfen und die Prüfung noch nicht abgeschlossen sei. Die Staatsanwaltschaft geht dabei der Frage nach, ob ein Anfangsverdacht für strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Bei der Landesärztekammer befindet sich der Fall einer Sprecherin zufolge derzeit im „Stadium der Vorermittlung“. „Das heißt, es ist an der Kammer, die betroffenen Seiten zu hören, die Verdachtsmomente zu erhärten und Beweise, die für ein berufsrechtliches Fehlverhalten sprechen, zu erbringen.“
Ein Geschäft mit verzweifelten Patienten
Dabei handle es sich um ein geordnetes Verfahren mit bestimmten Abläufen, bei dem Fristen einzuhalten seien. Insofern gebe es noch kein Ergebnis.
Die Approbationsbehörde werde nur dann informiert, wenn der Landesärztekammer Tatsachen bekannt werden, die den Verdacht rechtfertigten, „dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation gemäß Bundesärzteordnung nicht mehr vorliegen“. Das sei „sehr selten notwendig“, sagt die Sprecherin.
Grundsätzlich habe die Kammer die Möglichkeit, bei Verstößen von Ärzten gegen die Berufspflichten eine Rüge mit oder ohne Ordnungsgeld zu verhängen. Darüber hinaus gebe es das berufsgerichtliche Verfahren. Gemäß Paragraf 48 des Thüringer Heilberufegesetzes könne dabei auf Warnung, Verweis, Geldbuße bis zu 50000 Euro, zeitweilige Entziehung des Wahlrechts und Feststellung der Berufsunwürdigkeit erkannt werden. Zusätzliche Sanktionsmöglichkeiten haben die involvierten Behörden in weiteren Verfahren. So kann der Widerruf der Approbation erfolgen, wenn ein Arzt sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit zur Ausübung des Arztberufes ergibt.
Darunter fällt auch strafbares Vergehen wider das Arzneimittelund Betäubungsmittelgesetz. MMS ist nicht als Arzneimittel zugelassen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung und Verbraucherschützer warnt vor dem Einsatz des Gemischs. Dennoch bieten es obskure Heiler verzweifelten Patienten an.
Die Landesärztekammer ist für die Berufsaufsicht über die in Thüringen tätigen 9474 Ärzte in Praxen und Kliniken zuständig.