Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Rekordhitze: „Es tut richtig weh“
Die Philippinen leiden unter Extremtemperaturen. Die Angst vor den Klimawandelfolgen wächst
Kate Mallo geht nur noch raus, wenn es unbedingt sein muss. „Ich hab immer Kopfschmerztabletten und eine kleine Flasche Wasser dabei“, sagt die 29-jährige Büroangestellte. Auf dem Weg zur Arbeit in die Hauptstadt der Philippinen, für den sie die Bahn von Manila nehmen muss, ist ihr vor der Hitze bange. „Die Klimaanlage in den Zügen spürt man gar nicht mehr, weil die Abteile mit Pendlern vollgequetscht sind.“Denn in diesen Tagen meiden alle, die irgendwie können, die Sonne. „Sie macht schwindelig“, sagt Mallo. „So eine Hitze habe ich noch nie erlebt.“
In der Provinz Zambales, rund 130 Kilometer nördlich von Manila, wurden vom Wetteramt am Sonntag rekordverdächtige 53 Grad angegeben. Aber selbst wenn die Temperaturen „nur“bei 40 Grad liegen: Wegen der Schwüle sei das für den Körper wie 55 Grad, sagen Experten. Die Philippinen erleben zur Zeit historische Temperaturen. In Teilen von Bangladesch wurden mehr als 43 Grad Celsius gemessen, ebenso in China und Laos. In Vietnam ist es einen Tick heißer, in Thailand, Indien und Myanmar gar 46
Grad. Die gefühlten Temperaturen sind noch höher.
Im Zuge des Klimawandels treten weltweit häufiger Extremwetterlagen auf, die sich zudem weniger gut vorhersagen lassen. Mit der aktuellen Hitzewelle gehen ungewöhnlich hohe Temperaturen im Indischen Ozean einher, wie Kim Wood, Professorin für Meteorologie an der Us-amerikanischen Universität von Arizona über die Plattform X betont. Bisher ist 2024 auf dem Weg, das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen zu werden.
Inmitten der aktuellen Notlage hat die Regierung der Philippinen mit der Schließung von Schulen reagiert, um Kindern den Weg durch die Hitze zu ersparen, den viele Büroangestellte wie Kate Mallo weiterhin ertragen müssen. „Wir haben schon Berichte von Bluthochdruck,
Schwindel und Zusammenbrüchen von Schülern und Lehrkräften“, erklärte Benjo Basas, Vorsitzender der Lehrervereinigung Teachers’ Dignity Coalition, im Radiosender DWPM. Dass die Hitze Lernfortschritte nahezu unmöglich macht, ist im Moment nicht die größte Sorge.
Vielmehr sorgen sich die Menschen um die Folgen des Klimawandels. Das Land hat zwar ein niedrigeres Bildungsniveau als Länder der EU oder Nordamerikas, gehört aber zu den von der Veränderung des Klimas am stärksten betroffenen Ländern weltweit.
Vera Rodrigues, eine Anwältin aus dem nordphilippinischen Dagupan, macht das alles große Sorgen. „Der Klimawandel macht das Leben unberechenbar“, sagt die 33jährige, die ihren richtigen Nachnamen wegen ihres Berufs nicht öffentlich machen will. „Wenn ich an diesen Tagen vor die Tür gehe, brennt die Sonne auf der Haut – es tut richtig weh.“Die Kanzlei, in der sie arbeitet, hat eine Homeofficeregelung wieder eingeführt, die es schon zu Pandemie-zeiten gab. „Dadurch muss ich jetzt nur für Einkäufe vor die Tür.“Aber das könne nur eine vorübergehende Notlösung
sein. „Viele Aufgaben in meinem Job kann ich jetzt gar nicht erledigen.“Produktivitätseinbußen erleiden momentan viele Sektoren, nicht nur auf den Philippinen. Dort wollen viele Menschen nun die Fenster ihrer Wohnung gar nicht mehr öffnen. „Es wird sofort unglaublich heiß in meiner Wohnung“, sagt sinngemäß nicht nur Vera Rodrigues aus Dagupan, sondern auch Kate Mallo aus Manila.
Klimaanlagennutzung könnte zu Stromausfällen führen
„Wer eine Klimaanlage hat, kann sich das erlauben, sodass die Wohnung nicht gleich zu einer Sauna wird“, räumt Vera Rodrigues ein. „Aber das treibt dann die Stromrechnung in die Höhe, denn die Klimaanlage muss die Temperatur dann ja noch stärker herunterkühlen.“Die Regierung hat hiervor schon gewarnt – nicht nur, weil die Kosten für Haushalte ansteigen, sondern auch, weil es zu einer Überlastung des Stromnetzes und letztlich zu Stromausfällen führen könnte. Das Hitzeproblem könnte nach einigen Vorhersagen noch bis Mitte Mai anhalten. Die Schule wird an einigen Orten womöglich auch dann erst wieder öffnen.