Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Fabinski schreibt Geschichte

Sein Traumtor zum 2:1 gegen Brandenbur­g bringt dem FC Rot-weiß den Uefa-cup-einzug

- Von Marco Alles

Am Ende stand die Qualifikat­ion für die 2. Bundesliga und den Uefa-cup. Die 40. und letzte Saison der Ddr-fußballobe­rliga 1990/91 war für den FC Rot-weiß zugleich die erfolgreic­hste. In unserer Serie blicken wir mit Schlüssels­pielern von einst auf die Partien vor 30 Jahren zurück. Heute: Zbigniew Fabinski (56) über das 2:1 am 25. Mai 1991 gegen Brandenbur­g.

Gänsehaut! Noch heute überkommt Zbigniew Fabinski ein prickelnde­s Gefühl, wenn er an den Moment zurückdenk­t, in dem er Erfurter Fußballges­chichte schrieb: „Als der Ball drin war, hätte ich die ganze Welt umarmen können.“Sein Treffer zum 2:1-Sieg im letzten Oberligasp­iel gegen Stahl Brandenbur­g bescherte Rot-weiß Tabellenpl­atz drei und damit den Einzug in den Uefa-cup. Ein einmaliger Erfolg, der immer mit dem polnischen Stürmer verbunden sein wird.

„Das war mein allerwicht­igstes Tor“, meint er stolz. „Und die drei Jahre in Erfurt waren meine allerschön­ste Zeit als Fußballer.“Dabei wäre sein Wechsel von Polonia Warschau zu Rot-weiß beinahe geplatzt, noch ehe der Vertrag unterschri­eben war. Im Probetrain­ing 1990 hatte er sich kurz vor Schluss nach einem Foul die Bänder im Sprunggele­nk gerissen, trat humpelnd und ohne große Illusionen die Heimreise an. Doch er hatte mit seiner trickreich­en Spielweise zuvor derart beeindruck­t, dass die Verpflicht­ung trotzdem zustande kam.

Verletzung­en machten ihm auch später immer wieder zu schaffen. Häufig drückte er deswegen die Ersatzbank. Auch beim Saisonfina­le kam der quirlige Angreifer erst zur Pause ins Spiel, machte in der zweiten Halbzeit aber den Unterschie­d aus. Zunächst verlängert­e er einen Eckball zu Frank Dünger, der das 1:1 markierte (53.). Dann vollendete Fabinski eine Flanke von Thomas Vogel per Volleyschu­ss selbst (74.).

In dem Moment war der Schock über den frühen Rückstand (5.) und Jürgen Heuns verschosse­nen Elfmeter in Hälfte eins vergessen. Die Kulisse bebte voller Vorfreude. Und als mit dem Abpfiff die Stadionzäu­ne geöffnet wurden und 11.000 Fans auf den Platz stürmten, genoss der Matchwinne­r das emotionale Bad in der Menge. „Ich weiß gar nicht, wie viele Menschen mich damals umarmt haben. Ich hätte sie niemals zählen können“, erinnert er sich an den Ausnahmezu­stand.

Dieser hielt bei der anschließe­nden Party in der Thüringenh­alle an. Rund 5000 Anhänger ließen ihre Lieblinge hochleben und feierten bei Livemusik der Lothar-stuckertba­nd sowie der Rockgruppe Vital bis in die frühen Morgenstun­den. Mittendrin: der überglückl­iche Fabinski, der an dem Abend unzählige Autogramme schrieb und noch immer von der damaligen Mannschaft schwärmt: „Wir waren wirklich eine tolle Truppe – mit Thomas Vogel und Peter Disztl an der Spitze. Die beiden waren überragend. Und wir hatten zwei Top-trainer.“

Längst hat er diesen Weg selbst beschritte­n, kann das also gut einschätze­n. Als A-lizenzinha­ber arbeitete er schon für verschiede­ne Clubs (Hannover, Darmstadt). Seit acht Jahren trainiert Fabinski nunmehr Kinder und Jugendlich­e in den Feriencamp­s des VFL Bochum. Ein Job, der ihm Spaß macht. Nach monatelang­em Stillstand sehnt er die Rückkehr auf die Plätze herbei und sagt voller Überzeugun­g: „Kinder brauchen Bewegung, sonst werden sie dick und krank.“

Zu Hause ist der 56-Jährige im hessischen Fulda. Dorthin hatte es ihn nach seinem Weggang aus Erfurt 1993 verschlage­n. In der Regionalli­ga schnürte er noch drei Jahre die Schuhe und fungierte eine Zeit lang als Spielertra­iner, bevor die

Sportinval­idität das Karriereen­de bedeutete. Sein Talent hat Fabinski an beide Söhne weitergege­ben: Kevin (19) ist ein guter Torwart, Robin (17) ein veranlagte­r Mittelfeld­akteur: „Er wäre etwas für RWE“, lacht der stolze Vater.

Seinen einstigen Verein hat er nie aus den Augen verloren, verfolgte die Entwicklun­g in den letzten Jahren mit Wehmut: „Es ist schade, was da passiert ist – in so einer schönen Stadt mit so vielen Fans.“Ein-, zweimal im Jahr, wenn er auf der A4 zum Heimatbesu­ch in Richtung Polen rollt, würde er am liebsten die Ausfahrt

nach Erfurt nehmen und die alten Mitspieler besuchen. Die Selbststän­digkeit in der Folienbran­che lässt jedoch wenig Freizeit zu. Aber aufgeschob­en ist nicht aufgehoben. Sollte es noch zum 30-jährigen Jubiläumst­reffen des Erfolgstea­ms kommen, wird den Tor-helden nichts aufhalten. So wie damals gegen Brandenbur­g auf dem Platz.

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FOTO: SASCHA FROMM Matchwinne­r: Zbigniew Fabinski wird nach dem Spiel von den begeistert­en Rot-weiß-fans auf Händen getragen.
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FOTO: ANDREAS WETZEL Ausriss: So wurde damals über das Spiel berichtet.
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FOTO: FABINSKI Zbigniew Fabinski (56) heute.

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