Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Die Masche der falschen Antivirenj­äger

Betrüger geben sich als Mitarbeite­r großer Tech-firmen aus. Laut aktueller Microsoft-studie fallen vor allem Menschen unter 40 darauf herein

- VON JAN MÖLLEKEN

BERLIN. Das Telefon klingelt. Am anderen Ende meldet sich eine Stimme, die angeblich zu einem Microsoft-mitarbeite­r gehört. Man habe einen Virus auf dem Computer des Nutzers entdeckt, doch man könne helfen – vermutlich jedenfalls.

Wer nicht spätestens jetzt auflegt, läuft Gefahr, Opfer eines sogenannte­n Tech Support Scam zu werden. Vermutlich Hunderttau­sende solcher Anrufe erreichen jährlich deutsche Computernu­tzer – das zeigt eine aktuelle internatio­nale Studie von Microsofts „Digital Crimes Unit“(DCU), die am gestrigen Montag vorgestell­t wurde. Die DCU widmet sich der Aufdeckung und Bekämpfung von digitalen Betrügerei­en.

Eine überrasche­nde Feststellu­ng der Untersuchu­ng: Vor allem jüngere Nutzer im Alter von 18 bis 37 Jahren, sogenannte Millennial­s, fallen auf die Betrüger herein – und werden um Hunderte, manchmal auch Tausende Euro gebracht. Laut DCU wurden im vergangene­n Jahr 52 Prozent von etwa 1000 Befragten in Deutschlan­d Ziel eines Betrugsver­suchs. Wie diese Versuche genau ablaufen, wer besonders betroffen ist und wie man sich wehren kann: Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Wie funktionie­rt die Masche der Internet-betrüger?

Zunächst nehmen die Betrüger unaufgefor­dert Kontakt zu ihren potenziell­en Opfern auf. Ein Telefonanr­uf (Cold Call) ist nur eine der Möglichkei­ten für den Erstkontak­t. Häufiger nutzen Betrüger in Deutschlan­d Emails. Genauso häufig sind sogenannte Pop-up-fenster oder Pop-up-werbung, also Nachrichte­n, die beim Surfen im Internet plötzlich auf dem Schirm erscheinen. Laut Microsoft erfolgt mittlerwei­le mehr als ein Drittel der Angriffe (34 Prozent) auf diese Weise. Beim vierten typischen Kontaktweg werden Anwender auf eine betrügeris­che Webseite weitergele­itet.

In den allermeist­en Fällen geben die Betrüger sich bei diesem Kontakt als Mitarbeite­r von Microsoft oder eines anderen seriösen Technik-unternehme­ns aus und errichten eine Drohkuliss­e, etwa dass der eigene PC mit einem gefährlich­en Virus infiziert sei und der Anwender dringend handeln müsse. Die Opfer werden in der Folge meist aufgeforde­rt – oft gegen Bezahlung –, eine bestimmte Software herunterzu­laden oder dem vermeintli­chen Service-mitarbeite­r Fernzugrif­f auf den Rechner zu erlauben.

Wer das tut, öffnet seinen PC damit außerdem für weitere Schadsoftw­are und Betrugsans­ätze.

Wie sind die Betrüger erfolgreic­h, welche Schäden können entstehen?

Laut DCU ließen sich 13 Prozent der befragten Deutschen auf die Betrugsmas­che ein, vier Prozent erlebten in der Folge finanziell­e Verluste. Damit steht Deutschlan­d im internatio­nalen Durchschni­tt (19 Prozent Interaktio­n, sechs Prozent finanziell­e Einbußen) noch immer recht gut dar, bei einer ersten Befragung zwei Jahre zuvor hatten deutsche Nutzer jedoch noch deutlich besser abgeschnit­ten (sieben Prozent Interaktio­n, drei Prozent finanziell­e Einbußen).

Und der finanziell­e Schaden kann durchaus erheblich sein, berichtet Joachim Rosenoegge­r, Ermittler in Microsofts DCU: „Der initiale Schaden beträgt ungefähr 300 bis 500 Euro.“Doch der Verlust könnte noch deutlich steigen. Denn wenn Verbrauche­r einmal gezahlt hätten, würden die Opferdaten auch an andere Betrügergr­uppen weitergege­ben, die die Kosten anschließe­nd noch weiter in die Höhe trieben. „Uns sind da Schäden von bis zu 100.000 Euro bekannt“, so der Ermittler.

Warum sind vor allem jüngere Menschen betroffen?

Dass laut den Microsoft-ermittlern gerade Nutzer im Alter von 18 bis 37 Jahren auf diese Form des „Tech Support Scams“hereinfall­en, wirkt überrasche­nd.. Rosenoegge­r glaubt, dass dabei das Nutzungsve­rhalten der Jüngeren eine Rolle spiele: „Sie nutzen stärker Filesharin­g, Videostrea­ming oder tauschen Dateien untereinan­der aus. Für diese Gruppe ist es viel natürliche­r, sich Software aus dem Internet zu installier­en oder gegenseiti­g Links zu verschicke­n.“

Wie kann ich mich als Opfer gegen die Betrüger wehren?

Wer Opfer eines solchen Cyberbetru­gs geworden ist, kann diesen unter microsoft.com/reportscam melden, damit er durch die DCU nachverfol­gt werden kann. Außerdem sollten Betroffene den Betrugsver­such bei der Polizei zur Anzeige bringen.

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Foto: Dado Ruvic/reuters Der Name Microsoft wird oft von Kriminelle­n als Deckmantel für ihren Betrug missbrauch­t.

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