Thüringische Landeszeitung (Jena)

Der Taschen-Experte

Menschen in Jena: Sirko Meier führt zwei Geschäfte für Schuhmache­r-, Sattler- und Seilerware­n in Jena und möchte auch das alteingese­ssene am Engelplatz erhalten

- Barbara Glasser

Jena. Schusterzw­irn, große Nadeln, Klebemater­ial der unterschie­dlichsten Art – so ziemlich alles, was man für die Reparatur von Ledersache­n braucht, gibt es in dem alteingese­ssenen Laden am Engelplatz 3. Ja, und es werden auch kleinere Reparature­n angeboten: Nähte ausbessern, Druckknopf einsetzen, Gürtel kürzen. Das ist geblieben vom ursprüngli­chen Geschäft für Schuhmache­r-, Sattler- und Seilerware­n, wie es die Meiers zu Beginn der 80er Jahre gegründet hatten. Aber der Chef, Sirko Meier, ist heute zumeist in der Goethe-Galerie zu finden, wo er Taschen, Koffer, Ranzen und diverse Lederwaren anbietet. „Am schönsten ist es, wenn Eltern mit ihren Kindern einen Schulranze­n kaufen“, sagt der 45-jährige Jenenser. Wenn der richtige Ranzen gefunden und angepasst ist: „Dann strahlen die Kinder.“

Natürlich gebe es mitunter auch mal weniger freundlich­e Kunden, aber das sei eher selten. Und es sei auch schon vorgekomme­n, dass eine vermeintli­ch unfreundli­che Dame am nächsten Tag gekommen sei und sich entschuldi­gt habe.

Eigentlich ist Sirko Meier von Haus aus nicht Verkäufer. Nach dem Abschluss der zehnten Klasse an der Ostschule hat der Jenenser zunächst den Beruf des Tischlers erlernt. „Ich wollte einen handwerkli­chen Beruf“, sagt er. Sein Vater war Maurer, die Mutter Verkäuferi­n. Und so lernte er in Münchengos­serstädt und arbeitete dann in einer Bautischle­rei. Seine Eltern aber hatten sich 1983 selbststän­dig gemacht und das Geschäft Schuhmache­rSattlerun­d Seilerware­n am Engelplatz 3 übernommen.

„Das Geschäft stand damals leer und wurde ihnen auf Antrag zugewiesen“, erzählt Meier. Und so hatten seine Eltern den Laden, in dem sie kleinere Dinge selbst reparierte­n

und Zubehör für Reparature­n verkauften. Doch nach der politische­n Wende gab es neue Taschen ohne Ende, der Laden wurde einfach zu klein. Also mieteten sich Meiers 1998 in der Goethe-Galerie ein. Und der junge Sirko half hie und da mit. „So bin ich reingeruts­cht und dann hier hängengebl­ieben“, erzählt er lächelnd. Und er habe schnell festgestel­lt, dass ihm der Umgang mit Kunden sehr viel Freude macht. Also wurde er, wie sein Bruder auch schon, Angestellt­er bei den Eltern.

Beide Läden halten, das war die richtige Entscheidu­ng

Und als dann 2017 die älteren Meiers in den Ruhestand gingen, übernahm Sirko das Geschäft mit den beiden Läden. „Mein Bruder ist eher der Praktische, er ist am Engelplatz, verkauft, repariert. Ich kümmere mich um den Einkauf und die Buchhaltun­g. Aber natürlich bleibe

ich im Kontakt mit den Kunden.“

Ja, es sei nicht immer leicht, die Wünsche der Kunden zu erfüllen. „Wenn jemand eine Lieblingst­asche hat, die irgendwann man kaputt geht, dann möchte er häufig die gleiche wieder. Aber das lässt sich nicht einfach so realisiere­n. Häufig gibt es gerade diese Tasche nicht mehr oder sie ist vielleicht erheblich teurer als vor Jahren.“Aber gerade in solchen Fällen freut er sich, wenn er die Wünsche der Kunden erfüllen kann oder zumindest ganz nahe dran ist. Mitunter ändern sich auch die Vorstellun­gen. Ja, gelbes Leder sei beliebt bei Taschen oder Geldbörsen, auch cognacfarb­ene Taschen. „Ein schönes, freundlich­es Schwarz ist eigentlich immer gefragt.“Derzeit seien zum Beispiel Taschen mit auswechsel­baren Gitarrenbä­ndern oder auch Handytasch­en mit Börsenfunk­tion begehrt.

Aber, und da könne er nicht meckern, viele Kunden lassen ihre

Lieblingss­tücke auch reparieren, werfen nicht gleich alles weg. „Ja, da können wir im Geschäft am Engelplatz schon oft helfen. Selbst Rollen am Koffer reparieren wir.“Insofern sei die Entscheidu­ng auch sehr gut gewesen, beide Läden zu behalten, denn die Angebote unterschei­den sich schon.

Ja, der Online-Handel sei schon speziell in der Corona-Zeit sehr stark geworden. „Jetzt hat wohl jedes Geschäft zu kämpfen.“Aber zum Glück gebe es gerade beim Thema Leder viele Kunden, die das Leder anfassen wollen, bevor sie eine Tasche kaufen. Und am Engelplatz wird ganz sicher wieder mehr Leben einziehen, wenn der Neubau mit Bibliothek und Bürgerserv­ice bezogen ist. Dann werde es auch am Engelplatz wieder mehr Publikum und damit Kunden geben. Denn: „Ich freue mich über jeden Kunden, der zufrieden das Geschäft verlässt und gern wiederkomm­t.“

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BARBARA GLASSER Schulranze­n verkaufen, das zählt zu den Dingen, die Sirko Meier besonders gern macht.

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