Thüringische Landeszeitung (Jena)
Der Taschen-Experte
Menschen in Jena: Sirko Meier führt zwei Geschäfte für Schuhmacher-, Sattler- und Seilerwaren in Jena und möchte auch das alteingesessene am Engelplatz erhalten
Jena. Schusterzwirn, große Nadeln, Klebematerial der unterschiedlichsten Art – so ziemlich alles, was man für die Reparatur von Ledersachen braucht, gibt es in dem alteingesessenen Laden am Engelplatz 3. Ja, und es werden auch kleinere Reparaturen angeboten: Nähte ausbessern, Druckknopf einsetzen, Gürtel kürzen. Das ist geblieben vom ursprünglichen Geschäft für Schuhmacher-, Sattler- und Seilerwaren, wie es die Meiers zu Beginn der 80er Jahre gegründet hatten. Aber der Chef, Sirko Meier, ist heute zumeist in der Goethe-Galerie zu finden, wo er Taschen, Koffer, Ranzen und diverse Lederwaren anbietet. „Am schönsten ist es, wenn Eltern mit ihren Kindern einen Schulranzen kaufen“, sagt der 45-jährige Jenenser. Wenn der richtige Ranzen gefunden und angepasst ist: „Dann strahlen die Kinder.“
Natürlich gebe es mitunter auch mal weniger freundliche Kunden, aber das sei eher selten. Und es sei auch schon vorgekommen, dass eine vermeintlich unfreundliche Dame am nächsten Tag gekommen sei und sich entschuldigt habe.
Eigentlich ist Sirko Meier von Haus aus nicht Verkäufer. Nach dem Abschluss der zehnten Klasse an der Ostschule hat der Jenenser zunächst den Beruf des Tischlers erlernt. „Ich wollte einen handwerklichen Beruf“, sagt er. Sein Vater war Maurer, die Mutter Verkäuferin. Und so lernte er in Münchengosserstädt und arbeitete dann in einer Bautischlerei. Seine Eltern aber hatten sich 1983 selbstständig gemacht und das Geschäft SchuhmacherSattlerund Seilerwaren am Engelplatz 3 übernommen.
„Das Geschäft stand damals leer und wurde ihnen auf Antrag zugewiesen“, erzählt Meier. Und so hatten seine Eltern den Laden, in dem sie kleinere Dinge selbst reparierten
und Zubehör für Reparaturen verkauften. Doch nach der politischen Wende gab es neue Taschen ohne Ende, der Laden wurde einfach zu klein. Also mieteten sich Meiers 1998 in der Goethe-Galerie ein. Und der junge Sirko half hie und da mit. „So bin ich reingerutscht und dann hier hängengeblieben“, erzählt er lächelnd. Und er habe schnell festgestellt, dass ihm der Umgang mit Kunden sehr viel Freude macht. Also wurde er, wie sein Bruder auch schon, Angestellter bei den Eltern.
Beide Läden halten, das war die richtige Entscheidung
Und als dann 2017 die älteren Meiers in den Ruhestand gingen, übernahm Sirko das Geschäft mit den beiden Läden. „Mein Bruder ist eher der Praktische, er ist am Engelplatz, verkauft, repariert. Ich kümmere mich um den Einkauf und die Buchhaltung. Aber natürlich bleibe
ich im Kontakt mit den Kunden.“
Ja, es sei nicht immer leicht, die Wünsche der Kunden zu erfüllen. „Wenn jemand eine Lieblingstasche hat, die irgendwann man kaputt geht, dann möchte er häufig die gleiche wieder. Aber das lässt sich nicht einfach so realisieren. Häufig gibt es gerade diese Tasche nicht mehr oder sie ist vielleicht erheblich teurer als vor Jahren.“Aber gerade in solchen Fällen freut er sich, wenn er die Wünsche der Kunden erfüllen kann oder zumindest ganz nahe dran ist. Mitunter ändern sich auch die Vorstellungen. Ja, gelbes Leder sei beliebt bei Taschen oder Geldbörsen, auch cognacfarbene Taschen. „Ein schönes, freundliches Schwarz ist eigentlich immer gefragt.“Derzeit seien zum Beispiel Taschen mit auswechselbaren Gitarrenbändern oder auch Handytaschen mit Börsenfunktion begehrt.
Aber, und da könne er nicht meckern, viele Kunden lassen ihre
Lieblingsstücke auch reparieren, werfen nicht gleich alles weg. „Ja, da können wir im Geschäft am Engelplatz schon oft helfen. Selbst Rollen am Koffer reparieren wir.“Insofern sei die Entscheidung auch sehr gut gewesen, beide Läden zu behalten, denn die Angebote unterscheiden sich schon.
Ja, der Online-Handel sei schon speziell in der Corona-Zeit sehr stark geworden. „Jetzt hat wohl jedes Geschäft zu kämpfen.“Aber zum Glück gebe es gerade beim Thema Leder viele Kunden, die das Leder anfassen wollen, bevor sie eine Tasche kaufen. Und am Engelplatz wird ganz sicher wieder mehr Leben einziehen, wenn der Neubau mit Bibliothek und Bürgerservice bezogen ist. Dann werde es auch am Engelplatz wieder mehr Publikum und damit Kunden geben. Denn: „Ich freue mich über jeden Kunden, der zufrieden das Geschäft verlässt und gern wiederkommt.“