Thüringische Landeszeitung (Jena)
Russen raus – wenn Sportarenen zum Kriegsschauplatz werden
Der einstige Formel-1-Chef Bernie Ecclestone hält immer noch große Stücke auf seinen Freund Wladimir Putin. In einer TV-Sendung hatte er gerade erklärt, für den Kremlchef würde er trotz der Invasion in die Ukraine noch immer „durchs Feuer gehen“. Ecclestone hatte allerdings 2010 auch über einen anderen Diktator
gesagt: „Hitler wusste, wie man es macht“. Nur am Ende habe er die Orientierung verloren. „Also war er kein sehr guter Diktator“, so der britische Geschäftsmann, der seine Firma immer autoritär führte.
Nun, könnte man sagen, der seltsame Ecclestone ist 91 Lenze alt und landet ohnehin bald im Himmel oder vorzugsweise in der Hölle. Aber das Problem im Umgang mit Russland bleibt bestehen.
Wimbledon schloss alle russische und belarussische Profis aus. Bei den French Open durften sie ebenso starten wie bei den bevorstehenden US Open in New York. Auch bei der Tour de France sind jetzt russische Fahrer am Start. Tennis-Star Rafael Nadal hatte den WimbledonAusschluss
seiner Kollegen als „unfair“bezeichnet. „Was können die Armen denn dafür?“, hatte der Rekord-Grand-Slam-Sieger kürzlich gesagt. Auch Novak Djokovic und Alexander Zverev übten Kritik. Arm sind die meisten Tennis-Asse aus Moskau oder Minsk allerdings nicht. Gegen den Krieg sprechen sie sich oft nur verklausuliert aus. Schließlich droht Putin mit Repressalien gegen Familien, auch wenn die Stars selbst meist im Ausland leben. Vom Ausschluss ist unter anderem Daniil Medwedew und die belarussische Weltranglisten-Vierte Aryna Sabalenka. betroffen. Der Weltranglisten-Erste Medwedew hat sein Domizil seit fünf Jahren mit seinen Eltern an der Cote d’Azur.
Der Ukraine-Krieg hat die Sportarenen längst erreicht. Viele Verbände schlossen zuletzt russische Athleten und Mannschaften aus. Die Fußball-WM im auch ziemlich diktatorischen Katar findet ohne die „Sbornaja“statt. Im Europapokal im Handball oder im Basketball gibt es keine russischen Vereine mehr im Lostopf. Ausländische Trainer und Spieler wie der aus Eisenach stammende Basketballer Johannes Voigtmann flüchteten bei Ausbruch des Krieges. Seine USKollegin Brittney Griner sitzt sogar seit Februar in Russland im Gefängnis, weil sie Kartuschen für E-Zigaretten mit Cannabisöl dabei hatte. Die Zwei-Meter-Frau gilt inzwischen als Polit-Opfer des Krieges.
Manchmal macht auch das eigene Regelwerk den Verbänden einen Strich gegen ihre Russland-Sanktionen. So erklärte ein unabhängiges Schiedsgericht von Europas Tischtennis-Verband den ChampionsLeague-Sieg von Düsseldorf für ungültig, weil zuvor die russischen Halbfinalisten Orenburg und Jekaterinburg wegen des Krieges ausgeschlossen wurden.
Der Bob- und Skeleton-Weltverband musste jetzt die Suspendierung russischer Sportler aufheben, weil die Statuten dafür einen Beschluss des Weltkongresses verlangen. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit ist dafür notwendig. Der Verbandspräsident Andreas Trautvetter aus Deutschland ist überzeugt, dass im
Winter keine Russen und Weißrussen bei der WM und den Weltcups an den Start gehen werden. Auch die anderen Wintersport-Vereinigungen haben die beiden Aggressoren-Staaten bereits von den Wettkämpfen ausgeschlossen.
Das IOC lässt die Verbände und die ukrainischen Sportler, die im Ausland solidarisch Aufnahme finden, wenn sie nicht gerade an der Front kämpfen, derweil allein. Doch im Umgang mit Russland tat sich das IOC schon immer schwer. Auf den konsequenten Ausschluss von Putins Reich nach den Winterspielen von Sotschi, wartet man noch heute. Damals tauschte der Gastgeber unangenehme Dopingproben seiner Aktiven einfach aus.