Thüringische Landeszeitung (Jena)
Tiefensee fordert möglichst rasches Ende der Einschränkungen
Rund eine Milliarde Euro Corona-Hilfe wurden vor allem an Unternehmen ausgezahlt
Erfurt. Seit Beginn der Corona-Pandemie vor knapp zwei Jahren wurde in Thüringen mehr als eine Milliarde Euro an Direkthilfen ausgezahlt. Der übergroße Anteil davon – rund
962 Millionen Euro – gingen an Wirtschaftsunternehmen. Hinzu kamen 94 Millionen Euro an Verdienstausfällen für Menschen, die als Kontaktpersonen von Infizierten in Quarantäne geschickt wurden oder während eines Lockdowns ihre Kinder betreuen mussten.
Dies ergab eine Anfrage dieser Zeitung an die Landesregierung. Die Zahlen stammen aus dem Wirtschaftsministerium, der Thüringer Aufbaubank, der Staatskanzlei und dem Landesverwaltungsamt.
An stärksten auf Hilfen angewiesen war die Gastronomiebranche. Hier erhielten die Betriebe seit dem Frühjahr 2020 etwa 293 Millionen Euro; insgesamt wurden 17.500 Anträge gestellt.
Der Einzelhandel wurde mit 128 Millionen Euro unterstützt, gut 150 Millionen Euro gingen an Dienstleistungsfirmen. Ausgefallene oder eingeschränkte Veranstaltungen kosteten den Steuerzahler knapp
100 Millionen Euro. Industriebetriebe mussten hingegen mit nur 59 Millionen Euro gefördert werden.
Die Kultureinrichtungen und Soloselbstständige in diesem Bereich erhielten insgesamt rund 19 Millionen Euro. Die Summe werde sich noch erhöhen, weil noch nicht alle bewilligten Anträge ausgezahlt seien, hieß es aus der Staatskanzlei.
Etwa 87 Prozent aller Direkthilfen übernahm der Bund, der Rest kam vom Land. Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) lobte die „gewaltige Kraftanstrengung, die in vielen Bereichen einen finanziellen Totalschaden verhindert und Existenzen gesichert“habe.
Hinzuzurechnen sind die größtenteils pandemiebedingten Kosten für die Kurzarbeit. Laut der Agentur für Arbeit erhielten die Thüringer Unternehmen im Jahr 2020 406,1 Millionen Euro und im vergangenen Jahr noch einmal fast 352 Millionen Euro an Kurzarbeitergeld und Sozialversicherungsbeiträgen ausgezahlt. Zum Vergleich: Vor der Pandemie, im Jahr 2019, waren es nur 8,1 Millionen Euro.
Tiefensee sprach sich auch aus wirtschaftlichen Gründen für ein möglichst rasches Ende der Einschränkungen aus. „Unternehmen wollen nicht alimentiert werden, Selbstständige wollen nicht auf die Grundsicherung verwiesen werden“, sagte er. „Sie haben einen Anspruch darauf, so schnell wie möglich in die Normalität zurückkehren zu dürfen.“
Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag forderte am Mittwoch in einem Antrag Lockerungen im Einzelhandel, in der Gastronomie und im Sport. Die von der Landesregierung angekündigte 3G-Regelung könne nur ein erster Schritt sein, sagte der Abgeordnete Andreas Bühl. „Ziel ist die Gleichstellung des stationären Einzelhandels mit Geschäften für Waren des täglichen Bedarfs“. Zudem müsse nach seinen Worten die Sperrstunde in der Gastronomie grundsätzlich abgeschafft werden.