Thüringische Landeszeitung (Jena)

Eichplatz als idealer Ort politische­r Bekenntnis­se

Das weiterentw­ickelte Buch zum Herzstück der Stadt ist da: „Platzwechs­el“. Autor ist André Nawrotzki

- Von Thomas Stridde

Jena. Es ist endlich da. Das Buch über den Jenaer Eichplatz muss vielen Leuten ein Sehnsuchts­projekt gewesen sein, wie Kristian Philler andeutet. Der heutige Rathausspr­echer hatte 2014 eine Broschüre zum Thema produziert, als die Bürgerabst­immung über einen Eichplatz-Bebauungsp­lan die Stadtgesel­lschaft spaltete (und die Nein-Sager obsiegten). Damals hätten Jenaerinne­n und Jenaer bei seinem Vater Gunther Philler in der „Jenaer Bücherstub­e“am Johannispl­atz immer wieder nach der Broschüre gefragt: Gibt’s die noch?

Samt Alfons Zitterback­e

Kristian Philler ist dem Jenaer Autor und Verleger André Nawrotzki (Verlag DominoPlan) sehr dankbar, nun eine Weiterführ­ung der Broschüre in die Hand genommen zu haben. Vom ersten Strich an habe er

18 Monate benötigt, bis das 144-seitige Buch „Platzwechs­el“(22 Euro) nun vorgelegt werden konnte, berichtete Nawrotzki.

Es seien bekannte Bilder, Anekdoten und Dokumente enthalten, aber auch viele völlig neue. Schönes Beispiel: Aus der DEFA-Stiftung entstammt Bildmateri­al zum legendären Spielfilm „Alfons Zitterback­e“, für den auch auf dem Eichplatz gedreht wurde.

Grundlegen­d müsse man wissen, dass die Geschichte des Eichplatze­s keine sonderlich alte ist, wie Philler und Nawrotzki erläutern: Im Ursprung war das Areal ein Brandplatz, nachdem am 14. Oktober 1806 rund um die Schlacht bei Jena innerhalb einer Nacht 19 Häuser niedergebr­annt und später nicht wiederaufg­ebaut worden waren. Auf eben diesem Platz wurde 1816 nach dem Ende der Befreiungs­kriege eine Eiche gepflanzt.

Und so spannt die Gestaltung des

Buchdeckel­s einen sinnreiche­n Bogen vom Damals bis ins Heute: als Grundierun­g ein Abbild jenes Eichenblat­tes, das bei der Burschensc­haft Germania bis heute unter Glas hängt; auf dem Eichenblat­t verteilt die schematisc­h angedeutet­en Baufelder, auf denen demnächst eine Neubebauun­g gedeihen soll.

Von der ersten bis zur letzten Seite ist „Platzwechs­el“ein Geschichts­buch

der besonderen Art, weil die Zentralitä­t den Platz immer zum idealen Ort des politische­n Bekenntnis­ses gemacht hat – ob staatstrag­end oder opposition­ell: hier an der einstigen Möbelbarac­ke die Lenin-Parole als Strommast-Slogan „Kommunismu­s = Sowjetmach­t plus Elektrifiz­ierung“; da die Bilder von der bürgerrech­tlichen Friedensbe­wegung.

Gropius riet zum Hochhaus

Das Buch sollte für viele Jenaer Neuentdeck­ungen bieten. Wer wusste schon, dass bereits 1946 ein Carl-Zeiß-Denkmal aufgestell­t wurde mit Stele und Porträt-Relief, das allerdings „dem Meister nicht gebührlich“gewesen sei, wie Kristian Philler sagte. Und auch wichtig: Nicht nur 2014, sondern früher schon habe es Streit um die Bebauung des Eichplatze­s gegeben, berichtete André Nawrotzki. So soll Bauhaus-Begründer Walter Gropius ein Hochhaus vorgeschla­gen haben. Ebenso scheiterte die Initiative, nach Entwürfen des berühmten Jenaer Architekte­nbüros Schreiter und Schlag ein Kaufhaus zu bauen.

Und wie schaut André Nawrotzki auf die aktuellen Bebauungsp­läne? Ihm gefällt, dass mit drei „Hochpunkte­n“ein Kontrapunk­t zum Uni-Hochhaus gesetzt wird. „Und man darf gespannt sein auf die Ausformung der Fassaden.“

„Nicht nur 2014, sondern früher schon hat es Streit um die Bebauung des Eichplatze­s gegeben.“André Nawrotzki Autor und Verleger

 ?? FOTO: THOMAS STRIDDE ?? Kristian Philler, sein Vater und Bücherstub­en-Inhaber Gunther Philler sowie Autor und Verleger André Nawrotzki zeigen das neue Buch über den Eichplatz.
FOTO: THOMAS STRIDDE Kristian Philler, sein Vater und Bücherstub­en-Inhaber Gunther Philler sowie Autor und Verleger André Nawrotzki zeigen das neue Buch über den Eichplatz.

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