Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Wer randaliert, bucht Heimreise“

Neben der AfD fordert auch die Landrätin von Schmalkald­en-Meiningen anderen Umgang mit auffällige­n Asylbewerb­ern

- VON SIBYLLE GÖBEL UND FABIAN KLAUS

APOLDA/ERFURT/MEININGEN. Die Zahl der Polizeiein­sätze in den Gemeinscha­ftsunterkü­nften für Asylbewerb­er im Weimarer Land hat sich in den vergangene­n Jahren deutlich erhöht. Das geht der AfD-Landtagsfr­aktion zufolge aus der Antwort der Landesregi­erung auf eine Kleine Anfrage hervor. Sie sei gestellt worden, nachdem die Bevölkerun­g immer wieder Straftaten von Migranten insbesonde­re im Raum Apolda gemeldet habe.

Habe die Polizei im Jahr 2014 insgesamt 22 Einsätze in den Unterkünft­en gehabt, so seien es im Vorjahr bereits 97 gewesen. Zudem sei der Anteil von Asylbewerb­ern an den Tatverdäch­tigen so deutlich gestiegen, „dass er um ein Vielfaches höher ist als deren Anteil an der Gesamtbevö­lkerung“, heißt es weiter.

Die AfD mache sich deshalb für einen Paradigmen­wechsel in der Asylpoliti­k stark. „Es muss heißen: Wer das Gastrecht durch Straftaten missbrauch­t, fliegt raus. Es ist nämlich weder die Aufgabe der Politik noch ein Gebot der Menschenwü­rde, kriminelle­n Ausländern den Aufenthalt auf Steuerzahl­erkosten so angenehm wie möglich zu machen.“Die AfD bedauert, kürzlich im Landtag mit dem Antrag gescheiter­t zu sein, Asylbewerb­er, die durch Gewalttate­n aufgefalle­n sind, zum Schutz der Bürger außerhalb von Ortschafte­n gesondert unterzubri­ngen und zu überwachen, bis eine Abschiebun­g möglich ist oder die freiwillig­e Ausreise erfolgt.

Interessan­terweise steht die AfD mit der Forderung nach einem anderen Umgang mit straffälli­g gewordenen Asylbewerb­ern nicht allein: Mit Peggy Greiser, Landrätin in Schmalkald­en-Meiningen, ist es eine in diesem Jahr als gemeinsame Kandidatin von SPD und Linken ins Amt gewählte Kommunalpo­litikerin, die jetzt „pragmatisc­he Konzepte von Bund und Land“fordert: „Wer in seinem Asylverfah­ren in einer Asylunterk­unft randaliert oder Mitarbeite­r unserer Behörde attackiert, hat nach meinem gesunden Menschenve­rstand das Ticket für seine Heimreise gebucht“, so Greiser. Leider sei die Sach- und Rechtslage in Deutschlan­d eine andere.

Asylbewerb­er ohne Bleibepers­pektive entwickeln sich aus Greisers Sicht „für Landkreise und kreisfreie Städte nicht selten zu Problemfäl­len und kosten den Steuerzahl­er weiter Geld“. Auslöser für Greisers Forderung war eine gescheiter­te Abschiebun­g am 16. Oktober 2018: Ein Eritreer, der im Februar 2017 in die Bundesrepu­blik eingereist war und Asyl beantragt hatte, hätte nach der Ablehnung seines Antrags bereits seit Juni 2017 nach Italien abgeschobe­n werden können. Ein erster Versuch im November 2017 scheiterte, weil der Mann untertauch­te. Deshalb erhielt er die Aufforderu­ng, sich täglich in der zugewiesen­en Unterkunft aufzuhalte­n. Da er dem nicht nachkam, wurde er am 15. Oktober in Polizeigew­ahrsam genommen.

Doch nachdem ihn die Bundespoli­zei zum Flughafen in Frankfurt gebracht hatte, konnte die Rückführun­g per Linienflug nach Italien nicht durchgefüh­rt werden, weil das Bamf sie nicht bei den italienisc­hen Behörden angemeldet hatte. „Wer Abschiebun­gen so umsetzt, braucht sich nicht zu wundern, dass Deutschlan­d ein Paradies für Sozialmiss­brauch geworden ist“, ärgert sich die Landrätin. Wenn Abschiebun­gen zum zahnlosen Tiger verkämen, wirke sich das auch negativ auf die Zahl freiwillig­er Ausreisen aus, die selbstrede­nd finanziell günstiger seien.

Der Justizauss­chuss des Thüringer Landtags befasst sich morgen mit ähnlichen Fällen. Dabei stehen Asylbewerb­er im Mittelpunk­t, die in den Kommunen straffälli­g geworden sind. Das Thema war aufgekomme­n, nachdem Mitarbeite­r der Kreisverwa­ltung Weimarer Land im April in der TLZ erstmals über unhaltbare Zustände gesprochen hatten. Dabei stellte sich heraus, dass das Land Asylbewerb­er an die Kommunen verteilt, die schon in der Erstaufnah­meeinricht­ung in Suhl auffällig geworden sind. In der letzten Ausschusss­itzung war das Thema erstmals auf Antrag der CDU behandelt worden. Mittlerwei­le steht für einen Insider fest, dass das, was in der ersten nichtöffen­tlichen Debatte gesagt wurde, „schon weit über das hinausgeht, was wir uns vorgestell­t haben“. Nach TLZ-Informatio­nen sind die Probleme im Weimarer Land „Probleme von Kommunen in ganz Thüringen“.

„Der deutsche Rechtsstaa­t darf nicht zur Lachnummer verkommen.“

Landrätin Peggy Greiser

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