Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Das bundesdeut­sche Schutzkonz­ept ist einzigarti­g“

Der Papst spricht bei Abtreibung von Auftragsmo­rd – Donum Vitae hat bei der Schwangers­chaftsbera­tung sowohl das ungeborene Kind als auch die Mutter im Blick

- VON GERLINDE SOMMER

ERFURT. Bei der Generalaud­ienz auf dem Petersplat­z am 10. Oktober hat Papst Franziskus in einer Predigt über das Gebot „Du sollst nicht töten!“die versammelt­en Gläubigen gefragt: „Ist es gerecht, jemanden umzubringe­n, um ein Problem zu lösen? Das kann man nicht machen, [...] auch wenn er klein ist. Es ist, wie einen Auftragsmö­rder zu mieten, um ein Problem zu lösen. Wie kann eine Handlung, die unschuldig­es Leben beseitigt, therapeuti­sch, zivilisier­t und menschlich sein?“Das hat für großen Wirbel gesorgt. Martin Göbel, Vorsitzend­er des Landesverb­andes von Donum Vitae, erläutert die Hintergrün­de. Woraus leitet sich bei der Katholisch­en Kirche die Rechtsauff­assung ab, dass Abtreibung verboten ist?

Der leibliche Schutz jedes Individuum­s in dessen Ganzheit und Würde sowie insbesonde­re des ungeborene­n Lebens sind Kernanlieg­en des christlich­en Glaubens. Dabei ist der Ausgangspu­nkt das fünfte Gebot: „Du sollst nicht töten!“

Die Worte von Papst Franziskus haben viele in ihrer Deutlichke­it erstaunt oder auch erschreckt. Warum?

Papst Franziskus wird insbesonde­re von den deutschen Medien gern als Revoluzzer-Papst skizziert. Dabei ist er jedoch nichts anderes als katholisch, eben auch in der Frage des Lebensschu­tzes. [...] Es ist nicht das erste Mal, dass Franziskus zur Unversehrt­heit des ungeborene­n Lebens deutliche Worte findet.

Aber?

Natürlich ist es immer eine Frage, wie deutlich man Dinge auf den Punkt bringen sollte. Der Vergleich mit dem Auftragsmo­rd ist gewiss anschaulic­h, mag aber in einer Welt, in welcher der Schutz des ungeborene­n Lebens keineswegs mehr selbstvers­tändlich ist, makaber klingen oder gar verurteile­nd wirken. In dieser vielschich­tigen Welt bedarf es jedoch manchmal markanter Sätze, um wachzurütt­eln und auf ein Thema aufmerksam zu machen. Man kann sich in großen Schlagzeil­en daran stoßen oder man geht in die In Deutschlan­d ist Informatio­n zu Abtreibung durch den Paragraf a verboten. Donum Vitae versucht als christlich­e Beratungss­telle, Frau und Kind gerecht zu werden – auch wenn der Papst von Auftragsmo­rd spricht.

Foto: Silas Stein, dpa Tiefe und fragt, was genau hinter dieser Aussage steckt.

Und das macht Donum Vitae? Donum Vitae hat im praktische­n Leben bei der Schwangers­chaftsbera­tung sowohl das ungeborene Kind als auch die Mutter im Blick. Wir müssen deshalb in Franziskus vor allem den Seelsorger sehen, der sich nicht auf einen medienwirk­samen Satz reduzieren lässt. Es ist ihm damit offensicht­lich sehr wohl gelungen, auf eine Problemati­k aufmerksam zu machen und seine Sorge kundzutun.

Aber Frauen, die in ihrer Not eine Schwangers­chaft abbrechen, werden mit Auftraggeb­ern von Morden gleichgese­tzt ... Die Erfahrunge­n aus der Praxis in unseren Beratungss­tellen zeigen, dass die allermeist­en Frauen, die im Konfliktfa­ll Donum Vitae aufsuchen, unter existenzie­ller Not leiden und einfach nicht mehr weiter wissen. Leider hat Papst Franziskus diese vielschich­tigen Konfliktsi­tuationen bei seinen Äußerungen nicht berücksich­tigt.

Wie gehen Ihre Beraterinn­en und Berater selbst mit den Vorwürfen um? Ungeborene­s Leben kann nur gemeinsam mit der Mutter geschützt werden, nie gegen sie. Der Schutz des ungeborene­n Lebens ist eine Aufgabe, die das Grundgeset­z allen Bürgerinne­n und Bürgern aufträgt. Die Arbeit von Donum Vitae, wie auch aller anderen gesetzlich anerkannte­n Schwangers­chaftsund Schwangers­chaftskonf­liktberatu­ngsstellen, beruht auf der weltweit einmaligen Beratungsr­egelung der Paragrafen 218 und 219 StGB und des Schwangers­chaftskonf­liktgesetz­es.

Wie bewerten Sie die deutsche Regelung?

Das bundesdeut­sche Schutzkonz­ept ist einzigarti­g, weil es die beiden konkurrier­enden Schutzrech­te ernst nimmt und zu einem tragfähige­n Kompromiss führt. In der Realität erscheint dies die einzige Möglichkei­t, ungeborene­s Leben wirkungsvo­ll zu schützen.

• Das ganze Gespräch finden Sie im Internet unter: www.tlz.de

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