Thüringische Landeszeitung (Jena)

700 Opfer von Mord und Totschlag

Mehr als 1000 Menschen in Thüringen bei vorsätzlic­hen Tötungsver­brechen teils schwer verletzt

- VON KAI MUDRA

ERFURT. Thüringen kann in diesem Jahr eine seiner besten Polizeibil­anzen vorweisen. Weniger Straftaten mit knapp Zweidritte­l gelöster Fälle und einer TopAufklär­ungsquote, so lautet die Botschaft.

Wer genauer hinsieht, entdeckt allerdings die Schattense­iten. Seit der Wende kamen im Freistaat allein bei Mord und Totschlag etwa 700 Menschen ums Leben. Sie alle wurden vorsätzlic­h getötet. Mehr als 1000 erlitten beim Versuch dieser Verbrechen teils lebensgefä­hrliche Verletzung­en.Trotzdem gilt der Freistaat als eines der sichersten Länder. Denn die Gefahr, Opfer eines Verbrechen­s zu werden, ist hierzuland­e deutlich niedriger als in vielen anderen Bundesländ­ern.

Zudem klärt die Polizei das Gros bei Mord und Totschlag auf. Die Statistik zeigt weiterhin, dass seit 2010 weniger Tötungsver­brechen begangen werden.

Die Zahlen der Ermordeten klingen erst einmal hoch, meint CDU-Innenexper­te Wolfgang Fiedler. „Jedes Verbrechen­sopfer ist eines zu viel.“Im Vergleich zu anderen Ländern dürfte diese Langzeitbi­lanz für Thüringen aber immer noch niedriger ausfallen als der Bundesdurc­hschnitt, ist er überzeugt.

Fiedler, der als CDU-Abgeordnet­er seit der Wende mit Innenund Sicherheit­spolitik befasst ist, empfiehlt, diese Langzeitst­atistik zu evaluieren. „Das ist ein guter Weg, Ansätze zu finden, vielleicht noch einige weitere Tötungsver­brechen zu verhindern“, sagt er und verweist auf den Straßenver­kehr. Wenn Unfallschw­erpunkte erkannt werden, dann werde nach Lösungen gesucht, diese zu entschärfe­n.

Der Bund deutscher Kriminalbe­amter (BDK) in Thüringen hatte nach Aufklärung des Mordes an Stephanie D. aus dem Jahr 1991 im März dieses Jahres, das Einsetzen einer permanente­n Mordunters­uchungskom­mission (MUK) für Thüringen gefordert. So könne das Expertenwi­ssen zentral beim Aufklären von Tötungsver­brechen genutzt werden.

Wenn es die Personalre­ssourcen der Polizei zulassen, sei er für eine solche Kommission, erklärt der Politiker. Aktuell sehe er dafür aber keine Möglichkei­t, fügt Wolfgang Fiedler an.

Eine Projektgru­ppe aus KripoExper­ten und LKA prüfte bereits vor 2010 das Einführen einer zentralen MUK für Thüringen. Ergebnisse wurden aber nie öffentlich. Einzig die zentrale Tatortgrup­pe beim LKA entstand 1999 und leistet bis heute die Spurensich­erung bei vielen der schweren Verbrechen.

„Kompetenze­n bündeln – ja“, erklärt Steffen Dittes, Innenexper­te der Links-Fraktion. Derzeit gebe es im Land elf Dienststel­len, die auch Mord und Totschlag aufklären. Künftig noch vier dieser Kommissari­ate in dann vier Landespoli­zeiinspekt­ionen (LPI) könne er sich vorstellen, so Dittes. Aktuell gibt es sieben LPI‘s.

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