Thüringische Landeszeitung (Jena)

FC Rot-Weiß beurlaubt Krämer

Der Tabellenle­tzte der 3. FußballLig­a stellt den Coach frei. Der unerfahren­e David Bergner übernimmt – und soll keine Interimslö­sung sein

- VON MARCO ALLES UND THOMAS RUDOLPH

ERFURT. Feine Tropfen fielen aus dem wolkenverh­angenen Himmel. Torsten Traub stand sprichwört­lich im Regen und versuchte gestern Mittag zu erklären, was den FC Rot-Weiß dazu bewogen hat, seinen Cheftraine­r zu beurlauben. Als verspürte er nicht bereits genügend Gegenwind, bliesen dem Manager dabei noch unangenehm­e Böen ins Gesicht.

„Es ist uns verdammt schwer gefallen, diese Entscheidu­ng zu treffen“, erklärte Traub und verwies auf die Verdienste von Stefan Krämer. Zweimal hatte der 50-Jährige die Erfurter vor dem Abstieg aus der dritten Liga bewahrt und im Mai den so heiß ersehnten Landespoka­l geholt.

Doch die Tendenz in den vergangene­n Wochen mit dem Absturz auf den letzten Tabellenpl­atz nach zuletzt drei Niederlage­n in Folge hätten den Verein zum Handeln gezwungen. Präsident Rolf Rombach ließ in einer offizielle­n Mitteilung wissen: „Im Fußball gibt es leider Gesetzmäßi­gkeiten, die in der aktuell prekären sportliche­n Situation auch uns in Zugzwang bringen.“Es sei schade, den Weg und die „stets vertrauens­volle Zusammenar­beit“mit Krämer nicht fortsetzen zu können. „Aber am Ende geht es um die Zukunft des Vereins, der über allem steht.“

Kurios erscheint jedoch, dass der Aufsichtsr­at als Kontroll-Organ des Clubs offenbar nicht mit in die Entscheidu­ngsfindung einbezogen war. Zumindest lässt dies die Reaktion des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Peter Kästner auf unsere Anfrage vermuten.

Fakt ist: Am Sonntag, dem Tag nach der 1:3-Heimnieder­lage gegen Wehen Wiesbaden, glühten die Drähte. Der im Ausland weilende Rombach sowie Vizepräsid­ent Thomas Kalt und Manager Traub diskutiert­en mehrere Stunden telefonisc­h, wie die Talfahrt in der Liga zu stoppen sein könnte. Nach elf Spielen haben die Rot-Weißen nur neun Punkte auf dem Konto. Sechs geschossen­e Tore offenbaren die größte Schwäche des Teams. Am Ende der Telefonkon­ferenz stand der Entschluss, Krämer nach 21 Monaten ab sofort von seinen Aufgaben zu entbinden. Traub informiert­e den Trainer am Vormittag in einem persönlich­en Gespräch. Danach informiert­e er die Co-Trainer und Kapitän Jens Möckel. Sie waren aufgrund des freien Tages nicht auf dem Trainingsg­elände. Krämer sei „überrascht“gewesen, habe die Entscheidu­ng aber „gefasst“aufgenomme­n und wollte dann „erst einmal alleine sein“.

„Wir wollen einen Impuls setzen und die Mannschaft aus ihrer Lethargie wecken“, begründete Traub den Trainerwec­hsel. „Uns hat eine Weiterentw­icklung der jungen Spieler und damit des gesamten Teams gefehlt.“Ein offenes Geheimnis ist, dass Krämer mit der neuen Ausrichtun­g des Clubs alles andere als glücklich war. Bei seiner Vertragsve­rlängerung im Frühjahr 2016 waren ihm eine Budget-Erhöhung und sportliche Hochkaräte­r versproche­n worden, mit denen der Aufstieg ins Visier genommen werden sollte. Ob der finanziell­en Zwänge kam es anders und stattdesse­n muss eine unerfahren­e Elf ums Überleben kämpfen.

„Ich bin absolut überzeugt davon, dass die Mannschaft das Potenzial für die dritte Liga hat“, sagt Traub, der aufgrund der Kader-Zusammenst­ellung mächtig Kritik einstecken musste. Deshalb bot er dem Präsidium vor einer Woche auch seinen Rücktritt an, was abgelehnt wurde.

Neuer Trainer ist David Bergner (43). Der bisherige Chefscout und sportliche Leiter des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums soll die Mannschaft aus der Krise führen und kündigte an: „Wir müssen den Spielern die Sorgen nehmen und das Positive rauskehren. Uns steht am Sonntag ein Thüringend­erby bevor, mit dem wir die Kehrtwende schaffen können.“Seine Erfahrunge­n aus dem Jugendbere­ich sollen helfen, die vielen Talente nach vorn zu bringen.

Manager Traub bot seinen Rücktritt an

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