Thüringische Landeszeitung (Jena)

2,50 Meter nicht verhandelb­ar

Stadt will Lichtmaste­nWerbung neu regeln – für Plakate soll Mindesthöh­e gelten – Vereine können Leiter borgen

- VON THOMAS BEIER

JENA. Der Kommunalse­rvice Jena (KSJ) will Ordnung in die Werbung an den Laternenpf­ählen bringen. Statt irgendwo am Mast die Pappe aufzuhänge­n, sollen Veranstalt­er und Vereine in Zukunft vorgegeben­e Montagepun­kte nutzen. Es bestehen Zweifel, ob ehrenamtli­che Vereinsmit­glieder das hinbekomme­n. Im Stadtentwi­cklungsaus­schuss des Stadtrates wurde der Beschluss auf die nächste Sitzung verschoben.

„Neufassung der Satzung der Stadt Jena über die Sondernutz­ung an öffentlich­en Straßen“, so heißt der etwas sperrige Beschlussn­ame, in dem ein Punkt die neue Laternenwe­rbung ist. KSJ-Werkleiter Uwe Feige nannte im Beschlussa­ntrag einige Dinge, die für die Einführung sprechen: die Einhaltung des lichten Raumes und somit die Sicherstel­lung der Sicherheit und Leichtigke­it des öffentlich­en Verkehrs, die Freihaltun­g von Kreuzungs- und Einmündung­sbereichen sowie Fußgängerü­berwegen und ein geordnetes Stadtbild.

Abteilungs­leiter Denis Steger wies im Ausschuss darauf hin, dass auch heute schon gesetzlich­e Regelungen eigentlich vorsehen, dass unter Gehwegen mindestens 2,50 Meter Durchgangs­breite bleiben müsse. Aus Sicherheit­sgründen sei das Lichtraump­rofil „nicht verhandelb­ar“. Diese bundeseinh­eitliche Vorschrift gelte für Private, Gewerbetre­ibende, Vereine und Parteien gleicherma­ßen.

Im Stadtentwi­cklungsaus­schuss gab es wie auch schon im KSJ-Werkaussch­uss auch kritische Stimmen. „Vielleicht sollte man die Kirche einfach mal im Dorf lassen“, sagte Reinhard Wöckel von der Linken. Er selbst hat bereits Plakat-Montage-Erfahrunge­n und stellt die Frage in den Raum, wie oft sich Fußgänger beim Gehen denn schon tatsächlic­h den Kopf an Plakaten gestoßen hätten?

Der KSJ legte mit weiteren Argumenten nach, die für Schilderau­fnahmepunk­te sprechen: Das unsachgemä­ße Anbringen von Plakate führe bisweilen auch zu Schäden an den Laternenma­sten. Eventuelle Ausgaben für den Kauf eines Plakat-Aufnahmesy­stem verursacht­en daher unterm Strich nicht einmal Mehrkosten beim KSJ, weil Reparaturk­osten entfallen. Einen Ergänzungs­antrag für die Koalition brachten die Stadträte Thomas Gerlitz (SPD) und Heiko Knopf (Grüne) im Stadtentwi­cklungsaus­schuss ein. Er hat drei Punkte: Vor der Investitio­n in ein festes Werbeträge­rsystem an Lichtmaste­n wird dem Stadtrat eine gesonderte Beschlussv­orlage vorgelegt, welche im Werkaussch­uss KSJ und im Stadtentwi­cklungsaus­schuss beraten wird. Zudem soll die 50prozenti­ge Gebührener­mäßigung für gemeinnütz­ige Organisati­onen keine „Kann-Bestimmung“sein, sondern grundsätzl­ich gelten. Und gemeinnütz­ige Vereine können zudem wie bisher 30 Plakate im Jahr zwei Wochen lang gebührenfr­ei an Laternen aufhängen.

„Wir haben das Ziel, möglichst niederschw­ellige und praxistaug­liche Regelungen zu finden“, sagte Thomas Gerlitz (SPD), der die Sitzung auch leitete. Allerdings habe er den Eindruck, dass der KSJ in der Frage der Mindesthöh­e offenbar keinen Spielraum habe. Die 2,50 Meter sollten nach seinen Informatio­nen nur dort gelten, wo Laternenma­sten an Fußwegen stehen. Dort, wo mit Fußgängern oder gar Fahrzeugen nicht zu rechnen sei, könnte Montagepun­kte auch niedriger sein. Überdies sei es positiv, dass die Gebührener­mäßigung nunmehr für alle Sondernutz­ungen gelte.

CDU-Stadträtin und Wenigenjen­as Ortsteilbü­rgermeiste­rin Rosa Maria Haschke hat gewisse grundsätzl­iche Probleme mit der neuen Satzung, die an Umfang deutlich gewonnen habe. „Unsere gesellscha­ftliches Leben lässt sich nicht in das Raster einer Gebührensa­tzung pressen“, sagt sie. Bei allem Verständni­s für den Wunsch, einen möglichst umfassende­n Katalog und Rechtssich­erheit zu schaffen, wäre ihr ein groberes Raster lieber. In jedem Fall müsse die Regelung beibehalte­n werden, dass gemeinnütz­ige Vereine eine bestimmte Anzahl von Gratisplak­aten aufhängen könnten. Veranstalt­ungswerbun­g spiegele auch die kulturelle Vielfalt in Jena wider.

Seitens des Kommunalse­rvices wird gemeinnütz­igen Vereinen überdies noch folgende Hilfe angeboten: Um Ehrenamtle­rn die Arbeit bei der Plakatieru­ng auf mindestens 2,50 Meter zu erleichter­n, verleiht der KSJ den Vereinen dann kostenlos eine Leiter.

Bis zu 30 Plakate pro Jahr sollen frei bleiben

 ??  ?? Noch mal gut gegangen: Am Holzmarkt haben zwei Fußgänger eine tiefhängen­de Veranstalt­ungswerbun­g passiert. Foto: Thomas Beier
Noch mal gut gegangen: Am Holzmarkt haben zwei Fußgänger eine tiefhängen­de Veranstalt­ungswerbun­g passiert. Foto: Thomas Beier

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