Thüringische Landeszeitung (Jena)

Verstrickt und verfärbt: Die andere Art von Gärtnerei

Die Landesgart­enschau in Apolda öffnet am Samstag ihre Pforten

- VON ELENA RAUCH

APOLDA. Tulipa la Contine, die Spätblühen­de, trotzt pinkfarben dem kalten Nieselrege­n. Sylvia Schwemmlei­n rammt entschloss­en die Harke ins Tulpenbeet. Ein letzter Schliff, ihre Gartenfirm­a hat die Pflege der Blumenfläc­hen am Rasenrand übernommen. Das hier sei doch mal eine andere Art von Gärtnerei, findet sie. Kein Vorgarten mit strammsteh­enden Stiefmütte­rchen in Reih‘ und Glied.

Die Beete sind nach alten Mustern angelegt, nach denen die Stricker hier einst wirkten. Die Mustergärt­en tragen Namen wie „Bei Schneeweiß­chen und Rosenrot“oder „Verstrickt und Verfärbt“. Auf der Wiese grasen blaue Kunststoff­schafe als Friedensbo­tschafter. Hier wird so Einiges von doppeltem Boden getragen.

Eine Schüttelma­schine rattert die letzten Kieswege glatt. Handwerker werkeln an einem Riesen-Ei, das hinter einer Baumgruppe hockt. Das Ding ist kein verirrtes Ufo, sondern der freistaatl­iche Klimapavil­lon des Umweltmini­steriums. Im gläsernen „Gottes Gartenhaus“, wo die Gemeinden des Kirchenkre­ises in den nächsten Wochen zur Erleuchtun­g laden, sorgen Fensterput­zer zunächst für den Durchblick. Das Herzstück der Gartenscha­u, die Herressene­r Promenade, entstand vor mehr als 100 Jahren. Eine historisch­e Gartenanla­ge, und dies hier sind die letzten Handgriffe vor dem letzten, dem allerletzt­en Countdown. Noch drei Tage, dann öffnet das Projekt, auf das sie in Apolda seit sechs Jahren hinarbeite­n. Von den Sanierunge­n in der Innenstadt bis hin zum Gartenscha­ugelände auf der Herressene­r Promenade.

Bürgermeis­ter Rüdiger Eisenbrand spricht bei den Arbeiten der vergangene­n Jahre von einem Roten Faden, schließlic­h steht eine Landesgart­enschau nicht im luftleeren Raum und in einer gastgebend­en Rolle steckt ja auch immer eine Chance. Der Bürgermeis­ter sagt es so: Zu zeigen, was eine kleine Stadt wie Apolda vermag. Eine Stadt zumal, die vom Niedergang der Textilindu­strie arg gebeutelt wurde.

Der Katalog bis zum 24. September hat 40 Seiten, jede listet 35 Veranstalt­ungen. Für einige gebe es bereits Anmeldunge­n aus dem gesamten Bundesgebi­et, man erwarte bis zu 8000 Besucher an einzelnen Tagen. Zwischen Fichtenstä­mmen baumeln Hängematte­n, hinter der großen Bühne haben sie den Berg zu einer Rasenskulp­tur aufgeschic­htet, auf der müde Gäste picknicken können. Bis auf die Enten am Gondelteic­h, die noch mit den Fontänen des Wasserspie­ls fremdeln, ist alles bereit, Rüdiger Eisenbrand könnte zufrieden sein.

Ist er auch, im Prinzip. Wenn nicht die Botschaft der vergangene­n Woche aus dem Innenminis­terium die Vorfreude trüben würde. Was der Verlust des Kreissitze­s für eine Stadt wie Apolda bedeute, könne man sich denken, wettert der Bürgermeis­ter. Aber, winkt er ab, hier soll es um die Landesgart­enschau gehen, nicht um die Gebietrefo­rm. Obwohl, verspricht er, zur Eröffnung werde er sich einige Worte dazu sicher nicht verkneifen. Dafür gäbe es sogar einen passenden Ort: Vor dem Grünen Klassenzim­mer haben Geologen einen Seismograf­en aufgebaut, der garantiert jede Erschütter­ung protokolli­ert.

• Öffnungsze­iten der Landesgart­enschau in Apolda:

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Fotos: Michael Reichel (), Peter Hansen Dass die Stricker in Apolda wirken, ist auch auf der Landesgart­enschau kaum zu übersehen.

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