Thüringische Landeszeitung (Jena)

Hammerschl­äge auf die Füße

Prozess am Landgerich­t Meiningen wegen Körperverl­etzung, Freiheitsb­eraubung und Nötigung hat begonnen

- VON SASCHA WILLMS

EISENACH. Sie behandelte­n ihn wie ihren Hund, schlugen ihm mit einem Hammer auf die Füße, schoren ihm zum Teil die Haare ab, ließen ihn Popel von ihren Händen lecken – welches Martyrium ein 21-jähriger Gerstunger zwischen Weihnachte­n und Silvester 2015 in einer Eisenacher Wohnung ertragen musste, versucht das Landgerich­t Meiningen seit Mittwoch in einem Strafproze­ss zu klären. Die Anklage lautet auf Freiheitsb­eraubung, Körperverl­etzung und Nötigung.

Der Geschädigt­e, der wegen eines anderen Strafverfa­hrens gerade selbst in Untersuchu­ngshaft sitzt, trat mit seinem Anwalt als Nebenkläge­r auf. Folglich kam er mit zwei der drei Angeklagte­n durch den Häftlingse­ingang in den Gerichtssa­al. Nicht das einzig Bemerkensw­erte des ersten Prozesstag­es, bei dem sich Abgründe auftaten, was sich in der Wohnung der dritten Angeklagte­n, einer Eisenacher­in (41), abspielte. Alkohol und Crystal Meth hatten alle vier intus, als sie sich wahrschein­lich am Abend des 26. Dezember in der Wohnung eines Kumpels in Eisenach trafen.

Wie ein junger Hund sei der Angeklagte dabei im Scherz – das ist noch nicht ganz geklärt – von dem Kumpel zum Hauptangek­lagten weitergere­icht worden. Schon dort habe der ehemalige Kickboxer das Opfer geschlagen. Zu viert sei man dann in die Wohnung der Frau. Dort musste der 21-Jährige stundenlan­g regungslos auf dem Boden sitzen und bekam Schläge, wenn er sich bewegte. Laut Anklage wurde er mit aufgeschni­ttener Unterhose zum Tanzen und Aufwaschen gezwungen. Mit einem Hammer schlug ihm die Frau auf den linken Fuß, der 32 Jahre alte Hauptangek­lagte soll ihm mit einem Gasbrenner beide Hände verbrannt haben.

Hintergrun­d soll ein Gerücht gewesen sein, nachdem der 21Jährige am Tod eines Menschen schuld sei, weil er ihm Badesalz als Crystal Meth verkauft haben soll. Was davon stimmt, ließ sich nach der Anhörung der Angeklagte­n und einiger Zeugen des ersten Abends noch nicht zweifelsfr­ei klären. Allerdings gibt es ein Teilgestän­dnis der Frau, in dem sie zwei Hammerschl­äge eingeräumt hat. Sie hatte den dritten Angeklagte­n außerdem dazu ermutigt, seine Wut am Opfer auszulasse­n.

Der Hauptangek­lagte indes schweigt. Ihm wirft die Staatsanwa­ltschaft außerdem vor, das Opfer in der Vorsilvest­ernacht zu einem versuchten Einbruch in einen Army-Shop in Eisenach gezwungen zu haben. Auf einem Handy-Video des Angeklagte­n identifizi­erte ihn ein Polizist später an seiner Stimme: „Mach Alter, nu mach schon!“Der Prozess geht im September weiter.

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Foto: Sascha Willms Die drei Angeklagte­n und einer ihrer Verteidige­r im Gerichtssa­al.

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