Thüringische Landeszeitung (Gotha)
„Der Thüringen-Tag 2025 wird ein Gothardusfest XXXL“
Kultourstadt-Chef Enrico Heß zieht Zwischenbilanz. Rückblick auf einjährige Amtszeit und Ausblick auf Kommendes
Gotha. Enrico Heß leitet seit einem Jahre die Kultourstadt Gotha. Im Gespräch reflektiert er die zurückliegenden Monate und gibt einen Vorgeschmack auf Kommendes.
Sie haben dem Stadtrat für das vergangene Jahr deutlich gestiegene Umsätze und höhere Besucherzahlen vorgelegt. Worauf führen Sie diese Zuwächse zurück?
Das ist eine Mischung vieler Belange und Ergebnis langjähriger Arbeit. Die Kombination von Gotha-adeltLaden und Tourismus-Information zahlt sich aus. Sie verbindet sich mit einem einheitlichen Konzept: Gotha adelt. Wir bilden damit verschiedene Dienstleistungen ab, die sich gegenseitig befruchten. Mit der Schließung des Shops der FunkeMedien-Gruppe in der Marktstraße haben wir diese Services zum großen Teil übernommen. Nach meinem Kenntnisstand sind wir die zweitgrößte Ticket-Vorverkaufsstelle in Thüringen geworden.
Mit der Verlagerung der Servicestelle ins Kunstforum „Hannah Höch“in die Querstraße profitiert das folglich auch davon.
Wir stellen uns breiter auf. Am Hauptmarkt konzentrieren wir touristische Angebote, den Zeitungsservice im Kunstforum. Ich denke gerne Dinge vom Ende her. Wir möchten damit einmal Warteschlangen im Gotha-adelt-Laden vermeiden. Da wir das Kunstforum betreiben und mit Gabi Wuchold eine Kollegin haben, die das Wissen und die Fähigkeiten mitbringt, biete es sich an, das zu nutzen und zusammenzubringen.
Woraus lesen Sie den Anstieg bei den Touristen ab?
Aus den Zuwächsen bei Stadtführungen. Vergangenes Jahr waren es mehr als 25.000 Teilnehmer. Das sind mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Das spricht dafür, dass Tagestouristen dieses Angebot sehr gut annahmen.
Wie viele Stadtführer gibt es momentan?
Etwa 30. Im neuen Kurs der Volkshochschule werden jetzt etwa 20
neu ausgebildet. Wir haben auch Ideen, die Stadtführungen mit neuen Angeboten weiterzuentwickeln.
Zu den neuen Projekten des Gothaer Kulturbetriebs zählt die für diesen Sommer angekündigte Comedy-Reihe „Rendezvous am Marabu“. Wie kam es dazu?
Die Idee ist hier im Haus geboren, ebenso das Format „Lebhaft im Theatercafé“. Wir haben das große Glück, auf Kollegen zurückgreifen zu können, die solche kulturellen Formate entwickeln, die sehr gut vernetzt sind, die nachjustieren, bis es sehr gut funktioniert. Wir wollen für die Gothaer, für die Menschen im Umland und Besucher touristisch relevante Angebote weiterentwickeln.
Als Touristiker, der ich seit 30 Jahren bin, wünsche ich mir, dass Gotha eine noch größere Bekanntheit und Akzeptanz als Reiseziel bekommt.
Damit treten Sie bei Oberbürgermeister Kreuch offene Türen ein.
Das Potenzial ist da. Wir haben ein wunderschönes Stadtbild und eine Aufenthaltsqualität zum Wohlfühlen. Außerdem liegt Gotha strategisch günstig. Es ist für Kurzurlaube der perfekte Standort, nicht nur wegen der Nähe zur Autobahn oder des ICE-Halts. Hier lassen sich Kulturund Tourismusangebote wahrnehmen, aber auch sehr bequem Oberhof, die Wartburg, Erfurt, Weimar oder der Hainich erreichen.
Wie lang ist die Verweildauer?
Für 2023 liegen keine statistischen Zahlen vor. Zuletzt waren es 2,3 Tage. Da ist noch Luft nach oben. Zu berücksichtigen ist, dass das Landesamt nur die Übernachtungszahlen von Betrieben mit zehn und mehr Betten ausweist und wir nicht genau sagen können, wie hoch die Auslastung in der Gesamtheit ist, was Geschäftsreisen sind oder touristisch relevant ist.
Seit Beginn dieses Jahres gibt es im Gothaer Tierpark, der zur Kultourstadt gehört, ein neues Leitungsduo. Ist das eine dauerhafte Lösung?
Das hoffe ich sehr. Für mich als Gothaer ist der Tierpark wie das Kulturhaus eine Zeitreise in die eigene
Kindheit. Mit rund 100.000 Besuchern im Jahr besitzt der Tierpark hohe Relevanz. Führungswechsel wie in den letzten Jahren sind dem nicht zuträglich. Wer jetzt in den Tierpark geht, muss meiner Meinung nach entdecken, dass sich was zum Positiven bewegt.
Gespräche mit Mitarbeitern zeigen, dass uns mit dem neuen Leitungsduo ein Glücksgriff gelungen ist. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, wird sich der Tierpark zum Positiven weiterentwickeln. Weder als Geschäftsführer noch als Tierparkleitung ist man Einzelkämpfer, sondern immer auf die Mannschaft angewiesen. Kultur und Tourismus wollen Menschen berühren. Entscheidend für Erfolg oder Misserfolg ist, ob die Mitarbeiter sich mit Leidenschaft einbringen.
Nächste Baustelle ist das Kulturhaus. Die Stadt will einen behindertengerechten Zugang bauen und den eisernen Vorhang erneuern lassen. Wie ist es um die Auslastung des Hauses bestellt?
Mit der Entwicklung bin ich grundsätzlich zufrieden, auch was die Stadthalle betrifft. Neben der Vermarktung müssen wir auch bei der Gestaltung beider Häuser mit eingreifen, um zu sehen, welche Kulturangebote wollen wir in Gotha haben. Als Kultourstadt wollen wir auch das kulturelle Profil und den Standort Gotha entwickeln. Dafür ist das „Lebhaft im Theatercafé“ein Beispiel. Oder wenn wir Heinz Rudolf Kunze im Herbst nach Gotha holen. Dazu tragen auch Unternehmen der Stadt bei, um das umsetzen zu können.
Sie sind vor einem Jahr in Gotha mit zwei Großveranstaltungen gestartet, mit Gothardusfest und anschließend der Europeade. Nun steht wieder das Gothardusfest an. Welche Herausforderungen verbinden sich damit?
Es kostet, die letzten Jahre über den Daumen gepeilt, einen Euro pro Besucher. Im Schnitt sind es um die 100.000. Mich beruhigt sehr, dass ein über Jahre eingespieltes Team ein Stadtfest solcher Güte und Größe umsetzt. Unsere Leute, Security, Sanitäter, Feuerwehr und Polizei arbeiten wie ein Uhrwerk.
Alles wird teurer, auch Veranstaltungen. Wie gehen Sie damit um?
Indem wir auf Firmen zugehen, um Unterstützung bitten. Diese werden wir zum Thüringen-Tag, der 2025 in Gotha ausgerichtet wird – ein Gothardusfest XXXL – , noch mehr brauchen und bekommen sie auch.
Die Kultourstadt schreibt keine roten Zahlen?
Abgerechnet wird immer zum Schluss. Stand jetzt gehe ich beim Gothardusfest 2024 davon aus, dass ich weiterhin sagen kann: Es kostet einen Euro pro Besucher. Für ein Stadtfest dieses Umfangs finde ich das vertretbar.
Auf welche Stars können sich Besucher jetzt schon freuen?
Dazu zählen sicherlich Marquess und Eloy de Jong. Ich will nicht zu viel verraten. Gothaer und Besucher werden ein Gothardusfest erleben, das dem von 2023 nicht nachsteht.
Wie steht es um die Vorbereitungen des Thüringentags?
Das Jahr 2025 wird für die Kultourstadt eine gewaltige Herausforderung. Zum Jubiläum 1250 Jahre Gotha stehen außer Thüringentag am ersten Maiwochenende auch Osterspaziergang oder Festumzug am 25. Oktober an. Neben weiteren Veranstaltungen werden wir all das mit dem gleichen Team vorbereiten. Seit einigen Monaten gibt es für den Thüringentag einen Arbeitsstab mit der Staatskanzlei.
Was ließe sich noch ausbauen?
Mit Thüringen-Philharmonie und Stiftung Schloss Friedenstein wollen wir noch mehr eigene Initiativen entwickeln, damit Gotha als kulturelles und touristisches Reiseziel noch stärker wahrgenommen wird. Dazu hat es erst vor wenigen Tagen ein Gespräch mit Intendantin Michaela Barchevitch, Stiftungsdirektor Tobias Pfeifer-Helke und mir gegeben. Es ist eines von vielen, welches ich mit den Partnern in den letzten zwölf Monaten führte. Und es ist vereinbart, dass wir Gotha gemeinsam viel stärker in den Quellmärkten als Kulturreiseziel positionieren und vermarkten wollen.