Thüringische Landeszeitung (Gotha)
Unabhängig
Rechnungshofchef liest allen die Leviten
Als Rechnungshofpräsident Sebastian Dette 2010 ins Amt gewählt wurde, waren die Erwartungen ungefähr genauso so groß wie die Vorbehalte. Die einen, die seit etwa zwei Jahrzehnten regierenden Christdemokraten, freuten sich, erneut einen der ihren auf den wichtigen Chefposten gehievt zu haben. Die anderen, Linke, SPD und Grüne, vermuteten jedoch, dass der nette Herr Dette durch seine CDUMitgliedschaft seinen Prüfauftrag nur voreingenommen wahrnehmen werde.
Inzwischen hat der Volljurist bewiesen, dass sich beide Seiten gewaltig getäuscht haben. Dette hat zwar eine konservative Überzeugung, aber sein Amt führt er trotz Parteibuch so überparteilich aus wie kaum einer seiner Vorgänger. Er las und liest den Unionschristen in gleichem Umfang die Leviten wie allen anderen auch.
Die jeweiligen Regierungen durften bislang vor allem auf eines vertrauen: Dette hat sich seine Unabhängigkeit bewahrt. Auf der einen Seite bemängelt er die zu lasche Konsolidierung der Landesfinanzen durch die rotrotgrüne Koalition, auf der anderen rügt er aber genauso laut die Verweigerung der Union bei der Gebietsreform.
All das funktioniert auch deshalb, weil Dette von einem querdenkenden Kollegium und jeder Menge anderer bestens qualifizierter Mitarbeiter profitiert. Eine solch kritische Umgebung hilft dabei, dass ein Chef, der bisweilen zu Wortgirlanden neigt, das Ziel nicht aus den Augen verliert.
Angesichts einer Steuergeldverschwendung von mindestens 60 Millionen Euro, wie sie der aktuelle Jahresbericht auflistet, ist die Aufgabe der obersten Rechnungsprüfer so wichtig wie eh und je.