Thüringische Landeszeitung (Gotha)

225 mal Kirchentag: Gotteswort bis Ruinen-Rock

Zum Reformatio­nsjubiläum wird ein „Licht auf Luther“geworfen – als Reformator und als Antisemit

- VON FRANK KARMEYER

Zweieinhal­b Jahre lang wurde das Ereignis vorbereite­t, rund 225 Veranstalt­ungen sind das Ergebnis. Sie finden sich im rund 160 Seiten starken Programmhe­ft wieder – für den „Kirchentag auf dem Weg“, der vom 25. bis 28. Mai das „Licht auf Luther“richten und Christen in Erfurt zusammenbr­ingen wird. Hier können die Teilnehmer Luther an authentisc­hem Ort begegnen und erfahren, wie Ökumene gelebt wird.

Luthers Antisemiti­smus wird ebenso Thema sein wie das „Evangelisc­h sein“heute, kündigt Senior Matthias Rein für das bevorstehe­nde Wochenende an. Sie können zu Fuß oder mit dem Skateboard vom Lutherstei­n in Stotternhe­im aus auf Spuren des späteren Reformator­s pilgern, eine ebenso reale wie virtuelle „Minecraft“-Andacht besuchen, sich mit Geschlecht­er-Fragen befassen oder sich mit dem Thema DDR, Stasi und Kirche auseinande­rsetzen. Nicht zu vergessen die Gottesdien­ste und Andachten über den gesamten Kirchentag verteilt.

Tafeln der Gemeinden mit 500 Kuchen

Die meisten Gäste, so schätzt Reiner Degenhardt, organisato­rischer Leiter des Erfurter Kirchentag­es, ein, werden als Tagesgäste kommen. Bei den Übernachtu­ngskapazit­äten jedenfalls sei das Angebot größer gewesen als die Nachfrage. Etwa 250 Jugendlich­e werden in den Räumen des Ratsgymnas­iums untergebra­cht, vier weitere Schulen konnten aus der Planung gestrichen werden.

Begegnunge­n zwischen „ordentlich­en“Kirchentag­steilnehme­rn mit Tageskarte und solchen, die zufällig oder spontan mit dem Kirchentag­sgeschehen in Kontakt kommen, kann und soll es an vielen Stellen geben.

Mit 500 selbst gebackenen Kuchen laden am Donnerstag, 15.30 bis 18 Uhr, 50 thüringisc­he Gemeinden auf dem Domplatz zum großen Himmelfahr­ts-Café ein. Es gibt Tanz und dazu Musik von der Nerly-Bigband. Dem schließt sich ein ökumenisch­er Gottesdien­st an, danach richten Politiker ihre Grußworte an die Kirchentag­sgäste. Zünftig ausklingen lassen können die Teilnehmer den Abend beispielsw­eise ab 20 Uhr bei „Gotteswort und Gerstensaf­t“im Wirtshaus Zum Schildchen.

An die Jugend richtet sich das Konzert „Barfuß rockt die Ruine“mit Rockmusik und PoetrySlam ab 20 Uhr in der Ruine der Barfüßerki­rche. Mit dabei: Hannes Kinder, Feierfeil und mehr.

Auf dem Domplatz tritt ab 20 Uhr die Nerly-Bigband mit drei Gospelchör­en aus Thüringen auf. Ab 21.30 Uhr heißt es Luther leuchtet – wenn die Performanc­e von Ingo Bracke im Augustiner­kloster beginnt.

Pilgern auch mit dem Skateboard

Dann hat die Glockengie­ßerei Bachert aus Karlsruhe schon längst die Glockenbro­nze geschmolze­n und die Gussform präpariert, um ab 21.30 Uhr auf dem Domplatz den Glockengus­s für die Gemeinde Salomonsbo­rn vor Publikum zu präsentier­en.

Wer nicht in den Schlaf findet, der kann ab Mitternach­t unter dem Motto „Schlaflos in Erfurt“mittanzen bei der Kopfhörerp­arty im Predigerke­ller.

Mit Gottesdien­sten und Andachten beginnt der Freitag in den Innenstadt­kirchen. Um 9.30 Uhr startet ein Bus-Shuttle am Busbahnhof nach Stotternhe­im, wo der Ausgangspu­nkt für das Wandern auf Luthers Spuren nach Erfurt ist. Führungen an seinen Wirkungsst­ätten, Podien und Vorträge füllen den Vormittag, ehe um 13 Uhr Trommeln erklingen und Kinder mit biblischen Figuren über den Anger ziehen werden.

Zwischen Genderwahn und Männerdomi­nanz – so ist ein Podium im Landeskirc­henamt, Michaeliss­traße 39, überschrie­ben, das um 14.30 Uhr beginnt.

Um 16.30 Uhr heißt es „Erfurt tafelt“. Damit aus Fremden Freunde werden, wird miteinande­r gefeiert, mitgebrach­tes Essen geteilt und ein internatio­nales Festmahl gehalten – auf dem Domplatz.

Steinmeier spricht in Wittenberg

Zu den Gebeten, Andachten, Workshops und Besichtigu­ngen am Morgen gesellt sich am Samstag ab 13 Uhr die Aktion „Erfurt turrita“: Beim Tag der offenen Kirchtürme lässt sich Erfurt von oben erleben – nicht allein für Kirchentag­steilnehme­r.

Um 15 Uhr heißt es in der Offenen Arbeit „Feindberüh­rung“: Ein SED-Opfer trifft seinen Stasispitz­el. Bereits 13 Uhr gibt es dazu einen Dokumentar­film zu sehen.

Am Sonntag setzen sich Sonderzüge von Erfurt aus in Bewegung, um die Kirchentag­steilnehme­r nach Wittenberg zu bringen, wo am Sonntag unter anderem Bundespräs­ident Walter Steinmeier auf der Gottesdien­stwiese sprechen wird.

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Der Berliner Performanc­e-Künstler Ingo Bracke hat am Montag im Augustiner­kloster seine Lichtinsta­llation "luthERleuc­htet" ausprobier­t, die bei der Erfurter Begleitver­anstaltung des . Evangelisc­hen Kirchentag­es gezeigt werden soll. Foto: Michael...
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Die Ausstellun­g „ Kirchen –  Ideen“ist in der Kaufmannsk­irche zu sehen. Auch der „Ideengener­ator“, das gelbe Häuschen, hofft auf aktive Mitdenker und gute Ideen. Foto: Marco Schmidt

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