Thüringische Landeszeitung (Gera)
Kniefall der Solidarität
Protest-Fußballer setzen Zeichen gegen Rassismus – obwohl es den Regeln widerspricht
Sie brachen bewusst die Regeln – und taten damit genau das Richtige: Nach ihrem Ruf gegen Rassismus und Polizeigewalt erhielten Weston McKennie, Jadon Sancho und die anderen Protest-Fußballer (fast) ausnahmslos Zuspruch – in der Bundesliga und über Grenzen hinweg. „Wenn man sich öffentlich gegen Rassismus stellt“, lobte Borussia Mönchengladbachs Trainer Marco Rose, „dann ist das schwer in Ordnung“.
Sein Stürmer Marcus Thuram hatte mit einem Kniefall ebenfalls Solidarität demonstriert, dies jedoch etwas verborgener als die Kollegen getan. Schalkes McKennie sowie die Dortmunder Sancho und Achraf Hakimi trugen ihre unmissverständliche Forderung schließlich am Arm und auf der Brust: „Justice for George!“war da zu lesen, also Gerechtigkeit für den durch polizeiliche Gewalt verstorbenen USBürger George Floyd.
„Ich würde mir wünschen, dass die Spieler häufiger solche Verantwortung übernehmen. Denn wir alle wissen, was für eine Wirkung sie haben“, sagte Bayern Münchens Vorstandsmitglied Oliver Kahn. Und wie recht er doch hatte: In England, Spanien oder Frankreich titelten die Medien mit großen Lettern und bunten Bildern von den Aktionen. Aber auch in Japan, Nigeria, Indien oder Australien – und natürlich in den USA.
Doch war es ausgerechnet der Fußball-Weltverband Fifa, der eine klare Positionierung vermied, obwohl er eigenen Angaben zufolge doch unermüdlich gegen Rassismus kämpft. Bei einem Tweet über die besten Scorer in Europas Top-Ligen tauschte die Fifa das Bild mit Sanchos Botschaft kurz nach der Veröffentlichung durch ein neutrales aus.
Vermutlich auch deshalb, weil die Aktionen eigentlich gegen das Regelwerk verstoßen. Die Ausrüstung oder die Unterwäsche der Spieler dürfen schließlich „keine politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Botschaften oder Bilder aufweisen“. Auch Botschaften „mit Bezug auf jegliche lebende oder verstorbene Person“sind unzulässig. Anton Nachreiner, der Vorsitzende des DFB-Kontrollausschusses, teilte daher bereits mit, „sich im Laufe der nächsten Tage dieser Angelegenheit annehmen und den Sachverhalt prüfen“zu wollen.
„Natürlich ist das eine Situation, die nicht erlaubt ist“, sagte Kahn: „Trotzdem denke ich, die Spieler sollten ruhig mündig sein. Sie sollten ihre Meinungen zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Themen auch kundtun.“Die TSG Hoffenheim
machte dies sofort mit einem Twitter-Beitrag, die Vereine der betroffenen Spieler unterstützten die Aktionen sowieso. „Zu einhundert Prozent“, sagte Schalkes Sportchef Jochen Schneider bezüglich der Armbinde von McKennie. Die Gladbacher bezeichneten Thurams Kniefall als „besonderen Moment im Borussia-Park“. Wohl wahr.