Thüringische Landeszeitung (Gera)
Diese Versicherungen braucht kein Mensch
Zu teuer bei wenig Leistung: Bestimmte Verträge sind schlicht überflüssig. Diese Policen streicht man lieber
Was ist, wenn das neu gekaufte Smartphone auf den Boden fällt und zersplittert? Oder sich jemand auf die schicke neue Designerbrille setzt? Wenn Kunden mit ihrem neuen glänzenden Kauf im Laden stehen und nur lange genug über solche Fragen nachdenken, schließen sie lieber eine Versicherung ab. Verkäufer wissen das. Deshalb fragt der Verkäufer im Elektromarkt stets nach der Garantieverlängerung, deshalb gibt es unter jeder Flugbuchung ein Häkchen für die Reiseversicherung. Doch solche Versicherungen lohnen sich nicht.
Auch Versicherungsvertreter kennen die Ängste ihrer Kunden. Was ist, wenn das Kind einen schweren Unfall hat? Und schon wieder schließt ein Kunde eine Kinderunfallversicherung ab. Deshalb haben viele Verbraucher Verträge im Aktenordner, für die sie Monat für Monat zahlen. Die sie aber streng genommen nicht brauchen. Oder die zu teuer sind für das, was sie leisten.
Mit den folgenden Regeln kann jeder Verbraucher seinen Ordner einmal gründlich ausmisten:
Die Grundregel
Sinnvoll sind nur solche Versicherungen, die einen bei außergewöhnlichen und großen Schäden schützen. Schäden, die einen finanziell überfordern würden (Berufsunfähigkeit, Krankheit, Haftung nach Unfällen). Deshalb muss jeder eine Auto- und eine Krankenversicherung haben.
Eine Haftpflicht sollte auch jeder besitzen. Weil die aber nicht Pflicht ist, hat jeder siebte keine. Wer andere bei einem Unfall zum Beispiel verletzt, kann schnell vor immensen Schadenersatzforderungen stehen: etwa weil man aus Versehen einen Blumentopf vom Balkon schubst, der jemanden trifft.
Der Verlust eines Handys oder einer gebuchten Reise lässt sich hingegen verkraften. Verbraucher sollten einfach mal überschlagen, was es kostet, dauerhaft diese Versicherung
zu zahlen. Und dabei nicht überschätzen, was sie im Fall der Fälle ausgezahlt bekommen. Beim Smartphone ist es häufig nur der Gebrauchtwert. In vielen Situationen gibt es außerdem oft Streit mit der Versicherung, ob diese überhaupt zahlt – etwa bei Diebstahl des Handys oder bei Reiserücktritt in Zusammenhang mit Krankheiten wie Diabetes oder Herzproblemen.
Was niemand braucht
Es gibt eine Hochzeitsrücktrittskosten-Versicherung. Oder eine für häusliche Notfälle, falls man sich ohne Schlüssel aussperrt. Beides ist Quatsch. Häufig wird zum Beispiel auch eine Sterbegeldversicherung angepriesen mit dem Hinweis: „Sie wollen Ihren Kindern doch nicht zur Last fallen?!“Bei dieser verkappten Lebensversicherung haben Verbraucher hohe Kosten und wenig Ertrag. Besser wäre es, das Geld direkt zu sparen, zum Beispiel auf einem Konto mit Sperrvermerk. Direkt sparen ist auch besser als eine Ausbildungsversicherung für Kinder oder Enkel.
„Versicherungen für Handys und Brillen sind oft teuer und schließen viele Schäden aus.“
Bei Krediten für Konsum oder das neue Auto wird gern eine Kreditversicherung mit angeboten. Die soll zahlen, falls der Kreditnehmer das nicht mehr kann. Das Problem: Sie springt viel zu selten ein – und ist in der Regel immens überteuert.
Handy-Versicherungen sind oft teuer und schließen viele Schäden aus. Handy-Reparaturen kosten auch nicht unbedingt die Welt: Oft genügt ein Display-Tausch – dafür fallen bei einfachen Mobiltelefonen selten mehr als 100 Euro an. Ähnliches gilt für Brillenversicherungen.
Auf Reisen braucht es nur eine Police
Fast jeder sorgt sich auf Reisen um sein Gepäck. Besonders im Flugzeug und im Zug. Also warum nicht eine Reisegepäckversicherung abschließen? Bloß nicht! Denn erstens beruft sich der Versicherer bei Diebstahl oft auf grobe Fahrlässigkeit und zahlt nur bei Einbruch oder Raub. Zudem versichert gegen Letzteres auch eine gute Hausratversicherung. Auch eine Reiserücktrittsversicherung ist meistens nicht zu empfehlen (siehe Kasten).
Wichtig auf Reisen ist vor allem die Auslandsreisekrankenversicherung. Denn die schützt für wenig Geld vor großen Risiken. In einigen Ländern zahlt zwar im Prinzip die eigene Krankenkasse. Dazu gehören die EU-Länder, Norwegen, Island und alle Staaten, mit denen es Sozialversicherungsabkommen gibt. Aber es gibt viele Situationen, in denen die Kasse doch nicht für alles aufkommt – und Urlauber plötzlich vor immensen Kosten stehen.
Die Sache mit den Unfällen
Bei der Unfallversicherung fließen nur 60 Prozent der Beiträge wieder zurück an die Versicherten, die Schäden hatten. Viele, die sie abschließen, haben eine falsche Vorstellung davon, wann die Versicherung einspringt. Sie zahlt nur, wenn der Versicherte durch einen Unfall bleibende Schäden davonträgt.
Außerdem entsteht nur jede fünfzigste schwere Behinderung durch einen Unfall, viel häufiger ist eine Krankheit die Ursache. Wer sich gegen solche Risiken absichern will, sollte lieber eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen.
Ein weiteres Beispiel für eine ziemlich überflüssige Versicherung ist die Insassenunfallversicherung. Bei Autounfällen greift nämlich entweder die Autohaftpflicht des Fahrers, falls sich die Mitfahrer verletzen – oder die des Unfallgegners. Einzige Ausnahme: Der Fahrer verletzt sich und ist selbst schuld.
Dieser Beitrag erscheint in einer Kooperation mit finanztip.de. Der VerbraucherRatgeber ist Teil der Finanztip Stiftung.