Thüringische Landeszeitung (Gera)
Vom Leben
Schon die Musiker von Pink Floyd fühlten sich auf Formentera wohl. Bis heute erfüllen entspannte Gitarrensounds die Luft der kleinen Insel südlich von Ibiza
s ist die Platja de Migjorn, die man in Ekkis E-Gitarren heraushört. Diesen feinen Strand aus Muschelgries, diese Salzkristalle, die krustig an rostroten Felsen haften, und das Laub der Seegraswiesen, das in der Brandung tanzt. „Doch“, sagt Ekki, „der Formentera-Sound steckt in jedem Stück.“Keines seiner Instrumente wird lackiert, bevor es nicht das weiche Salzwasser der Balearen gekostet hat, und stets findet die Taufe an der Platja de Migjorn statt: „Ohne ein bisschen Inselzauber geht hier nichts.“
Dem Zauber Formenteras ist er selbst vor über 25 Jahren erlegen. Das Leben, sagt er, habe ihn hierhergespült: Ekki Hoffmann, eigentlich Elektroinstallateur aus Bremen, jetzt Instrumentenbauer auf der zweitkleinsten bewohnten Baleareninsel. Diese sei ein guter Ort für E-Gitarren, versichert er. „Formentera ist immer ein bisschen aus der Zeit. Kein House, kein Techno, hier ist noch Rock und Blues zu Hause, Gitarrenmusik eben.“Ekki zeigt auch anderen, wie man sein eigenes Instrument baut. Es sind Profis und Amateure gleichermaßen, die meist drei Wochen auf die Insel kommen, um an einem Workshop teilzunehmen. Die Maschinen in Ekkis Werkstatt sind aus der alten Heimat und das Holz aus aller Welt – so wie seine illustre Gästeschar. Gianna Nannini war schon hier und natürlich kennt auch David Gilmour Ekkis Laden. An Pink Floyd kommt man auf Formentera ohnehin nur schwer vorbei. In der Fonda Pepe, unweit von Ekkis Werkstatt in Sant Ferran, haben Gilmour und seine Kollegen das ein oder andere San Miguel getrunken, und in La Mola, so heißt es, schrieben sie den Soundtrack für den 60er-Jahre-Film „More“. Keine schlechte Umgebung für sphärische Klänge: La Mola, das ist eine struppige Hochebene, die nach Thymian und Wacholder riecht, mit einem Leuchtturm, da wo die Welt zu Ende zu sein scheint. Fast 200 Meter fällt die Küste in die Tiefe ab. Es heißt, früher hätten sich ein paar Hippies im LSD-Rausch hier hinabgestürzt.
Wer mit dem Establishment nicht so richtig konnte, war auf Formentera stets am rechten Fleck. Ein flacher Felsen, 19 Kilometer lang, der sich neben Ibiza ins Meer duckt, leicht zu übersehen und nicht einfach zu erreichen. Die Mittelmeerpiraten versteckten ihre Schätze hier, entflohene Häftlinge sich selbst. In den 1960er-Jahren kamen junge Amerikaner, die ihren Dienst im Vietnamkrieg verweigerten, und eben jene Hippies, die hier hängen blieben.
„Die Insel“, sagt Enric Majoral, „war eine Jungfrau damals. Kein Strom, kein Telefon und keine Post. Nur Ziegen und ein paar Kaktusfeigen.“Er kam 1972 mit einem Schiff aus Barcelona hierher, die Haare noch schulterlang und nicht so grau wie heute. Aus allem, was ihm die Insel bot, machte Enric Majoral damals Schmuck: aus den Muscheln und den ausgebleichten Sepiaschalen an der Platja de Tramuntana, den Pinienzapfen aus den Dünenwäldchen hinter den Salinen oder den Steinen an den Felsenküsten, ausgewaschen von der Brandung zu einem porösen Schwamm in anthrazit. „Früher haben wir getauscht“, sagt er, „ein Paar Ohrringe gegen eine Kiste Feigen.“
Heute sind ein Paar Ohrringe von Majoral schon mal einen ganzen Monatslohn wert. Doch sein Geld verdient er ohnehin