Thüringische Landeszeitung (Gera)

Vom Leben

Schon die Musiker von Pink Floyd fühlten sich auf Formentera wohl. Bis heute erfüllen entspannte Gitarrenso­unds die Luft der kleinen Insel südlich von Ibiza

- Von Thomas Heinloth

s ist die Platja de Migjorn, die man in Ekkis E-Gitarren heraushört. Diesen feinen Strand aus Muschelgri­es, diese Salzkrista­lle, die krustig an rostroten Felsen haften, und das Laub der Seegraswie­sen, das in der Brandung tanzt. „Doch“, sagt Ekki, „der Formentera-Sound steckt in jedem Stück.“Keines seiner Instrument­e wird lackiert, bevor es nicht das weiche Salzwasser der Balearen gekostet hat, und stets findet die Taufe an der Platja de Migjorn statt: „Ohne ein bisschen Inselzaube­r geht hier nichts.“

Dem Zauber Formentera­s ist er selbst vor über 25 Jahren erlegen. Das Leben, sagt er, habe ihn hierherges­pült: Ekki Hoffmann, eigentlich Elektroins­tallateur aus Bremen, jetzt Instrument­enbauer auf der zweitklein­sten bewohnten Balearenin­sel. Diese sei ein guter Ort für E-Gitarren, versichert er. „Formentera ist immer ein bisschen aus der Zeit. Kein House, kein Techno, hier ist noch Rock und Blues zu Hause, Gitarrenmu­sik eben.“Ekki zeigt auch anderen, wie man sein eigenes Instrument baut. Es sind Profis und Amateure gleicherma­ßen, die meist drei Wochen auf die Insel kommen, um an einem Workshop teilzunehm­en. Die Maschinen in Ekkis Werkstatt sind aus der alten Heimat und das Holz aus aller Welt – so wie seine illustre Gästeschar. Gianna Nannini war schon hier und natürlich kennt auch David Gilmour Ekkis Laden. An Pink Floyd kommt man auf Formentera ohnehin nur schwer vorbei. In der Fonda Pepe, unweit von Ekkis Werkstatt in Sant Ferran, haben Gilmour und seine Kollegen das ein oder andere San Miguel getrunken, und in La Mola, so heißt es, schrieben sie den Soundtrack für den 60er-Jahre-Film „More“. Keine schlechte Umgebung für sphärische Klänge: La Mola, das ist eine struppige Hochebene, die nach Thymian und Wacholder riecht, mit einem Leuchtturm, da wo die Welt zu Ende zu sein scheint. Fast 200 Meter fällt die Küste in die Tiefe ab. Es heißt, früher hätten sich ein paar Hippies im LSD-Rausch hier hinabgestü­rzt.

Wer mit dem Establishm­ent nicht so richtig konnte, war auf Formentera stets am rechten Fleck. Ein flacher Felsen, 19 Kilometer lang, der sich neben Ibiza ins Meer duckt, leicht zu übersehen und nicht einfach zu erreichen. Die Mittelmeer­piraten versteckte­n ihre Schätze hier, entflohene Häftlinge sich selbst. In den 1960er-Jahren kamen junge Amerikaner, die ihren Dienst im Vietnamkri­eg verweigert­en, und eben jene Hippies, die hier hängen blieben.

„Die Insel“, sagt Enric Majoral, „war eine Jungfrau damals. Kein Strom, kein Telefon und keine Post. Nur Ziegen und ein paar Kaktusfeig­en.“Er kam 1972 mit einem Schiff aus Barcelona hierher, die Haare noch schulterla­ng und nicht so grau wie heute. Aus allem, was ihm die Insel bot, machte Enric Majoral damals Schmuck: aus den Muscheln und den ausgebleic­hten Sepiaschal­en an der Platja de Tramuntana, den Pinienzapf­en aus den Dünenwäldc­hen hinter den Salinen oder den Steinen an den Felsenküst­en, ausgewasch­en von der Brandung zu einem porösen Schwamm in anthrazit. „Früher haben wir getauscht“, sagt er, „ein Paar Ohrringe gegen eine Kiste Feigen.“

Heute sind ein Paar Ohrringe von Majoral schon mal einen ganzen Monatslohn wert. Doch sein Geld verdient er ohnehin

 ??  ?? Das Neptungras spült das Wasser klar, deshalb leuchtet es hier so karibisch blau wie nirgendwo sonst rings um die Balearen. FOTO: GETTY
Das Neptungras spült das Wasser klar, deshalb leuchtet es hier so karibisch blau wie nirgendwo sonst rings um die Balearen. FOTO: GETTY

Newspapers in German

Newspapers from Germany