Thüringische Landeszeitung (Gera)
Thüringen ganz besonders verbunden
Erinnerungen an den Auftritt auf dem Erfurter Domplatz – Walsmann: Seine Vision von den blühenden Landschaften wurde wirklich erreicht
WEIMAR/ERFURT/GOTHA. Helmut Kohl hatte ein ganz besonders Verhältnis zu Thüringen. Hier versprach er vor Hunderttausend Menschen auf dem Erfurter Domplatz am 20. Februar 1990 „blühende Landschaften“. Und wurde dafür später hart kritisiert von jenen, die nicht verstanden hatten, dass es ein Arbeitsauftrag an alle war und kein Versprechen, dessen Erfüllung vom Himmel fallen sollte.
Helmut Kohl kannte die DDR nicht nur durch die Politikerbrille. Er hatte hier privat Urlaub gemacht. So bereiste er etwa im Sommer 1988 auch Weimar. Grund für diese Reisen war die Verbindung seiner ersten Frau Hannelore in den Osten.
Als die Mauer fiel, ergriff Kohl den Mantel der Geschichte, wie er das nannte – und setzte auf eine schnelle Wiedervereinigung. Aus der ersten freien Volkskammerwahl in der untergehenden DDR sollte die „Allianz für Deutschland“als starke Kraft hervorgehen. Auf die OstCDU allein wollte er nicht angewiesen sein. Ihre Nähe als Teil der Nationalen Front zur führenden SED war ihm bewusst. Zugleich kannte er die Kräfte in der Ost-CDU, die an Veränderung interessiert waren; zu diesen Personen zählte Christine Lieberknecht, damals Pfarrerin von Ramsla und Mitverfasserin des parteiinternen, kritischen „Briefes aus Weimar“; verfasst im Sommer 1989 und bereits kurz danach von den Ereignissen der friedlichen Revolution überholt. Lieberknecht sollte später erst Ministerin, dann zeitweilig Ministerpräsidentin von Thüringen werden.
Wo der Kanzler auftrat, da war der Andrang groß. So auch im März 1990 bei seiner Wahlkampfrede vor dem DNT in Weimar. Bei diesem Ereignis zeigte die hiesige CDU erstmals groß Flagge mit Landeswappen und dem Namen Thüringen, obwohl das Land noch gar nicht wiedergegründet war.
Eine, die Helmut Kohl ebenfalls bereits im Jahr 1990 nahe kam, war Marion Walsmann, junge Volkskammerabgeordnete vor der Wende. Sie war nach dem Zusammengehen von West- und Ost-CDU sogar im Bundesvorstand. Im Rückblick sagt sie der TLZ: „Helmut Kohl ist und bleibt der Kanzler der Einheit. Er hat die historische Zeit genutzt, in der das Fenster offen war, um die Wiedervereinigung voranzubringen. Er hat das geschafft, indem er mit den europäischen Staatsmännern gesprochen und ihnen die Angst genommen hat vor dem wiedervereinigten Deutschland.“Dazu gehörte „die Aussöhnung mit dem französischen Präsidenten François Mitterrand, der Handschlag nach Polen“. Unvergesslich sei die Rede auf dem Erfurter Domplatz. „In den Gesprächen, die ich mit Helmut Kohl hatte, war er immer daran interessiert zu erfahren: Wie sieht es im Osten aus? Kommen wir da voran?“Inzwischen sei unübersehbar: „Seine Vision von den blühenden Landschaften wurde wirklich erreicht“, sagt die Ministerin a.D.
Thüringens SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey betont: „Wir gedenken einem Staatsmann, dessen Amtszeit insbesondere von der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten und dem anfangs für die Ostdeutschen sehr komplizierten Transformationsprozess geprägt war. Sein Politikstil war in Deutschland nie unumstritten, aber seine Verdienste für ein geeintes Europa gehören zu den großen Verdiensten des Altkanzlers und sind insbesondere in der heutigen Zeit ein wichtiger Grund, dieses Engagement zu würdigen.“Das Mitgefühl gelte seinen Hinterbliebenen.