Thüringische Landeszeitung (Gera)
„Der Bedeutung bewusst“
Heike Kraußlach, Präsidentin des FF USV Jena, über Lizenz, Abstiegsnot und einen Arbeitsgerichtsprozess
JENA. Am Sonntag, 11 Uhr, gastiert der abstiegsbedrohte Frauenfußball-Bundesligist FF USV Jena beim Tabellenletzten Borussia Mönchengladbach. Über die aktuelle Lage, Zukunftsaussichten aber auch die juristische Auseinandersetzung mit dem freigestellten Trainer Christian Franz-Pohlmann sprachen wir mit der Vereinspräsidentin Professor Heike Kraußlach. Frau Professor Kraußlach, wie laufen denn die Planungen für die neue Saison? Gab es bereits Gespräche mit den Spielerinnen? Wir sind dabei, haben die Gespräche begonnen – angefangen mit denen, bei denen die Verträge auslaufen und wir werden das in den nächsten Wochen fortsetzen. Gab es schon Reaktionen? Das kann man pauschal nicht sagen, da es allesamt Einzelfallsituationen sind. Das ist ein Prozess, an dessen Ende wir sagen können, wer unter welchen Bedingungen bleibt und wer nicht. Ist mit den Spielerinnen auch über das Szenario „Abstieg“gesprochen worden und wie es dann weitergeht? Die angebotenen Verträge gelten für die Erste Bundesliga. Was passiert bei einem Abstieg – spielt man dann mit der jetzigen zweiten Mannschaft weiter? Das besprechen wir dann, wenn der Fall eintreten sollte. Gibt es Neuzugänge? Noch niemand konkretes. Es gibt Sichtungen einzelner Spielerinnen, aber keine Namen oder Vertragsabschlüsse. Die sportliche Bilanz nach dem Trainerwechsel ist deutlich schlechter als die danach – wie erklären Sie sich das? Sie machen eine Bilanz auf, die ich nicht nachvollziehen kann. Es waren 1,0 Punkte pro Spiel im Schnitt unter der Verantwortung von Christian FranzPohlmann, danach nur noch 0,4 Punkte. Diese klare sportliche Bilanz ist ja nicht wegzudiskutieren. Wahrscheinlich wäre die Bilanz noch schlechter, wenn er noch da wäre. Aktuell läuft ein Gerichtsprozess, Herr FranzPohlmann klagt, weil der FF USV seit Januar kein Gehalt mehr zahlt. Beim Gütetermin war niemand vom Vorstand anwesend. Warum? Wir haben keine Klage erhoben und es gab für uns keine gerichtliche Anordnung zum persönlichen Erscheinen. Für Herrn Franz-Pohlmann gab es die schon. Die gibt es nun auch für Sie für den Kammertermin im August. Wenn es zu diesem Termin kommt, wäre das so, ja. Können Sie den Grund nennen, warum der FF USV seit Januar kein Gehalt mehr zahlt – trotz bestehenden Vertrages? Das sind Dinge, die im Gütetermin und im weiteren Verlauf zu klären sind. Von unserer Seite gab es auch Gegenforderungen – weshalb wir das als Punkt genommen haben, um auf die Gegenforderung einzugehen. Herr FranzPohlmann beklagt, dass ihm bis heute niemand gesagt hat, weshalb er freigestellt wurde. Sie müssen es mir ja nicht sagen – aber warum haben Sie es ihm nicht erläutert oder haben Sie es ihm doch gesagt? Das wundert mich. Es ist ihm natürlich gesagt worden, aber wahrscheinlich ist es nicht angekommen. Ist das Nichtzahlen des Gehaltes eine Vereinstaktik, um Herrn FranzPohlmann zur Zustimmung zu einem Vergleich zu drängen?
Sie hat der Mannschaft des FF USV die aktuelle Lage noch einmal persönlich verdeutlicht: Vereinspräsidentin Professor Heike Kraußlach.
Bei Arbeitsgerichtsprozessen ist es immer das Ziel, sich außerhalb der Kammer zu einigen. Auch das ist unser Ziel – obwohl er die Klage erhoben hat. Jetzt schauen wir mal, wie es weitergeht. Der Verein hat sich in der Vergangenheit Geld beim belgischen Geschäftsmann Roland Duchâtelet geborgt – war das auch in diesem Frühjahr nötig, um die Liquidität zu sichern? Nein. Gibt es vom Deutschen FußballBund bereits eine Rückmeldung wegen der Lizenz für die neue Saison? Es gab einige kurze Nachfragen, was üblich ist – aber es gab noch keine Meldung über die Erteilung der Lizenz. Aufgrund unseres Antrages und der Rückfragen sehen wir aber keine Probleme. Erwarten Sie Auflagen? Aus unserer Sicht hoffe ich das nicht. Wir müssen abwarten, was der DFB uns dazu schreibt. Wurde eine Lizenz für die Zweite Liga beantragt? Ja – sowohl für die erste als auch für die zweite Mannschaft, die die Möglichkeit des Aufstiegs hat. Falls der schlimme Fall eintritt, wovon wir nicht ausgehen, und wir steigen ab, bedarf es ja dieser Lizenz. Welche Möglichkeiten hat der Verein ausgeschöpft, seine Einnahmeseite zu erhöhen – sind die Sponsoreneinnahmen gestiegen? Wir sind intensiv in die Kosten gegangen und haben geschaut, wo wir noch optimieren können. Das, was zu machen war, haben wir getan. Man kann sich aber auch nicht todsparen. Wir sind nun dabei, mit einer Werbeagentur aus Jena ein Marketingkonzept zu erarbeiten, um unser Erscheinungsbild nach außen anders darzustellen. Mit zwei Erstligamannschaften in Jena und dem FCC, dem ich für den Aufstieg in die Dritte Liga ausdrücklich die Daumen drücke, ist es in Jena und Thüringen sehr eng, weshalb wir darüber hinaus wollen. Dazu haben wir im Rahmen einer von der Hochschule betreuten Masterarbeit versucht, das Verhalten der Sponsoren zu erkunden, um gezielter auf sie zugehen zu können. Mit der Gründung eines Wirtschaftsbeirates versuchen wir, die Einnahmen zu erhöhen. Ein Sponsor ist wohl auch die SpielbetriebsGmbH des FC Carl Zeiss Jena, die Ihnen derzeit knapp 20 000 Euro Gehaltskosten für Justien Odeurs abnehmen soll. Gibt es da Gespräche über die Verlängerung des Engagements über den 30. Juni 2017 hinaus? Zunächst kann ich Ihnen dieses Sponsoring nicht bestätigen. Wir sind mit Justien Odeurs im Gespräch, weil ihr Vertrag bei uns ausläuft. Da gibt es erste Angebote, aber keine finale Entscheidung. Am Sonntag steht das wichtige Spiel beim Letzten Mönchengladbach an – haben Sie der Mannschaft persönlich die Bedeutung der Partie vermitteln können? Ich war in der vorigen Woche gemeinsam mit Vorstandskollegen bei der Mannschaft. Da ging es um Themen wie Verträge und Zukunft – und natürlich auch um die Bedeutung der nächsten Spiele. Darum wissen die Spielerinnen auch. Wir können es nur noch einmal betonen. Ich bin mir auch sicher, dass sie am Sonntag alles tun werden, um die drei Punkte zu holen. Falls es Zusatzpunkte für schönes Spielen gibt, nehmen wir die auch – aber bei drei Punkten hört es ja bekanntlich auf.