Thüringische Landeszeitung (Gera)
Im Liebegymnasium gibt es noch echte Kumpels
Seit zehn Jahren greifen so genannte „Buddys“jüngeren Schülern unter die Arme – Sie sind Lernhilfen, Streitschlichter und Pausengestalter in einem
GERA. Wenn Schüler neu ins Karl-Theodor-Liebe-Gymnasium kommen, müssen sie sich erst einmal zurechtfinden in dem großen Haus. Neu an der Schule fällt einigen Fünftklässlern auch der Lernstoff nicht so leicht. Doch dank der „Buddys“, echter Kumpel, müssen die Schüler da nicht alleine durch und können in der neuen Schule schnell Fuß fassen.
Seit zehn Jahren gibt es nämlich ältere Schüler, die sich um die Neuankömmlinge kümmern. Sie treten als Lernunterstützer, Streitschlichter und Pausengestalter auf – und knapsen dafür von ihrer eigenen Zeit etwas ab. Momentan sind 21 Mädchen und Jungen als Buddys registriert. „Anfangs hatten wir professionelle Ausbildungen, jetzt schulen wir uns untereinander in den Methodiken, die wir brauchen“, sagt Buddy-Lehrerin Petra Poser, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Christine Slotta die Schüler bei ihrem Tun unterstützt.
Ganz unkompliziert treffen ältere und neue Schüler bei den Kennenlerntagen am Anfang eines jeden Schuljahres zusammen. „Bei diesen Tagen stellen wir uns den kleinen Mitschülern vor und erklären ihnen, wobei wir ihnen helfen können“, sagt Sabina Kausler. Allein durch einheitliche orangefarbene T-Shirts seien sie in der Masse der Schüler leicht auszumachen. Dadurch falle es den Neuen leichter, sie später anzusprechen und um Hilfe zu bitten. „Natürlich geben auch Fachlehrer den Buddys Hinweise, um welchen Schüler sie sich kümmern könnten und selbst Eltern kommen auf die Schule zu mit dem Wunsch, dass ihr Kind einen Buddy zur Seite gestellt bekommt“, berichtet Poser.
Und die Nachfrage für solche Art von Lernbegleitung ist groß. Jeder der Buddys betreut ein bis zwei jüngere Schüler zum Beispiel beim Lernen. Einmal pro Woche setzen sich beide zusammen, und gehen das Gelernte für Hausaufgaben oder extra erstellten Übungen noch mal durch. „Wir schauen in den Lehrbüchern der Schüler nach geeigneten „Buddy“Laura Sell Übungen oder suchen uns im Internet welche raus“, beschreibt Fabian Lips den nicht unerheblichen Aufwand, den die Buddys nach Unterrichtsschluss betreiben. Teilweise begleiten die Buddys ihre Schüler über mehrere Schuljahre. So entstehen enge Bindungen zwischen den Liebe-Gymnasiasten.
Die Jugendlichen, die sich als Buddys zur Verfügung stellen, können vorher selbst festlegen, in welchen Fächern sie andere unterstützen wollen. „So profitieren die Jüngeren vom Können der Größeren“, findet Marie Scholehwar. Einige Buddys arbeiten auch nur als Streitschlichter und helfen Konflikte zwischen Mitschülern zu lösen. Wieder andere sind als Pausengestalter im Einsatz und versorgen die Kinder mit Fußballtoren und Bällen und passen auf, dass der Pausenhof für die kleinen Schüler reserviert bleibt. „Ab und zu kommt es sogar vor, dass einige Buddys mit ihren Schützlingen auf deren Klassenfahrt gehen“, berichten Sabina Kausler und Colin Weese-Stallmann vom Verantwortungsgefühlt und den Freundschaften, die untereinander entstehen.
Zwei- bis dreimal jährlich trifft sich das eingespielte Buddy-Team, um sich weiterzubilden und die Organisation des Teams zu besprechen. „Es geht auch darum, was gut läuft oder wo es vielleicht kleine Probleme gibt“, sagt Katharina Boße. Doch nur selten müsse man hier und da mal nachjustieren. Eigentlich nur, wenn manche Eltern mit falschen Erwartungen an die Lernbegleitung herangehen. „Wir sind keine professionellen Nachhilfelehrer. Wir wollen helfen, dass sich die Schüler im Unterricht verbessern. Doch auch wir sind nicht immer die leistungsstärksten in den Fächern. Und die Schüler müssen eben auch selbst etwas tun, um sich zu verbessern“, sind sich Laura Sell und die anderen die Buddys einig. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass auch die Buddys selbst ihr Wissen ständig auffrischen.
Den Ort des gemeinsamen Lernens legen die Schüler jeweils je nach Raumbelegungsplan fest. „Irgendein freier Raum findet sich immer, wo wir üben können“, sagt Moritz Degenkolb. Zur Not steht auch der Buddy-Raum im Erdgeschoss zur Verfügung. Das gemeinsame Lernen passiert stets so transparent wie möglich. In einem schreiben werden auch die Eltern über den Einsatz der Buddys informiert. Die jungen Schüler profitieren von dem Angebot. Viele von ihnen verbessern sich im Unterricht und brauchen die Hilfe bald nicht mehr. Manche sind so dankbar für die Hilfe, dass sie sich sogar schriftlich bei ihrem Buddy bedanken.
„In jedem Fall ist das BuddyMotto ‚Aufeinander achten. Füreinander da sein. Miteinander lernen‘ keine leere Floskel am Liebe-Gymnasium, sondern wird täglich mit Leben gefüllt“, findet Lehrerin Petra Poser.
Im Jahr 2012 war das BuddyTeam vom Trägerverein Buddy e.V. sogar als beste Gruppe des Schuljahres ausgezeichnet worden. Auch wenn die damaligen Buddys zum Teil längst die Schule mit Abitur in der Tasche verlassen haben, immer wieder rücken neue nach. Erst mit Beginn des Schuljahres haben sich aus der 7. Klasse sieben weitere Schüler als Buddys verpflichtet. Selbst Sechst- und Siebenklässler machen schon mit, weil sie selbst von ihrem Buddy so begeistert waren.