Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
„Ich bin supergenial und sehr bescheiden“
Komikerin Lisa Feller über Selbstironie, ihre peinlichsten Auftritte und ihre Scheidung
Berlin. Mit der Comedyserie „Schillerstraße“wurde Lisa Feller bekannt. Heute zählt die 48-Jährige zu den gefragtesten Komikerinnen Deutschlands, was auch durch ihren Auftritt beim ZDF-Comedysommer unterstrichen wird (Folge mit Feller am 2. August, 23.30 Uhr). Ihren Sinn für Humor und Selbstironie beweist sie auch in diesem Gespräch, etwa wenn es um ihre ersten Auftritte geht.
Sie tragen ein T-Shirt mit der Aufschrift „Love yourself“in Glitzerbuchstaben. Haben Sie das bewusst für dieses Interview ausgewählt?
Lisa Feller: Ich liebe alles, was glitzert, und das ist ein gutes Motto. Denn Frauen sind ja immer grausam zu sich.
Sind Sie selbst grausam zu sich?
Eigentlich ist es typisch für alle Menschen, dass sie da hingucken, wo es besser sein könnte. Ich kenne es eben aus Frauenperspektive. Das ist gesellschaftlich so etabliert. Wenn eine Frau sagt: „Das kann ich gut“, dann heißt es: „Wie eitel.“Dabei ist es wichtig, dass man sich seiner Stärken bewusst ist.
Was sind Ihre Stärken?
Ich bin supergenial und sehr bescheiden (lacht). Meine Schwäche ist wahrscheinlich, dass ich meine Stärken nicht so gut kenne.
Muss man sich als Comedian lieben oder sollte man eher auf seine Schwächen schauen, weil man daraus Gags entspinnen kann?
Das Wichtigste beim Comedian ist, dass man Humor hat. Ich kann gut beobachten, das ist wirklich eine Stärke. Und ich mag Menschen. Es gibt ja Leute, die diesen Beruf aus einer Abneigung heraus machen – was nicht mein Ansatz ist. Ich höre gerne zu, ich sehe oft das Schöne in kleinen Situationen. Und ich finde es ganz wichtig, dass man über sich selbst lacht.
Wann haben Sie zum letzten Mal über sich selbst gelacht?
Vor zehn Sekunden. Jetzt schon wieder (lacht).
Waren Sie immer schon so drauf?
Ich weiß es nicht. Aber meine Mutter traf mal eine alte Nachbarin, die aus unserer Gegend wegzog, als ich sechs oder sieben war, und die Frau meinte zu ihr: „Ist die Lisa immer noch so lustig?“
Sie studierten Grundschullehramt mit Schwerpunkt katholischer Theologie. Was führt einen humorvollen Menschen zu so einem Fach?
In der Pubertät trifft man sich da, wo die coolen Leute sind. Und das war eben im Keller unserer Kirchengemeinde.
So gesehen kannte ich mich da aus. Beim Einschreiben an der Uni war die Schlange für das Fach am kürzesten. Außerdem war ich für Sport zu schlecht und für Musik und Kunst zu unbegabt. Und es hieß, mit diesem Schwerpunktfach hat man gute Einstellungschancen.
Dann sattelten Sie aber auf die Unterhaltungsbranche um. Bekanntlich ist aller Anfang schwer. Auch bei Ihnen?
Keiner sagt: „Beim ersten Auftritt haben mich die Leute vor Begeisterung auf Händen durch die Stadt getragen.“Rückblickend betrachtet hatte ich Auftritte, wo ich mir denke: „Warum habe ich mich danach noch mal auf die Bühne getraut?“Aber in der Situation schätzt man das nicht so ein, sondern geht seinen Weg weiter.
Was waren besonders nervenaufreibende Auftritte?
Es gibt natürlich einige bemerkenswerte Erfahrungen. Ich erinnere mich an Galas, wo die Chefsekretärin es eine gute Idee fand, den ganzen Männern mal eine Frau vorzusetzen. Aber dann gucken alle einen so abwartend an nach dem Motto: „Wann zieht die sich endlich aus?“Einmal hatte ich ganz zu Anfang meiner Karriere einen Auftritt auf einer Karnevalsgesellschaft, und nach ein paar Minuten kam der Tontechniker, tauschte das Mikro aus und meinte: „Das ist kaputt.“Ich war am Rande des Nervenzusammenbruchs und dann habe ich alles noch mal neu erzählt. Am Schluss habe ich erfahren, dass die Leute vorne alles gehört hatten, nur die hinten im Saal nicht. Aber egal, mit dem Honorar habe ich eine Lego-Burg
für die Kinder gekauft.
Haben Ihre Kinder Ihren Humor geerbt oder wollen sie, dass Sie ein bisschen ernsthafter sind?
Ich bin ja kein Lachsack. Nur weil ich eine humorvolle Einstellung habe, heißt das nicht, dass ich immer kichernd durch die Gegend renne. Bei uns herrscht eine bestimmte Leichtigkeit. Ich lache mit meinen Kindern viel, das ist herrlich.
Aber manchmal kann das Leben einem unangenehm mitspielen. Sie haben beispielsweise eine Scheidung hinter sich. Wie gehen Sie damit um?
Es wäre bekloppt zu sagen, alles ist lustig. Ich bin aber mit einer gehörigen Portion positiver Einstellung gesegnet. Es gibt auch den Spruch von Václav Havel: „Hoffnung ist nicht, dass etwas gut ausgeht, sondern dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“Es kann oft helfen, wenn man abwartet. Denn wie oft erlebt man, dass unter dem Strich alles gut ist – wenn man natürlich von Schicksalsschlägen absieht.
Eine Wissensfrage zum Schluss – angelehnt an eines Ihrer Programme: Stimmt es, dass guter Sex teuer ist?
Ist er immer. Man bezahlt für Sex, entweder währenddessen oder danach. Aber was teuer ist, ist ja auch etwas wert. Manche Leute meinen, Sex sei überbewertet – aber das sagen nur die, die keinen haben.