Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Papier ist geduldig

- Klare Kante Elena Rauch über Teilhabe und Inklusion

Es ist nicht nur der hohe Bordstein, der enge Fahrstuhl, die fehlende Speisekart­e in BrailleSch­rift. Es gibt unzählige kleine und große Hürden, die Menschen mit Behinderun­g eine gleichbere­chtigte Teilnahme am Leben erschweren oder unmöglich machen.

Von Chancen auf dem Arbeitsmar­kt, mühseligen Behördenpa­rcours, wenn man trotz der Einschränk­ungen nach einer Krankheit an den alten Arbeitspla­tz zurück möchte, aber dafür besondere Hilfen braucht, bis hin zu mangelnden Informatio­nen in leichter Sprache. Oder die Unterschie­de, mit denen Kommunen zuweilen über das persönlich­e Budget für Alltagshil­fen wie eine Assistenz entscheide­n, die man keinem Betroffene­n schlüssig erklären kann. Es gibt unzählige Beispiele.

Zu behaupten, es fehle in Thüringen am politische­n Willen, wird dem Problem nicht gerecht. Aber Papier ist sehr geduldig, wenn Vorgaben zu weich bleiben und Prüfungen nicht vorgesehen sind. Und so manche Hürde im Alltag wird errichtet, weil der Bedarf von Betroffene­n schlichtwe­g unter dem Radar der Mehrheit bleiben.

Dass wir alle den Blick dafür stärker und in allen Bereichen schärfen müssen, ist unbestritt­en. Aber es wird nicht reichen. Guter Wille allein auch nicht.

Die Forderung von Selbstvert­retungen nach Abschaffun­g des Konjunktiv­s bei solchen Regelungen, nach klarer Verbindlic­hkeit und Kontrollme­chanismen ist folgericht­ig. Genauso wie ihre Erwartung, dass die Expertise von Menschen mit Behinderun­g in Entscheidu­ngen einfließt, die unser aller Alltag betreffen. Und zwar nicht, weil es in einem Gremium jemandem auffällt, sondern weil es die Strukturen erzwingen.

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