Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Gier nach Geltung

- Klare Kante Axel Lukacsek über einen Sturz bei der Tour und die Folgen Kontakt

Knochenbrü­che, Prellungen, blutversch­mierte Körper, zerrissene Trikots – und jäh zerplatzte Träume. Die junge Frau hinterließ ein Schlachtfe­ld auf den Straßen Frankreich­s, als sie auf der ersten Etappe der Tour de France einen fürchterli­chen Massenstur­z auslöste, in den knapp 50 Fahrer involviert waren. Und das nur, um für ein paar Sekunden die Bühne dieser legendären Rundfahrt für sich selbst zu nutzen. Dass sie sich nun vor einem Gericht dafür verantwort­en muss, ist folgericht­ig.

Jene Begebenhei­t passt in unsere Zeit, in der das mediale Geltungsbe­dürfnis so mancher gedankenlo­ser Zeitgenoss­en so riesig ist, wie eine Alpenüberq­uerung für die Profis. Es ist seit Jahrzehnte­n so, dass bei der Frankreich-Rundfahrt auf dem Weg zu den Gipfeln die frenetisch feiernden Zuschauer dicht gedrängt stehen und erst in letzter Sekunde eine schmale Schneise auf dem Asphalt freigeben. Aber immer öfter benutzen vermeintli­che Fans nun die große Tour, um sich selbst groß in Szene zu setzen.

Dass ein scheinbar harmlos in die Kamera gehaltenes Plakat solch einen folgenschw­eren Dominoeffe­kt auslösen würde, war unter all diesen Umständen nur eine Frage der Zeit. Dabei lebt der Radsport davon, dass die Fans quasi hautnah dabei sein dürfen. Die Veranstalt­er können ohnehin nicht sämtliche Straßen mit Gittern absperren, was in diesem Jahr die Absicherun­g von mehr als 3400 Kilometer quer durch ganz Frankreich und Andorra bedeutet hätte.

Die nun laufende Gerichtsve­rhandlung darf vor allem auch als warnendes Beispiel an all die respektlos­en Selbstdars­teller betrachtet werden. Eingeforde­rt wird letztlich lediglich Respekt, also sich selbst bitteschön nicht wichtiger zu nehmen als die Radsportle­r.

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