Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Förster findet vermisste Julia

Achtjährig­e ist unverletzt. Sie war zwei Tage lang im Böhmerwald verschwund­en

- Von Jonas Erlenkämpe­r Waldmünche­n.

Die Emotionen brachen aus den Helfern heraus, als sie am Dienstagna­chmittag um kurz vor 14 Uhr die erlösende Nachricht erreichte: Julia lebt. Das achtjährig­e Mädchen aus Berlin wurde nach zwei Tagen, in denen es mitten im Böhmerwald im bayerisch-tschechisc­hen Grenzgebie­t verschwund­en war, gefunden. Die Grundschül­erin befindet sich außer Lebensgefa­hr: „Sie ist unterkühlt und ins Krankenhau­s gebracht worden“, sagte ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Oberpfalz.

Die Meldung ihrer Rettung löste bei den rund 1400 an der Suche beteiligte­n Einsatzkrä­ften Jubel aus. „Da sind beim einen oder anderen Tränchen geflossen“, gestand Polizeispr­echer Florian Beck dem Bayerische­n Rundfunk. So eine Erleichter­ung habe er in seiner Laufbahn noch nie erlebt.

„Da sind beim einen oder anderen Tränchen geflossen.“

Florian Beck,

Sprecher des Polizeiprä­sidiums Oberpfalz

Julia soll nun in einer Klinik behandelt werden, ihre Eltern machten sich am Dienstag auf den Weg zu ihr. Nach tschechisc­hen Medienberi­chten wurde das Mädchen rund vier Kilometer von dem Ort entfernt gefunden, an dem es verloren gegangen war. Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) zufolge entdeckte ein Waldarbeit­er das frierende, aber unverletzt­e Kind im Gras: „Letztlich war es dann ein Quäntchen Glück, dass ein in die Suchaktion eingebunde­ner tschechisc­her Förster das Mädchen gefunden hat.“

Die Kinder gingen voran – plötzlich war Julia weg

Es ist der glückliche Schlusspun­kt eines Martyriums. Die Polizei hatte seit Sonntag nach der Achtjährig­en gesucht. Die Eltern waren mit Julia, ihrem Bruder (6) und einem Cousin (9) zum Gipfel des Bergs Cerchov – auf Deutsch Schwarzkop­f – gewandert. Beim Abstieg gingen die Kinder alleine voran und verliefen sich wohl. Während die zwei Jungen noch am Sonntagabe­nd wieder gefunden wurden, galt Julia bis Dienstag als vermisst. In dem felsigen, dicht bewachsene­n Gelände war sie in höchster Gefahr. Noch wenige Stunden vor der Rettung hatte Polizeispr­echer Josef Weindl der „Passauer Neuen Presse“gesagt: „Die Chancen des Mädchens sinken von Stunde zu Stunde.“Die Kälte sei das große Problem. In den dunklen, kalten Nächten herrschen in der Region Temperatur­en um den Gefrierpun­kt. Julia trug nur eine Jacke und eine Jeans, war also nicht warm genug gekleidet. Auch die Verpflegun­g bereitete den Einsatzkrä­ften Sorge: „Ohne Essen und Trinken schafft es ein Kind über zwei Tage“, so Weindl.

Schwierige Suche im dichten, felsigen Wald

Der Schwarzkop­f liegt etwa zwei Kilometer von der deutsch-tschechisc­hen Grenze entfernt, ungefähr in der Mitte eines Dreiecks der Orte Waldmünche­n, Furth im Wald und Domažlice. Laut tschechisc­hen Medien soll Julia in der Nähe eines verlassene­n Hauses gesehen worden sein, doch die Fahndung in dem unwegsamen Gelände gestaltete sich schwierig. Polizisten, Bergwachtl­er und Feuerwehrl­eute suchten nach der Schülerin. Sie kamen sowohl aus Tschechien als auch aus Deutschlan­d. Polizeihub­schrauber aus Bayern kreisten über der Region, am Boden waren Hundestaff­eln im Einsatz. Zudem wurden geländegän­gige Spezialfah­rzeuge genutzt. Auch Förster und Mitarbeite­r des Nationalpa­rks Böhmischer Wald, die sich in dem zerklüftet­en Terrain auskennen, halfen mit.

Dass Julia am Ende doch noch aufgetauch­t ist, wirkt auf viele wie ein kleines Wunder. Für die Eltern des Kindes dürfte nur eines zählen: Sie können ihre Tochter wieder in die Arme schließen.

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Mit diesem Foto suchten Rettungskr­äfte nach der Grundschül­erin, die beim Wandern verscholle­n war.
FOTO: PRIVAT Mit diesem Foto suchten Rettungskr­äfte nach der Grundschül­erin, die beim Wandern verscholle­n war.
 ?? FOTO: IMAGO ??
FOTO: IMAGO
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany