Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Auch am Geburtstag ist Biathlon „wichtiger als irgendwelche Feiern“
Viermal Olympiasieger, neunmal Weltmeister: Ricco Groß wird am Samstag 50
Wien. Die Party steigt – wenn überhaupt – nur im kleinen Kreis. Ausnahmsweise liegt es aber nicht an Corona, dass Ricco Groß seinen 50. Geburtstag ohne großes Tamtam verbringen wird. „Wir haben mit dem Team am Wochenende Testwettkämpfe“, sagt der Trainer von Österreichs Biathleten vor seinem Jubiläum am Samstag, „die sind wichtiger als irgendwelche Feiern“.
Groß ordnet also mal wieder alles dem Erfolg unter – so hatte er es ja schon während seiner aktiven Zeit gehandhabt. Der Ehrgeiz und die Leidenschaft zahlten sich aus: Mit vier Olympiasiegen, neun WM-Titeln und insgesamt 28 Medaillen bei
Großereignissen gehört der gebürtige Sachse zu den Legenden seines Sports. Nur den Gesamtweltcup hat Groß nie gewonnen, Platz zwei in der Saison 1997/98 war das Höchste der Gefühle.
Ob ihm der ganz große Wurf gelungen wäre, wenn er ein paar Dinge anders gemacht hätte? Wobei, so viel war seiner Meinung nach rückblickend betrachtet ja gar nicht verkehrt gewesen. „Ich hätte vielleicht ein oder zwei Schüsse mehr treffen können“, sagt Groß. Ansonsten aber ist er mit sich im Reinen.
Und das verwundert kaum, schließlich rief er meistens zur richtigen Zeit am richtigen Ort seine Top-Form ab. Bei der Heim-WM 2004 in Oberhof beispielsweise, als er zweimal Gold und einmal Silber holte. „An einem anderen Ort hätte mir wahrscheinlich auch die Vizeweltmeisterschaft genügt“, gibt der Vater dreier Söhne zu, „aber in diesem Tollhaus, mit diesen Fans, das war schon speziell“.
Dass seine Erben wegen der Corona-Krise in der bevorstehenden Saison ohne Zuschauer an den Strecken auskommen müssten, wäre für Groß kein Problem. Vor dem Fernseher seien die Fans ja „bestens versorgt“, und wenn es in dieser Saison noch nicht klappt, „dann eben in zwei oder drei Jahren“.
An der Zielsetzung für das österreichische Team wird das freilich nichts ändern. Nach Medaillengewinnen in den vergangenen beiden
Jahren hofft Groß auch bei der WM 2021 in Pokljuka auf Edelmetall, dafür treibt er seine Schützlinge am Stützpunkt von Hochfilzen oder wie an diesem Wochenende in Ruhpolding an. „Es macht hier irre Spaß“, sagt Groß über seine Aufgabe in Österreich, die noch mindestens bis zu den Olympischen Spielen 2022 andauern wird.
Übrigens: Ganz außer Acht lassen wird Groß seinen Geburtstag nicht. Wenn die ersten Rennen am Samstag absolviert und die Erkenntnisse gesammelt sind, „werden wir mal zusammensitzen, eine Kleinigkeit essen und trinken“, sagte er. Denn 50 wird man bekanntlich nur einmal, „und irgendwo ist so ein Tag ja doch würdig“.