Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Mit Härte gegen Corona-Verstöße
Polizei und Ordnungsämter kontrollieren verstärkt, ob die Regeln eingehalten werden
Berlin. Härte ist das Gebot der Stunde. Angela Merkel will „die Zügel anziehen“. Die Bundeskanzlerin meint damit, dass die Regeln in der Pandemie – Masken tragen, Abstand wahren, Quarantäne einhalten – „einfach sehr konsequent durchgesetzt werden müssen“. Wie streng gehen Polizei und Ordnungsämter gegen jene vor, die in CoronaZeiten über die Stränge schlagen?
München: eine Million an Bußgeldern
Bußgelder gegen Corona-Regeln werden von den Ordnungsämtern verhängt. Nach Recherchen unserer Redaktion werden ihre Anzahl und Höhe nicht zentral bundesweit registriert, meist auch nicht auf Landesebene. In der Hauptstadt werden sie nicht mal in jedem Bezirk erfasst. Für diese Recherche wurden fünf große Metropolen angefragt: Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt, dazu die Landeshauptstädte Hannover, Bremen, Kiel, Dresden und Stuttgart. Die überraschendste Antwort kommt aus Kiel: „Wir konnten durch wahrnehmbare Kontrollen und gute Aufklärung und Argumentation in aller Regel eine Verhaltensänderung ohne weitere Verfahren erreichen.“An der Waterkant nimmt man sich wohl ein Beispiel am liberalen Schweden.
In München hat die Bußgeldstelle wegen Zuwiderhandlungen gegen den Infektionsschutz seit dem 1. April 9522 Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen zugeleitet. 5220mal wurden Bußgeldbescheide in einer Gesamthöhe von 950.000 Euro erlassen.
In Hamburg mit etwa 400.000 Einwohnern mehr haben die Bußgeldstellen 10.434 Verfahren bearbeitet und 9929 Bußgeldbescheide erstellt. Die Höhe der Einnahmen: 890.081 Euro.
Die Verfahren ziehen sich oft hin. Die Betroffenen werden angehört. Nicht selten legen sie Einspruch ein, in Hamburg 1735-mal, und klagen. So erklärt sich, warum Frankfurt/Main Bußgelder in Höhe von 650.735 Euro verhängte, aber nicht mal ein Drittel einnahm.
„Die große Mehrheit der Menschen hält sich an die Regeln. Aber wir beobachten auch, dass sich ein Teil über die notwendigen CoronaBeschränkungen hinwegsetzt“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, unserer Redaktion. „Ordnungsbehörden und Polizei nehmen ihre Kontrollpflicht sehr ernst.“Sie verstärkten Kontrollen, verhängten
Bußgelder, „wo dies machbar und notwendig ist“.
Das Ordnungsamt Bremen hat bisher 3030 Verstöße festgestellt und 2181 Bußgeldbescheide erlassen. In Dresden waren es 1531 Anzeigen und 559 Bußgeldbescheide, in Stuttgart 4734 Verfahren und 3388 Bußgeldbescheide. Die Region Hannover hat 2049 Bußgeldbescheide erlassen, die Stadt Köln ein Viertel weniger, nämlich 1525.
Es gibt große Unterschiede. Das beginnt schon bei der Höhe der Strafen. Sachsen plant erst jetzt, zum 1. September, erstmals bei Verstößen gegen die Maskenpflicht ein Bußgeld von 60 Euro zu erheben. Wer die Abstandsregeln verletzt, musste schon bisher 150 Euro zahlen. 150 Euro sind eine Marke oder Obergrenze, die in vielen Ländern gilt, in Bayern, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein. In BadenWürttemberg drohen Maskenverweigerern bis zu 250 Euro Bußgeld und in Berlin bis zu 500 Euro.
„Das Bild ist nicht einheitlich“, analysiert der Geschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn. „Bußgeldsachen wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen beschäftigen Staatsanwaltschaften und Gerichte regional sehr unterschiedlich“, sagt er unserer Redaktion. Deutlich aufwendiger seien die vielen Strafverfahren wegen Verdachts auf Subventionsbetrug bei
Corona-Hilfen oder in Fällen von Phishing und Fake-Shops. Daneben beschäftigen die Behörden Widerstandshandlungen gegen Polizisten – und „Erpressungsversuche durch angedrohte Corona-Infektionen“, so Rebehn.
Drohendes Konfliktfeld: Quarantäne
Ein Konfliktfeld erwähnt Rebehn nicht. Dabei zeichnet es sich längst ab: Verstöße gegen QuarantäneAuflagen. Allein in den Flughäfen in NRW sind mehr als 1000 Reiserückkehrer positiv auf das neue Coronavirus getestet worden. Je mehr getestet wird, desto mehr Infizierte fallen auf und müssen sich isolieren. Wer aus Risikogebieten wie Spanien kommt, muss entweder einen negativen Test vorlegen oder in Quarantäne gehen. Diese Bestimmung „Ich komme aus einem Risikogebiet und ich muss in Quarantäne gehen“sei keine „Kann-Bestimmung“, sondern ein Muss, betont Merkel. „Wenn ich das nicht tue, können erhebliche Bußgelder ausgesprochen werden.“Merkel glaubt, „darauf achten die Menschen natürlich auch“. Auf die Wirkmacht strenger Ansagen.