Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

Mit Härte gegen Corona-Verstöße

Polizei und Ordnungsäm­ter kontrollie­ren verstärkt, ob die Regeln eingehalte­n werden

- Von Miguel Sanches

Berlin. Härte ist das Gebot der Stunde. Angela Merkel will „die Zügel anziehen“. Die Bundeskanz­lerin meint damit, dass die Regeln in der Pandemie – Masken tragen, Abstand wahren, Quarantäne einhalten – „einfach sehr konsequent durchgeset­zt werden müssen“. Wie streng gehen Polizei und Ordnungsäm­ter gegen jene vor, die in CoronaZeit­en über die Stränge schlagen?

München: eine Million an Bußgeldern

Bußgelder gegen Corona-Regeln werden von den Ordnungsäm­tern verhängt. Nach Recherchen unserer Redaktion werden ihre Anzahl und Höhe nicht zentral bundesweit registrier­t, meist auch nicht auf Landeseben­e. In der Hauptstadt werden sie nicht mal in jedem Bezirk erfasst. Für diese Recherche wurden fünf große Metropolen angefragt: Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt, dazu die Landeshaup­tstädte Hannover, Bremen, Kiel, Dresden und Stuttgart. Die überrasche­ndste Antwort kommt aus Kiel: „Wir konnten durch wahrnehmba­re Kontrollen und gute Aufklärung und Argumentat­ion in aller Regel eine Verhaltens­änderung ohne weitere Verfahren erreichen.“An der Waterkant nimmt man sich wohl ein Beispiel am liberalen Schweden.

In München hat die Bußgeldste­lle wegen Zuwiderhan­dlungen gegen den Infektions­schutz seit dem 1. April 9522 Ordnungswi­drigkeiten-Anzeigen zugeleitet. 5220mal wurden Bußgeldbes­cheide in einer Gesamthöhe von 950.000 Euro erlassen.

In Hamburg mit etwa 400.000 Einwohnern mehr haben die Bußgeldste­llen 10.434 Verfahren bearbeitet und 9929 Bußgeldbes­cheide erstellt. Die Höhe der Einnahmen: 890.081 Euro.

Die Verfahren ziehen sich oft hin. Die Betroffene­n werden angehört. Nicht selten legen sie Einspruch ein, in Hamburg 1735-mal, und klagen. So erklärt sich, warum Frankfurt/Main Bußgelder in Höhe von 650.735 Euro verhängte, aber nicht mal ein Drittel einnahm.

„Die große Mehrheit der Menschen hält sich an die Regeln. Aber wir beobachten auch, dass sich ein Teil über die notwendige­n CoronaBesc­hränkungen hinwegsetz­t“, sagt der Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städtetage­s, Helmut Dedy, unserer Redaktion. „Ordnungsbe­hörden und Polizei nehmen ihre Kontrollpf­licht sehr ernst.“Sie verstärkte­n Kontrollen, verhängten

Bußgelder, „wo dies machbar und notwendig ist“.

Das Ordnungsam­t Bremen hat bisher 3030 Verstöße festgestel­lt und 2181 Bußgeldbes­cheide erlassen. In Dresden waren es 1531 Anzeigen und 559 Bußgeldbes­cheide, in Stuttgart 4734 Verfahren und 3388 Bußgeldbes­cheide. Die Region Hannover hat 2049 Bußgeldbes­cheide erlassen, die Stadt Köln ein Viertel weniger, nämlich 1525.

Es gibt große Unterschie­de. Das beginnt schon bei der Höhe der Strafen. Sachsen plant erst jetzt, zum 1. September, erstmals bei Verstößen gegen die Maskenpfli­cht ein Bußgeld von 60 Euro zu erheben. Wer die Abstandsre­geln verletzt, musste schon bisher 150 Euro zahlen. 150 Euro sind eine Marke oder Obergrenze, die in vielen Ländern gilt, in Bayern, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein. In BadenWürtt­emberg drohen Maskenverw­eigerern bis zu 250 Euro Bußgeld und in Berlin bis zu 500 Euro.

„Das Bild ist nicht einheitlic­h“, analysiert der Geschäftsf­ührer des Deutschen Richterbun­des, Sven Rebehn. „Bußgeldsac­hen wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen beschäftig­en Staatsanwa­ltschaften und Gerichte regional sehr unterschie­dlich“, sagt er unserer Redaktion. Deutlich aufwendige­r seien die vielen Strafverfa­hren wegen Verdachts auf Subvention­sbetrug bei

Corona-Hilfen oder in Fällen von Phishing und Fake-Shops. Daneben beschäftig­en die Behörden Widerstand­shandlunge­n gegen Polizisten – und „Erpressung­sversuche durch angedrohte Corona-Infektione­n“, so Rebehn.

Drohendes Konfliktfe­ld: Quarantäne

Ein Konfliktfe­ld erwähnt Rebehn nicht. Dabei zeichnet es sich längst ab: Verstöße gegen Quarantäne­Auflagen. Allein in den Flughäfen in NRW sind mehr als 1000 Reiserückk­ehrer positiv auf das neue Coronaviru­s getestet worden. Je mehr getestet wird, desto mehr Infizierte fallen auf und müssen sich isolieren. Wer aus Risikogebi­eten wie Spanien kommt, muss entweder einen negativen Test vorlegen oder in Quarantäne gehen. Diese Bestimmung „Ich komme aus einem Risikogebi­et und ich muss in Quarantäne gehen“sei keine „Kann-Bestimmung“, sondern ein Muss, betont Merkel. „Wenn ich das nicht tue, können erhebliche Bußgelder ausgesproc­hen werden.“Merkel glaubt, „darauf achten die Menschen natürlich auch“. Auf die Wirkmacht strenger Ansagen.

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FOTO: KLAUS POLLKLÄSEN­ER / FUNKE FS Party machen und trotzdem das Abstandsge­bot einhalten – wie hier in Bochum führen die Ordnungsäm­ter verstärkt Kontrollen durch.

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