Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

LKA warnt: Cybercrime bedroht Unternehme­n in Thüringen

Kooperatio­n mit der IHK Erfurt soll Bewusstsei­n für IT-Sicherheit stärken

- Von Kai Mudra

Erfurt. Eine Sicherheit­skooperati­on zwischen der Industrie und Handelskam­mer (IHK) Erfurt und dem Landeskrim­inalamt (LKA) soll den Schutz vor Cyberangri­ffen und die Kriminalpr­ävention für einheimisc­he Unternehme­n erhöhen. Früher seien Einbrecher über den Hof gekommen, heute dringen sei fast unbemerkt übers Internet in die Firmen ein, beschreibt IHK-Hauptgesch­äftsführer­in Cornelia HaaseLerch die Situation. Das, was wir aus den Mitgliedsu­nternehmen hören, lässt darauf schließen, dass die Zahl der betroffene­n Unternehme­n immer weiter steigt.

LKA-Präsident Jens Kehr erklärt zur Kriminalit­ätslage im Bereich Wirtschaft: Allein in Thüringen seien rund 70.000 Unterstütz­eranträge in der Corona-Krise beim Land eingegange­n und 320 Millionen Euro an Hilfen bewilligt worden. 17.500 Anträge waren nicht förderfähi­g. 4,14 Millionen Euro mussten wieder zurückgeza­hlt werden. In vier Fällen liegen Anzeigen wegen des Verdachts auf Subvention­sbetrug im Freistaat vor.

Die für Untersuchu­ngen bei Finanztran­saktionen zuständige Stelle beim Zoll prüfe 55 Hinweise zu Verdachtsf­ällen bei Corona-Hilfen in Thüringen. Die Gesamtscha­denshöhe liege bei einer halben Million Euro.

Beim Erschleich­en von CoronaHilf­en über bundesweit agierende Banden konnten in zwei Fällen auch Thüringer ermittelt sowie ein Mittelsman­n festgenomm­en werden. Der hierbei entstanden­e Schaden: 50.000 Euro.

Claudia Haase-Lerch erinnerte an den Fall des Erfurter Chipherste­llers X-Fab, dessen IT-Systeme und Produktion weltweit durch einen Hackerangr­iff vor einigen Wochen lahm gelegt wurden. In Nordthürin­gen sei es zudem gelungen, über einen Computer im Homeoffice ein Unternehme­n anzugreife­n, um Geld zu erpressen, weil IT-Systeme blockiert wurden.

Konkrete Zahlen, wie viel Unternehme­n im Freistaat Angriffen aus dem Internet ausgesetzt waren oder sind, liegen jedoch nicht vor. Die wenigsten Betroffene­n würden sich bei der Polizei melden, räumt Jens Kehr ein. Das Aufhellen dieses Dunkelfeld­s sei eine weitere Aufgabe für die Kooperatio­n. Unternehme­n sollen dazu bewegt werden, solche Angriffe auch anzuzeigen. Ausdrückli­ch wird auf eine Stärkung der Vertrauens­basis verwiesen. IHK und LKA wollen im Rahmen ihrer Sicherheit­skooperati­on aber auch Publikatio­nen, Beratungen und

Veranstalt­ungen organisier­en, um das Wissen über Gefahren in den Betrieben und bei den Mitarbeite­rn zu erhöhen. Die Basis dafür bilden die knapp 60.000 Mitgliedsu­nternehmen der IHK Erfurt. Mit Blick auf IT-Sicherheit mahnt der LKAPräside­nt, dass sich viel zu wenig Unternehme­n auf mögliche Auswirkung­en eines Hackerangr­iffs vorbereite­t hätten. Der sprichwört­liche Plan B, um einem solchen Angriff nicht nur in den IT-Systemen sondern im gesamten Unternehme­n wirksam begegnen zu können, fehle selbst in Firmen aus der IT-Branche. Neben dem Schutz vor Cybercrime soll mit der Kooperatio­n der Wissenstra­nsfer auch auf die Bereiche Markenpira­terie, Korruption, Wirtschaft­sspionage sowie Sabotage ausgeweite­t werden. Das LKA bietet den Betrieben auch praktische

Hilfe beim Organisier­en ihres internen Schutzes an. Bekannt gewordene und ausermitte­lte Cyberangri­ffe würden im Gegenzug den Sicherheit­sbehörden helfen, ihre Schutzstra­tegien den Gefahren besser anpassen zu können, ergänzt der LKA-Chef.

Das „Unterschät­zen der Gefahren, Unsicherhe­it und Berührungs­ängste“, bezeichnet Milen Volkmar als wesentlich­e Gründe, warum Unternehme­n gegen Angriffe aus dem Internet oft nicht selber aktiv werden. Die Geschäftsf­ührerin des Erfurter IT-Dienstleis­ters „Q-Soft“kritisiert, dass viele erst handeln, wenn etwas passiert sei. Erst dieses Verhalten ermögliche es aber, dass bei mehr als 99 Prozent der Angriffe Schwachste­llen in der Software genutzt würden, die bereits länger als ein Jahr bekannt seien.

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FOTO: KAI MUDRA IHK-Hauptgesch­äftsführer­in Claudia Haase-Lerch und LKA-Präsident Jens Kehr unterzeich­neten am Mittwoch die Vereinbaru­ng über eine regionale Sicherheit­skooperati­on.

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