Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Zehn Klimmzüge mit 81 Jahren
Rolf Schniz turnt seit seiner Kindheit in seinem Heimatverein VfL 06. Noch heute trainiert er ehrenamtlich die Senioren
SAALFELD. „Fußball habe ich natürlich auch mal ausgetestet“, sagt Rolf Schniz. „Das hätte mehr Förderung bedeutet, denn Fußball wurde damals schon mehr beachtet“. Der Saalfelder probierte Ende der Vierzigerjahre als junger Mann beides aus und blieb beim Turnen. Es sollte eine Entscheidung fürs Leben sein.
Rolf Schniz, 81 und noch immer aktiver Turner ohne sportliche Ruhestandsambitionen, ist heute 1. Vorsitzender des VfL 06 Saalfeld, dem er seit 1948 angehört. Früher umfasste der „Verein für Leibesübungen“auch eine Fußballsparte, doch die hat sich ausgegliedert. Er leitet auch die Sektion Turnen mit etwa 20 Sportlern. Die jüngsten von ihnen liegen altersmäßig auch schon um die 50. Ein paar Federballer ergänzen den Verein.
Rolf Schniz ist der Kitt, der den VfL zusammenhält. So beschrieb es auch Vereinsmitglied Reinhard Müller, der Schniz für diese Serie vorgeschlagen hat: „Ohne ihn gäbe es uns vielleicht gar nicht mehr“.
Bereits im Alter von 14 Jahren war Schniz Übungsleiter, damals noch bei Vorwärts Saalfeld. „Zeitweise hatte ich über 200 junge Leute unter meinen Fittichen“, erinnert sich Schniz. Spartakiaden, Meisterschaften und die Turn- und Sportfeste der DDR sowie Turniere zwischen den verschiedenen Betriebssportgemeinschaften (BSG) der Kombinate waren Alltag für den Feinoptiker, der bei Zeiss in Saalfeld gelernt und 40 Jahre lang als Gruppenleiter Technologie gearbeitet hat. „Zeitweise war ich praktisch jedes Wochenende bei einem Wettkampf“, erinnert er sich. Ausgebildeter Kampfrichter ist er überdies, wurde 1985 sogar als vorbildlicher Unparteiischer ausgezeichnet. Ehrennadeln und -plaketten des DDR-Turnverbandes reihen sich in Würdigungen als Vorbildlicher Übungsleiter und Ehrenurkunden von Stadt und Kreissportbund ein. Die Turnfestübungen mit Musik auf Bezirksebene hat er sogar mit entwickelt. „Unsere Sektion Turnen der BSG im Zeiss-Werk Saalfeld war ganz schön erfolgreich“, erwähnt er nicht ohne Stolz. Besser war nur noch Wismut Gera. Und im Wendejahr 1990 war er dann auch Gründungsmitglied des Thüringer Turnverbandes.
Zu dieser Zeit verlagert sich der Schwerpunkt seines Betätigungsfeldes vom Jugendtrainer hin zu eher organisatorischer Mithilfe, wie zum Beispiel seiner Arbeit in der Seniorenkommission des Kreissportbundes Saale-Schwarza (KSB). Statt mit dem Nachwuchs trainiert er nun mit anderen Senioren. Aber was heißt mit „anderen“Senioren“. Rolf Schniz wirkt viel jünger, als er ist, wenn er über schöne Zeiten bei Zeiss, unvergessliche Turniere im geteilten und geeinten Deutschland und darüber hinaus sowie seinen nach wie vor reichlich gefüllten Terminkalender spricht.
Er bestreitet immer noch rund sechs Wettkämpfe im Jahr , an diesem Abend muss er noch zu einer Sitzung des KSB. Zweimal wöchentlich trainiert er in einer nahen Sporthalle. Und er wirkt erst recht nicht „alt“, wenn er in einen Nebenraum geht und an einer Stange über dem Türrahmen Klimmzüge vorführt. „Bis zu zehn Stück schaffe ich noch“, sagt er. Während er sie macht, wohlbemerkt.
Höhepunkte im Jahr sind für ihn die Jahnturnfeste in Freyburg und vor allem die Cottbuser Turner-Memorials, bei denen der Turnfreunde gedacht wird, die nicht mehr sind – es werden mehr mit den Jahren. „Ich bin aber auch gerne als Zuschauer live dabei“, sagt Schniz. Natürlich fährt er noch selbst hin.
Fit hält sich Rolf Schniz’ mit dem besagten Pensum, aber auch mit seinem zweiten Hobby, dem Verreisen: Nach der Wiedervereinigung sah er China, Ägypten und das restliche Afrika. Einen befreundeten Kollegen von früher, auch Feinoptiker, besuchte er acht Mal in dessen neuer Heimat Florida. Auch in die Hohe Tatra fährt er gern mal – wenn er Zeit hat.
„Mein Motto ist: Von nichts kommt nichts“