Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Staatsanwaltschaft wehrt sich gegen Weimarer Gerichtsbeschluss
Großteil der Beschuldigten des MaiÜberfalls sollten straffrei bleiben
WEIMAR. Der Überfall von Neonazis auf die DGB-Kundgebung am 1. Mai 2015 auf dem Weimarer Marktplatz zieht weiter Kreise: Gegen einen Beschluss des Weimarer Amtsgerichtes, keine Strafbefehle gegen 28 Beschuldigte zu erstellen, wehrt sich die Erfurter Staatsanwaltschaft.
Staatsanwalt Hannes Grünseisen bestätigte der TLZ, dass dagegen Beschwerde eingelegt werde. Es gebe alle Personalien der Beschuldigten, die unmittelbar nach dem Überfall auf die Kundgebung in einem Parkhaus von der Polizei aufgegriffen und festgestellt wurden. Dass diese erwachsenen Beschuldigten straffrei davonkommen sollen, dagegen wehrt sich die Staatsanwaltschaft. Über die Beschwerde werde beim Landgericht Erfurt entschieden, so Grünseisen. Wann das passiert ist bisher aber noch nicht absehbar – die Akten liegen noch nicht beim Gericht.
Denn die Staatsanwaltschaft hatte zunächst das Ergebnis des Prozesses gegen sechs angeklagte Heranwachsende abgewartet, der am Dienstag in Weimar geführt wurde. Am Ende wurde das Verfahren gegen fünf zum Tatzeitpunkt nicht 21 Jahre alte Beschuldigte gegen eine Geldauflage eingestellt. Ein sechster Angeklagter, der in der NeonaziSzene in Brandenburg bekannt und darüber hinaus vorbestraft ist, tauchte gar nicht erst in Weimar auf. Sein Verteidiger konnte über seinen Verbleib nichts sagen. Klar wurde nur, dass aktuell vor dem Amtsgericht Zossen ein Verfahren gegen den Mann anhängig ist.
Mit der Entscheidung, dass Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen hat Jugendrichter Götz am Dienstag deutlich gemacht, dass es sehr wohl möglich scheint, mit dem vorhandenen Daten und den gesicherten Beweisen einen Nachweis über eine Beteiligung an dem Überfall auf die DGB-Kundgebung zu führen, was für die Erfurter Staatsanwaltschaft nun Anlass ist, auch gegen die 28 Erwachsenen Beschuldigten weiter vorzugehen.
Der Überfall auf die Kundgebung sorgte vor zwei Jahren in ganz Deutschland für Schlagzeilen, weil er durch polizeiliche Kräfte nicht verhindert werden konnte. Die Einsatzkräfte waren schlicht überrascht worden von der offenbar geplanten Aktion der Rechtsextremisten. Dass es sich nicht um einen Spontanüberfall handelte legt die Aussage des Nebenklägers vom Verfahren am Dienstag nahe. Er hatte von einem „präzisen Vorgehen“der Angreifer gesprochen, die gezielt Richtung Bühne gestürmt seien.