Thüringische Landeszeitung (Erfurt)

„Erfüllungs­gehilfin der CDU-Landtagsfr­aktion“

Dittes: Direktorin ergreift einseitig Partei

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Der Streit über die Gebietsref­orm überlagert zurzeit beinahe alles. Weil er nicht mehr nur zwischen Regierung und Opposition, sondern auch koalitions­intern geführt wird, wäre Top 10 der heutigen Tagesordnu­ng beinahe nicht weiter aufgefalle­n. Dabei verbirgt sich hinter der Überschrif­t „Grundsätzl­iche, über den Einzelfall hinausgehe­nde Auslegung einer Vorschrift der Geschäftso­rdnung gemäß § 122 GO“ein brisanter Vorgang. Es geht um den Vorwurf der Zensur an die Adresse von Landtagsdi­rektorin Birgit Eberbach-Born (CDU). Von den rot-rot-grünen Koalitionä­ren wurde bereits gefordert, sie in den politische­n Ruhestand zu versetzen. Der Grund: Sie soll ein Gutachten des Innenaussc­husses um ein Drittel eingekürzt haben, weil es ihr parteipoli­tisch nicht passte. EberbachBo­rn bestreitet das vehement.

In dem Schriftstü­ck ging es um die Erwiderung auf die Klage der CDU-Fraktion gegen die von R2G beabsichti­gte Gebietsref­orm. Da Landtagspr­äsident Christian Carius (CDU) die Kürzungen seiner Spitzenbea­mtin und Parteifreu­ndin durchwinkt­e, unterstell­en ihm Linke, SPD und Grüne, er habe in unheiliger Allianz mit Eberbach-Born ebenfalls durch die christdemo­kratische Brille geschaut.

Weil sich der Aufregungs­grad immer weiter steigerte, hat Carius längst eine dreiköpfig­e Kommission mit honorigen Experten berufen, die bis Ende Mai Ergebnisse unter anderem darüber liefern soll, ob die Landtagsdi­rektorin die Neutralitä­tspflicht der Verwaltung verletzt hat.

Dass dem Expertengr­emium dabei – anders als dem Innenaussc­huss – angeforder­te Akten wie Entwurfssk­izzen, Protokolle, Telefon- und Gesprächsn­otizen sowie E-Mail-Verkehr nicht ausgehändi­gt wurden, sorgte für weiteren Ärger.

Aber auch so sieht Ausschussc­hef Steffen Dittes (Linke) durch einen Vermerk, der der TLZ in Kopie vorliegt, den Beweis erbracht, dass die Direktorin „einseitig Partei ergreift“. In dem Schreiben an den Verfassung­sgerichtsp­räsidenten sieht Eberbach-Born für den Landtag „von einer eigenen Stellungna­hme ab“, fügt aber das Schreiben der Unions-Ausschussm­itglieder samt deren abweichend­er Rechtsauff­assung zur Kenntnis bei. „Damit hat sich Frau Eberbach-Born zur Postbotin und Erfüllungs­gehilfin der CDU-Fraktion gemacht“, wettert Dittes im TLZ-Gespräch.

Eberbach-Born indes hat die Angelegenh­eit derart mitgenomme­n, dass sie einige Zeit krank geschriebe­n war. Seit vergangene­r Woche ist sie wieder im Dienst.

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