Thüringische Landeszeitung (Erfurt)
Nordthüringer Landratte ist verrückt nach Meer
Anna Möllhausen aus Bleicherode erkundet an Bord von Kreuzfahrtschiffen die Welt
BLEICHERODE. Arbeiten, wo andere Traumurlaub machen – das ist für Anna Möllhausen aus Bleicherode alltägliche Wirklichkeit, Traumberuf und harter Job zugleich. Denn die junge Nordthüringerin hat sich für ein Leben auf See an Bord eines Kreuzfahrtschiffes entschieden. Seit Ende 2015 ist sie als Reiseleiterin eines Bonner Reiseveranstalters und Kreuzfahrtunternehmens weltweit unterwegs.
So konnten Kreuzfahrer einer Leserreisegruppe der Mediengruppe Thüringen die studierte Tourismusexpertin jüngst an Bord des vielen Fernsehzuschauern bekannten Kreuzfahrtschiffes MS Artania zwischen Asien und Arabien im Einsatz erleben. „Verrückt nach Meer“– das ist nicht nur der Titel der bekannten ARD-Kreuzfahrt-Doku-Serie mit Kapitän Morten Hansen und seiner Crew, das ist auch die Motivation für Anna Möllhausen. Denn ihre berufliche Karriere auf See begann gleich mit einer viereinhalb Monate dauernden Weltreise mit der MS Artania.
Anna Möllhausen hat ihre Kindheit und Jugend in Bleicherode (Landkreis Nordhausen) verbracht, dort das Gymnasium besucht und ihr Abi gemacht und ist, wie sie erzählt, der Harzregion „treu geblieben“, bis sie 22 Jahre jung war. Denn nach dem Abi absolvierte sie an der Hochschule Harz in Wernigerode erfolgreich ein internationales Tourismusstudium, zu dem auch längere Auslandsaufenthalte in Dänemark und Portugal gehörten.
Doch ihre Liebe zur See, die Faszination für das Reisen an Bord, die entdeckte die Nordthüringerin schon, als sie gerade aufs Gymnasium gewechselt war und ihre Familie im Urlaub die erste Kreuzfahrt machten – sieben Tage lang von Venedig aus durchs Mittelmeer. „Das fand ich total toll“, erinnert sie sich gerne.
Noch während ihrer Studienzeit entschied sie sich, von Bleicherode nach Hamburg zu ziehen, weil dort viele Reiseveranstalter, Reedereien und Kreuzfahrtunternehmen angesiedelt sind. Erste berufliche Erfahrungen konnte Anna Möllhausen dann bei einer namhaften Hafen-Agentur machen, etwa bei der Abfertigung von Kreuzfahrtschiffen, bei der Gästebetreuung und im Reiseverkehrsmanagement. Aber das war nicht das, was sie eigentlich wollte: „Das alles fand ich sehr interessant, aber es war nur ein Kratzen an der Oberfläche – immer nur landseitig. Interessant, auch begeisternd, aber man hat dort immer nur hinterher geguckt. Das war mir nicht genug.“
Denn Anna Möllhausen ist verrückt nach Meer. Die Landratte aus dem Südharz möchte in die weite Welt hinaus. Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Reedereien und Schiffsbesatzungen erfuhr sie, dass es hinsichtlich der Arbeitsbedingungen bei Jobs auf See erhebliche Unterschiede zwischen den internationalen Unternehmen gibt. Sie bewarb sich bei verschiedenen Reedereien, konnte bei der ersten sofort anfangen, bei der anderen erst vier Monate später. Nach drei Monaten erster Kreuzfahrterfahrungen wechselte sie zu ihrer „Wunschreederei“, dem Bonner Reiseveranstalter Phoenix Reisen.
Fünf Kontinente in 140 Tagen
Dort begann sie gleich mit einer Traumroute. Fünf Kontinente, 35 Länder, 68 Häfen – kurz vor Weihnachten startete das 140 Tage dauernde Abenteuer auf See im italienischen Genua, wo die Weltreise dann auch nach viereinhalb Monaten endete. Im Sommer 2016 wechselt Anna Möllhausen auf die MS Albatros, beliebtes, weil fernseh-bekanntes Kreuzfahrtschiff aus der Phoenix-Flotte, und ist bei verschiedenen Nordlandfahrten und einer großen Ostseereise dabei. Und wie sieht das Leben an Bord für die Nordthüringerin aus? Anna Möllhausen: „Man arbeitet sieben Tage pro Woche, teilweise zehn bis zwölf Stunden am Tag. Aber du hast sozusagen deine Familie an Bord – die Leute, mit denen du zusammenarbeitest, mit denen du zusammen an Bord lebst. Denn mit denen verbringst du auch deine Freizeit. Es ist eine richtige Familie und sehr schön. Wir reisen gemeinsam um die Welt. Wir genießen die paar freien Stunden, die wir haben, die Erlebnisse, auch wenn man dann nur mal für wenige Stunden baden geht. Wenn man das weiß und sich darauf eingestellt hat, dann ist es auch okay, wenn man seine eigene Familie für ein paar Monate nicht sehen kann.“
Auf den Schiffen arbeitet Anna Möllhausen im Bordreisebüro, organisiert und betreut Landausflüge, berät und kümmert sich um Reisewünsche der Passagiere und erforderliche Heimreiseformalitäten. Es ist eigentlich ein Job rund um die Uhr, bei dem die Mitarbeiter im PhoenixTeam stressresistent sein, Organisationstalent haben und sich auf die Mentalität der zumeist schon älteren Passagiere einstellen müssen.
Zeit für Heimweh ist da nicht. Verbindung zur Familie daheim in Thüringen oder Freunden gibt es via Internet von Bord aus oder in den Hafenterminals rund um die Welt, wo man über Wi-Fi und Wlan-Netze schnell mal kommunizieren und skypen kann. Und wenn Anna Möllhausen dann so etwa alle drei Monate mal wieder nach Hause kommt mit ein paar kleinen Mitbringseln für Angehörige und Freunde, dann hat sie viel zu erzählen aus der weiten Welt. Und staunt, wie ihre Patenkinder schon wieder gewachsen sind. Sie ist und bleibt verrückt nach Meer, freut sich auf schöne Routen und neue Herausforderungen.
Ein Zurück nach Bleicherode oder Thüringen, das kann sich Anna Möllhausen nicht wirklich vorstellen.